Starker Kontrast zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung
Gut am Arbeitgeber finde ich
Gratis Obst
Geburtstagsfeiern für alle Mitarbeiter (außer geringfügig Beschäftigte)
Möglichkeit, auch strafrechtliche Causen zu bearbeiten
Sehr gutes Betriebsklima unter den KollegInnen
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Völlig fehlende Selbstreflexion, daher auch eine große Divergenz zwischen Selbstwahrnehmung (moderne internationale Kanzlei mit höchstem juristischem Anspruch) und Fremdwahrnehmung (EDV unmodern, Qualität oft nur durchschnittlich). Keine Bereitschaft, wirklich zuzuhören und wirklich etwas zu verändern. Eine latente Geringschätzung für die Arbeit der Konzipienten, die sich ua darin äußert, dass Arbeit nicht nach Leistung, Qualität oder Vereinbarung verteilt wird, Konzipienten in Mehrpersonenbüros gesetzt werden und Gehälter nicht pünktlich bezahlt werden. Ziemlich unangenehm wird es ab der Kündigung, die als Affront angesehen wird.
Verbesserungsvorschläge
Siehe „Schlecht am Arbeitgeber“.
Arbeitsatmosphäre
Unter den Kollegen ist die Atmosphäre sehr gut. Zu mir persönlich waren die Vorgesetzen überwiegend in Ordnung, was aber auch daran lag, dass man mit mir außergewöhnlich zufrieden war (dafür nahm man mir die Kündigung sehr übel). Ansonsten geht es teilweise respektlos und wenig wertschätzend zu. Es wird üblicherweise so wenig gelobt, dass es Mitarbeiter schon als Kompliment empfinden, nicht gekündigt worden zu sein. Fluktuation unter den jungen Juristen (Konzipienten) relativ hoch.
Kommunikation
Eine der massiven Schwachstellen der Kanzlei. Die Kommunikation passt auf kaum einer Ebene. Besonders störend ist, dass man oft nicht einmal darüber informiert wird, wie es in einem Akt weiter geht, dass sich ein Mandant gemeldet hat, dass es Planänderungen gibt (etwa doch kein Schriftsatz zu verfassen ist), usw. Aber auch sonst ist die Kommunikation sehr mangelhaft. Es wird einem etwa erst am Vorabend mitgeteilt, dass ab dem Folgetag ein neuer Mitarbeiter anfängt. Dass man nach der eigenen Meinung gefragt wird, kommt nicht einmal dann vor, wenn man von der Entscheidung ganz konkret nachteilig betroffen ist. Kritik und Verbesserungsvorschläge sind definitiv unerwünscht; wer sein Gehalt pünktlich überwiesen bekommen möchte oder einen übertragenen Akt weiter/fertig bearbeiten möchte, gilt als „anspruchsvoll“. Es kann eine Gehaltserhöhung auch befürwortet werden, nur um sie später mit Ausreden doch nicht zu gewähren.
Kollegenzusammenhalt
Der Zusammenhalt unter den ArbeitnehmerInnen, egal ob administrativ, studentisch oder juristisch, ist wirklich sehr gut.
Work-Life-Balance
Sehr positiv ist, dass man sich die Arbeitszeit recht selbständig einteilen kann. Wenn man erst um 11 Uhr kommt, ist es auch in Ordnung. Home Office ist dafür selbst für selbständige AnwältInnen nicht gerne gesehen, obwohl die technischen Möglichkeiten bestehen. Vorgesetzte sehen es außerdem als selbstverständlich an, dass man deutlich länger bleibt oder am Wochenende arbeitet - mich hat das allerdings nicht gestört, zumal es nicht häufig vorkam.
Vorgesetztenverhalten
Entscheidungen, die Mitarbeiter konkret betreffen, werden über deren Kopf hinweg ohne jegliche Rücksprache getroffen. Vereinbarungen (etwa auch zu einer Gehaltserhöhung) werden mit Ausreden nicht eingehalten. Aktenrochaden erfolgen gegen den Wunsch der Mitarbeiter und sind auch inhaltlich nicht nachvollziehbar.
Das Verhalten ist auch von einer ausgeprägten Widersprüchlichkeit geprägt. Einerseits wird StudentInnen mit durchaus guten Studiennoten prophezeit, sie würden mit ihren vermeintlich schlechten Noten keine Stelle mehr in einer Wiener Kanzlei finden, andererseits beschäftigt die Kanzlei selbst fast ausnahmslos Mitarbeiter mit durchschnittlichen bis teilweise sogar schlechten Studienleistungen. Hat man als Konzipient selbst sehr gute Studien- und Arbeitsleistungen vorzuweisen, wird das wiederum dennoch nicht mehr als verbal honoriert (wobei verbales Lob schon als seltene Auszeichnung gilt).
Der Ton ist vor allem gegenüber den administrativen Mitarbeitern phasenweise sehr unhöflich.
Das Verhalten ist nach der Arbeitnehmerkündigung, die als persönliche Beleidigung betrachtet wird, als infantil und für den Arbeitnehmer nachteilig zu bezeichnen, Stichwort: „nahegelegte“ einvern
Interessante Aufgaben
Für eine Wirtschaftskanzlei müssen Konzipienten sehr viel Administratives übernehmen, also Arbeiten, die normalerweise von Assistentinnen übernommen werden. Schriftsätze müssen selbst eingebracht werden, Grundbuch- und Firmenbuchanträge, elektronische Akteneinsichten usw werden auch von den Juristen erledigt.
Die Kanzlei verkauft sich als sehr international. Das mag für die Arbeit der Vorgesetzten auch stimmen; Konzipienten arbeiten aber nicht regelmäßig in einer anderen Sprache als Deutsch.
Es gibt aber immer wieder auch spannende Projekte.
Gleichberechtigung
Frauen werden meinem Eindruck zufolge von manchen Vorgesetzten eine Spur härter angefasst. Zumindest waren sämtliche verbale Respektlosigkeiten an weibliche Mitarbeiter adressiert oder umgekehrt: die Beißhemmung dürfte gegenüber Männern größer sein. Es werden aber Frauen genauso eingestellt wie Männer.
Umgang mit älteren Kollegen
Älteren Mitarbeitern wird kein spezieller Respekt entgegengebracht. Es werden aber auch ältere Mitarbeiter eingestellt.
Arbeitsbedingungen
In Phasen, in denen die Kanzlei mehrere Konzipienten beschäftigt, gilt es als normal, bis zu vier Konzipienten in ein Zimmer zu setzen. Branchenüblich ist ein Einzelzimmer, allenfalls noch ein Zweierzimmer. Die Arbeit bleibt so natürlich hinter dem qualitativ Möglichen zurück – das interessiert aber niemanden. Die Einzelzimmer werden offenbar nach Dauer der Dienstzugehörigkeit vergeben, nicht nach intellektueller Intensität der Arbeit.
Ein weiterer Problembereich ist die EDV. Verbesserungen erfolgen nur widerwillig, schleppend und wenn es nicht mehr vermeidbar ist.
Das Gehalt der Juristen wird regelmäßig zu spät bezahlt. Diesbezüglich besteht keinerlei Unrechtsbewusstsein. Im Gegenteil, die Erwartung, pünktlich bezahlt zu werden, gilt als anspruchsvoll.
Gehalt/Sozialleistungen
Höhe des Gehalts ist in Ordnung, auch wenn man gerade am Anfang aufpassen sollte, dass man richtig eingestuft wird (es gibt ein eigenes Gehaltsschema). Man muss aber damit rechnen, dass man als Konzipient (dh als „Höherverdiener“) nicht pünktlich bezahlt wird. Kleine Gehälter werden rascher bezahlt. Der Prüfungsurlaub ist großzügig.
Image
Die Kanzlei hält sich für sehr renommiert und für juristisch exzellent/intellektuell elitär. Für Letzteres wird aber zu ungenau und oberflächlich gearbeitet (Recherche und Sprache) und nicht darauf geachtet, wer welche Arbeiten übernehmen kann und sollte. Auch die regelmäßigen Aktenrochaden schaden Effizienz und Qualität. Es wird auch mit der Internationalität der Kanzlei geworben, die nicht so ausgeprägt ist, wie man es erwarten würde.