Was mit Medien
Gut am Arbeitgeber finde ich
unschätzbar wertvolle Praxiserfahrung
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Gehaltspolitik, Arbeitsabläufe, gnadenlos veraltete Technik, keine innerbetriebliche Perspektive für niemanden, eine Stimmung wie kurz vor dem Konkurs
Verbesserungsvorschläge
Investieren in professionelle Journalisten
Arbeitsatmosphäre
Die Atmosphäre in der Redaktion war, wie gesagt, gezeichnet von Galgenhumor, gepaart mit viel gefährlichem Halbwissen über journalistisches Arbeiten.
Auffällig auch, dass, wenn bestimmte Kollegen anwesend waren, man deutlich ungerner zur Arbeit ging.
Kommunikation
Kommunikation war oft mangelhaft und einseitig - kein Dialog.
Ein Wesentliches bei Regionalnachrichten ist ja die Kenntnis von der Region. Wer die nicht hat, bekam sie nach und nach durch die Arbeit dort. Aber nur ungenügend von den Kollegen, da diese i. d. R. mit ihren eigenen Aufgaben vollauf beschäftigt waren.
Kollegenzusammenhalt
Der Kollegenzusammenhalt zeichnete sich durch gnadenlosen Galgenhumor aus - "wir sitzen alle im selben Boot, und das sinkt". Ebenso wurde gnadenlos gelästert - lustig vielleicht, wenn man selbst mit im Raum war, aber wer weiß, was passierte, wenn man den Raum verließ. Aber man hatte nicht viel mehr. Diskussionen über professionelle Themen? Ein kleiner Anteil nur.
Work-Life-Balance
Für Redaktionspraktikanten wurden die Tage selten überlang - allein deswegen, weil etwaige Abendtermine von den Festangestellten abgedeckt wurden. Diese allerdings gingen teilweise ganz schön auf dem Zahnfleisch daher.
Überstunden wurden erfasst, aber nicht auf Vertrauensbasis, sondern gegen Unterschrift des Vorgesetzten, was angesichts schlechter vergangener Erfahrungen sicherlich konsequent war.
Allerdings gestaltete sich der Abbau der Überstunden für diese Menschen als schwierig aus dreierlei Hinsicht: a) Weil die Belegschaft zu klein war, als dass man ohne genaue Absprache mal auf jemanden hätte verzichten können - Wunschtermine zum Freinehmen mussten u. U. hart erkämpft werden - nichts ohne Diskussion. b) Hatten diejenigen, die frei hatten, tlw. trotzdem "Bereitschaft", falls der arbeitende Kollege ausfallen oder spontan über etwas berichtet werden sollte. Und c) war die Urlaubsabstimmung und -Planung immer noch so schlecht, dass grundsätzlich derjenige, der nicht da war, ein kleiner "Verräter" war, weil er die Redaktion "ausgerechent jetzt" im Stich ließ.
Vorgesetztenverhalten
Zu meiner Zeit war das Vorgesetztenverhalten bestenfalls befriedigend. Die Entscheidungsträger in der Redaktion waren sich nicht immer grün, weswegen sie sich entweder aus dem Weg gegangen sind oder Konflikte ungelöst ließen. Die Praktikanten und Azubis schauten sich das stets kopfschüttelnd mit an.
Allgemein herrschte gnadenlose Selbstüberschätzung, die sich zu oft im täglichen Endprodukt niederschlug. Ein Problem ist sicherlich miserables Zeitmanagement - die Redakteure wurden zwar bis Redaktionsschluss mit den Beiträgen fertig, durften sie dann aber nicht selbst abnehmen bzw. eigenhändig verbessern. Stattdessen wurden sie oft ohne Rücksprache verschlimmbessert.
Die Geschäftsleitung selbst ließ sich nie sehen und gab der Redaktion dadurch auch nicht das Gefühl, behütet, gehört oder im einzelnen geschätzt zu werden.
Interessante Aufgaben
Die Aufgaben sind zweifelsfrei spannend - Regionales Geschehen birgt ungeahnte Möglichkeiten, sich journalistisch zu erproben. Außer vielleicht in der Sommerzeit, der "Saure-Gurken-Zeit", wenn händeringend nach Themen gesucht wird. In Ermangelung an solcher schreckt der Sender dann aber auch nicht davor zurück, die zahllosen "Klassiker" vergangener Jahre wieder einmal zu bringen, um die halbstündige Sendezeit nach den Nachrichten zu füllen.
Arbeitsbedingungen
Die Technik war zu meiner Zeit ganz allgemein hoffnungslos veraltet. Man musste mit Frustration umgehen können, da Computer extrem langsam, Aufnahme- und Wiedergabetechnik veraltet, Stühle unbequem bis haltungsschädigend waren und überhaupt alles nur semiprofessionell war - als hätte eine Schülerzeitung beschlossen, jetzt auch noch Film zu machen, sich dann einige Kameras gekauft und dann behauptet, ein Fernsehsender zu sein.
Gehalt/Sozialleistungen
Praktikanten erhielten 250 Euro, aber auch nur, wenn sie sich gleich für sechs Monate verpflichteten. Alles darunter war für Umme.
Angesichts der Arbeit, die dort zu meiner Zeit gerade auch von Praktikanten und Azubis geleistet wurde, um den Laden am Laufen zu halten, alles in allem eine Frechheit.
Image
Das Image des Senders an sich ging einigermaßen, nach meinem Dafürhalten. Bewohner des Sendegebiets sowie Personen des öffentlichen Lebens (Unternehmer, Politiker) hatten für den Sender immer ein offenes Ohr und freuten sich, wenn er berichtete.
Karriere/Weiterbildung
Karriere: Fehlanzeige. Wer dort übernommen wurde (werden wollte), konnte sich auf ein minimales Gehalt einstellen, das gerade so zum Leben reichte. Oder schlechter, denn, wie auch schon in einem anderen (verdächtig positiven) Beitrag geschrieben wurde, musste praktisch um jeden Cent gefeilscht werden. Wer darauf keine Lust hatte, bekam trotz gleicher Arbeit u. U. ein schlechteres Gehalt. Das sollte nun wirklich nicht nötig sein.
In Sachen Ausbildung konnte dieser Betrieb nur durch EINEN Faktor wirklich brillieren: Er ist eine Spielwiese, in der man sich während seiner Ausbildungs- oder Volontariatszeit nach Herzenslust (im Rahmen der Möglichkeiten) ausprobieren konnte. Das lag v. A. daran, dass nach wenigen Tagen die "Ausbilder" das Wesentliche ihres begrenzten Wissens weitergegeben hatten und man fortan weitgehend auf sich allein gestellt war. Wer also eine Spielwiese sucht, auf der er sein durch Selbststudium erworbenes und erweitertes Wissen erproben möchte, um so viele gute Beiträge als möglich zu erstellen, die dann möglicherweise der Türöffner für bessere Arbeitgeber werden könnten, ist hier richtig.