medico: Man kann es so machen. Ist dann halt *******.
Gut am Arbeitgeber finde ich
…die spannenden Tätigkeiten.
…,dass es eine Organisation ist in der auch Menschen arbeiten die wirklich die Lebenssituationen anderer Menschen verbessern wollen und dabei eine vorhandene politische Nische gefunden haben.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
…, dass erst ein Gang vor das Arbeitsgericht notwendig war, um zumindest eine vollständige Tätigkeitswiedergabe im Arbeitszeugnis zu erhalten.
Ich finde es auch schlecht, dass weniger gefestigte Projektleiter bei medico international e.V. lernen, dass sich Haltung, Mut, Leistung und ergebnisorientiertes Arbeiten nicht lohnen, doch stattdessen micropolitisches Taktieren – das ist zwar verbreitet, von einer NGO mit dem Profil von medico international e.V. sollte mehr erwartet werden können.
Es wäre zu wünschen, dass die selbst auferlegten Ziele nicht vorwiegend eine Stärke der PR-Abteilung bleiben.
Verbesserungsvorschläge
Die selbst gewählte Mission psychosozialer Arbeit auch gegenüber den eigenen Mitarbeitenden mit befristeten Arbeitsverhältnissen durch Handlungen leben statt sie allein durch Wörter zu proklamieren.
Etwas weniger veralteten Politdogmatismus.
Bewährte Management- und IT-Tools verwenden, die notwendig sind, um eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Büros zu gewährleisten. Das Fehlen einer zentralen Archivierung fördert die bestehenden Zaunkriege um Informationshoheit und erzeugt ineffektive Mehrarbeit für alle Standorte.
Leistungen der Mitarbeitenden ganzheitlicher, sachlicher und nüchterner bewerten – auf jeden Fall nicht emotional, irrational und unterschlagend.
Neid zwischen den Kollegen abbauen.
Eine Funktionierende Finanzabteilung, mit Zeit um steuerrelevante Frage zu beantworten und Mietverträge zu prüfen.
Arbeitsatmosphäre
In meinem Team hatte ich Bestands- und Projektmitarbeiter.
Die Projektmitarbeiter vor Ort und die saharuischen Lokals waren sehr bemüht und wollten arbeiten, lernen und die vorgefundenen Defizite verbessern. Ich war sechs Monate vor Ort, und es gelang uns echtes Teamdenken zu entwickeln, dass dann entsteht, wenn Vertrauen vorhanden ist, weil jeder weiss, dass er auf den anderen zählen kann. Wir waren ein großartiges Team!
Die Bestandmitarbeiter empfand ich teilweise als unprofessionell, bequem und auf ihre individuellen Vorteile bedacht, was meiner Meinung nach regelmäßig zu Interessenkonflikten mit den Zielen des Projektes führte. Häufig fand Zuarbeit verspätet statt, es wurden Emails ignoriert und es gab einen ausgeprägten Hang zu langen und ziellose Diskussionen welche ich regelmäßig abbrechen musste. Dies und weitere Vorkommnisse erschwerten die eh schon anspruchsvolle Arbeit vor Ort erheblich.
O-Ton meiner Vorgängerin: „… mir wurde nach eigenen Angaben die Team-Leitung verwehrt und alle Entscheidungen mussten in Frankfurt getroffen werden. Nur die Schuld für Missstände und Fehler wollten sie niemals mittragen.“
Kommunikation
Ich war bei medico international e.V. als Projektleiter, eines EU (ECHO) geförderten Projektes, in einem hochrisikogebiet der algerischen Sahara, für die Dauer eines Jahres angestellt.
Die Kommunikation war vordergründig respektvoll und fand unter den Mitarbeitenden in einem kultivierten Tonfall statt. Die disziplinarischen Vorgesetzten der NGO kommunizierten größtenteils in einem autoritären Stil. Die Meinung der Mitarbeiter vor Ort interessierte sie nur selten.
Gerne schreibt sich medico international e.V. psychosoziale Arbeit auf die Fahne und kritisiert das Establishment, aber nach der Zusammenarbeit 2016/17 benötigte ich psychologische Begleitung, weil (von) mir erbrachte (Mehr-)Leistungen, dazugehörende Ergebnisse und 200% Auslastung während mehrerer Monate, in einem extremen Arbeitsumfeld völlig Aberkannt wurden. Es war der Gang vor das Arbeitsgericht und meine Beharrlichkeit welche mir zu einer vollständigen Tätigkeitsauflistung wahrgenommener Aufgaben verhalfen.
Kollegenzusammenhalt
Vor Ort und unter den Projektmitarbeitern sensationell.
Unter den Bestandsmitarbeitern nicht vorhanden und ausgeprägtes intrigenhaftes Verhalten.
Besonders bitter: Ich bin kein Einzelfall. Auch für meine Vorgängerin war medico international e.V. „die größte Enttäuschung meines Arbeitslebens“ und seit unseren Abgängen hat die NGO nichts gelernt und nichts verändert.
Wir beide verließen die NGO mit tief sitzendem Frust und Wut im Magen und benötigten mehrere Monate um wieder auf die Beine zu kommen.
Work-Life-Balance
In meinem Fall nicht vorhanden. Neben den als selbstverständlich erachteten Überstunden für die es keine Entschädigung weder durch Abbau noch finanzieller Art gab, hatte ich während drei der sechs Monate ein 200% Arbeitspensum, weil ich die Tätigkeiten des zugesagten aber aufgrund eines Burnout kurz nach meiner Ankunft entfallenen Assistenten vor Ort kompensieren musste. Ich war im Compound/Wohnort regelmäßig von 08:00Uhr bis weit über 22:00Uhr beschäftigt. Ebenso an den Wochenenden.
Dementsprechend gab es keine Work-Life-Balance.
Vorgesetztenverhalten
Konferenzen vor Ort, in denen es üblich ist dass die NGO-Leitung teilnimmt nahm ich alleine wahr - nicht aufgrund von Vertrauen, sondern aus Unlust der Vorgesetzten sich kritischen und berechtigten Fragen seitens Geldgeber und Mittelempfänger zu stellen.
Ebenso wurde die Zusammenarbeit mit anderen NGOs untersagt, hauptsächlich aus der Befürchtung heraus eine andere NGO wolle einem das Projekt entreißen.
Auf meine Berichte an die Vorgesetzte über identifizierte Probleme und deren mögliche Lösungen reagierte Sie mit einer Versetzungsorder, anstatt an deren Lösung mitzuarbeiten.
Anschließend erfolgte der Versuch einer Demontage: Im erhaltenem Arbeitszeugnis wurden vertraglich vorgesehene und nachweislich erbrachte Leistungen meinerseits teilweise vollständig dementiert, runterrelativiert und durchgehend schlecht bewertet.
Erst ein Gang vor dem Arbeitsgericht führte zumindest zu einer vollständigen Tätigkeitsbeschreibung im Zeugnis.
Das Verhalten der Vorgesetzten empfinde ich daher als Intransparent, launisch, parteiisch und unnachgiebig.
Interessante Aufgaben
Ich empfand die Aufgaben als anspruchsvoll und sehr interessant: Von Meetings auf Minister, Diplomaten und CEO Level bis hin zur Field Arbeit mit Analphabeten. Von monotoner Fleißarbeit hin zu geistreicher Konzeptionsarbeit. Das Umfeld vor Ort war größtenteils herzlich und die Community mit den anderen Expatlern war bereichernd, geistreich und positiv. Für mich war alles dabei. Die Arbeit habe ich geliebt.
Gleichberechtigung
k.A.
Umgang mit älteren Kollegen
k.A.
Arbeitsbedingungen
Das von der NGO gehaltene Appartement im Compound war Wohn- und Arbeitsort zugleich. Beides befand sich bei meiner Übernahme in einem versifftem Zustand: Klobrille voller getrocknetem Urin, die Küche mit Schmand-/Sifferesten an den Ecken. Das die Unterkunft in einem Sicherheitscompound vor einem der längsten bestehenden Flüchtlingslager kein Hit sein würde war absehbar, aber die Hygiene ist etwas was in der eigenen Hand liegt.
Die Arbeit fand in einem Gebiet mit ausgeprägter terroristischer Aktivität statt. Sonntags gab es Statusupdates der UNDSS zur aktuellen Sicherheitslage. Der Compound war stark gesichert (Mauer, Stacheldraht, Eingangs- und Ausgangskontrollen, bewaffnete Sicherheitskräfte) und die Bewegungsfreiheit der Expats stark eingeschränkt.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Mein Projekt hatte drei Ziele. Eines davon war die Neutralisierung toxischer Krankenhausabfälle. Das Headquarter zeigte kein Interesse dieses Ziel zu verfolgen und befasste sich nicht mit deren Lösungskonzeption sondern vielmehr mit dem Aufhübschen der success indicators.
Sozialbewusstsein wird proklamiert – die NGO lebt das Narrativ: Wir sind die Guten. Der Rest der Welt ist böse – die gelebte Erfahrung von mir und meiner Vorgängerin zeigt, dass die Arbeit bei medico international e.V. krank machen kann – insofern bezweifle ich das reelle Sozialbewusstsein.
Die zwei Punkte kommen zusammen, weil sich die NGO Sozialbelangen widmet - aber es sind nur zwei, weil der Mix aus Arbeitsbedingungen in jeder anderen Station meiner Laufbahn besser ist.
Gehalt/Sozialleistungen
Für die Branche im mittlerem Bereich.
Image
Die NGO hat das Image des rebellischen Underground Dog. Für denjenigen der das mag hat es einen Coolnessfaktor.
Karriere/Weiterbildung
k.A.