Hunde-, aber nicht arbeitnehmerfreundlich
Arbeitsatmosphäre
Die Firma gab sich wie eine lockere, kleine Wohlfühl-Firma: Die Mitarbeiter durften ihre Hunde mit ins Büro bringen - erst tat es einer, dann zwei, dann drei - und dann immer mehr. Der Vierbeiner des Geschäftsführers pinkelte im Wortsinn erst einmal überall hin. Das war dann doch too much.
Die Büroassistenz hat jeden Morgen frisches Obst und Snacks hingestellt - das war sehr liebevoll gemacht.
Es gab eine nicht ganz günstige Kaffeemaschine und einen teuren Grill auf der Dachterrasse - für gelegentliche Get together.
Auf den ersten Blick ein hippes, schickes Berliner Agentur-Flair in großzügig und geschmackvoll eingerichteten Räumen mit künstlerisch-kreativem Ambiente.
Auf den zweiten Blick: Das, was großzügig wirkte, verdeckte die an anderer Stelle herrschende toxische Unternehmensunkultur.
Kommunikation
Im Nachhinein könnte man denken, dass der Box-Sack vor dem Office eines der Firmeninhaber ein Hinweis war, dass hier seitens des Arbeitgebers auch schon mal mit harten Bandagen gekämpft wurde und sein Ton gegenüber den Mitarbeitern nicht immer angemessen war. Vieles lief hintenrum - die Transparenz ließ zu wünschen übrig.
Kollegenzusammenhalt
Er funktionierte in Teilen sehr, sehr gut, sonst hätte es sich dort gar nicht aushalten lassen. Da die Mitarbeitenden sich ohnehin durch die häufigen Abwesenheiten der Vorgesetzten stark selbst überlassen waren, wäre es anders auch nicht gegangen; gemeinsam hielt man den Laden am Laufen. In anderen Bereichen waren Streitereien und unüberhörbarer Unfrieden an der Tagesordnung - ernsthafte Versuche, die Konflikte zu lösen, gab es von den Firmeninhabern nicht unbedingt. Eher wurden Menschen rausgegrault.
Work-Life-Balance
Work-Life-was? Überstunden waren inkludiert, blieben aber unbezahlt. Fairer Freizeitausgleich? Ebenfalls Fehlanzeige. Ohne die unbezahlte Mehrarbeit und Mitarbeitende, die das mitmachen, hätten die knapp kalkulierten Projekte nicht geschafft werden können. Sich krankzumelden war verpönt und wurde durch immer wieder wechselndes Prozedere intransparent gestaltet. Wer dadurch was "falsch" machte, bekam Urlaub abgezogen, was halbwegs willkürlich wirkte.
Vorgesetztenverhalten
Der Vorgesetzte war immer für eine schräge Nummer gut und erschien zu einem Vorstellungsgespräch mal mit geschultertem Luftgewehr. Wutanfälle vorm vermeintlich kaputten Kopierer oder aufgrund anderer Kleinigkeiten sowie das Herunterputzen von Kollegen im Großraumoffice waren keine Ausnahmen. Unangemessene Bemerkungen weiblichen Angestellten gegenüber auch nicht. In Personalfragen herrschte Hire-and-Fire-Mentalität: So viele Probezeitkündigungen habe ich noch nicht erlebt - teils bereits nach zwei, drei oder vier Wochen.
Gleichberechtigung
Die Firmeninhaber stellten nach und nach ihre Freunde ein; die hatten die meisten Vorteile und Privilegien: Teils wurden eigens Stellen für sie geschaffen. Das Gewähren von Vorzügen ging ansonsten nach Nasen-Faktor. Das allerdings verteilte sich gleichberechtigt auf die Geschlechter.
Arbeitsbedingungen
Arbeitsmaterialien waren knapp - Blöcke und Stifte waren mal für Monate aus. Manche haben sich deshalb privat was zum Schreiben mitgebracht. Es herrschte eine Atmo des Misstrauens. Das ging so weit, dass Mitarbeitende zeitweise in Verdacht standen, Toilettenpapier zu klauen. Dabei war der Betrieb gewachsen: Mehr Mitarbeitende - mehr Klopapier. Dass das Büro im Sommer mit Werten bis 33 Grad zu heiß war, wurde in Kauf genommen. Um vor Blenden der Sonne durch die Oberlichter zu schützen, wurden Sonnenschirme aufgestellt. Manchmal gab es ab spätnachmittags hitzefrei oder die Erlaubnis, zu Hause weiterzuarbeiten (Homeoffice war bei mmpro ansonsten in Vor-Pandemie-Zeiten verpönt und nur selten gestattet). Andere Maßnahmen wurden nicht ergriffen.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Das Umweltbewusstsein war zum Teil vorgeschoben oder stand zumindest im Widerspruch zu Verhaltensweisen an anderer Stelle - und dem Kundenstamm, für den die Filmproduktion arbeitete.
Gehalt/Sozialleistungen
Urlaub gab es ganz knapp über dem gesetzlichen Minimum - gemäß der Einstellung des Geschäftsführers, am liebsten gar keinen Urlaub gestatten zu wollen. Dann müsse er ja fürs Nichtstun bezahlen. Die Bezahlung war ebenfalls nicht üppig. Benefits wie Jobticket, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld etc. gab es für Mitarbeiter keine.
Image
mmpro´s Slogan ist: The world to offer. Ist nur die Frage, wem mmpro was bietet. Den Mitarbeitenden jedenfalls eher wenig. Das Locker-Flockige mag Berufseinsteigern gefallen. Aber auch die merken irgendwann, dass vieles nur Schein ist. Die Fluktuation ist auch deshalb hoch. Die Agentur wollte immer mehr sein als sie war - der Masseur wurde zeitweise auf der Website als IT-Mitarbeiter ausgegeben.
Karriere/Weiterbildung
Es gibt keine klaren Karrierepfade (warum auch bei superflachen Hierarchien) und kaum Weiterbildungschancen. Personalentwicklungsmaßnahmen sind Fehlanzeige.