Großes Potential, viel davon verschenkt
Wofür möchtest du deinen Arbeitgeber im Umgang mit der Corona-Situation loben?
Für die ausgezeichnete, mitarbeiterfreundliche, sozialverträgliche Regelung bei Gehältern während der Kurzarbeitszeit. Auch wenn das Organisieren, Koordinieren sowie Beschaffen der technischen Mittel für Homeoffice aller Mitarbeiter besser und vorausschauender hätte sein können (statt hopplahop), bin ich in der Lage meiner Arbeit im Homeoffice wie gewohnt nachzugehen. Technisch bin ich ausreichend dazu ausgestattet, nur Kollegen- und Kundenkontakt sind natürlich durch äußere Umstände eingeschränkt.
Was macht dein Arbeitgeber im Umgang mit der Corona-Situation nicht gut?
Die Regelungen und Einteilungen zur Kurzarbeit sind sehr schwer nachvollziehbar. Vieles scheint mit der heißen Nadel gestrickt statt strukturiert und überlegt zu sein. Regelungen ändern sich anscheinend auch je nachdem welches Thema gerade intern angesprochen wird. Die Kommunikation sollte direkt aus der Personalabteilung erfolgen, stattdessen wird vieles auf die Abteilungs- und Teamleiter abgewälzt. Dadurch entsteht in der Praxis ein Informations- und Durchführungschaos.
Wie kann dich dein Arbeitgeber im Umgang mit der Corona-Situation noch besser unterstützen?
Aktuell kann ich meiner Arbeit (bis auf natürlich die äußeren Gegebenheiten) wie gewohnt nachgehen.
Arbeitsatmosphäre
Grundsätzlich gut, solange ich meine Arbeit erledige habe ich recht große Flexibilität und Freiraum der Einteilung. Kollegenzusammenhalt ist gut. Was Vorleben von Fairness und Vertrauen angeht, gibt es jedoch große Defizite. Gerade die alte Garde von Abteilungs- und Teamleitern fehlt die Fähigkeit zur modernen Mitarbeiterführung.
Kommunikation
Die wahrscheinlich gravierendste Schwäche. Interne wie externe Kommunikation ist 70-80% chaotisch, widersprüchlich und lückenhaft. Probleme werden lieber verschwiegen als angesprochen und angegangen, daher ist konstruktive Kritik unerwünscht oder wird ignoriert. Ältere Fach- und Führungskräfte neigen zudem zum Informationsbunkern und bewusstem Zurückhalten von Daten.
Kollegenzusammenhalt
Innerhalb meiner Abteilung empfinde ich den Kollegenzusammenhalt auf gleicher Ebene sehr gut und fast familiär. Wir gehen offen und direkt miteinander um. Ein paar Ausnahmen gibt es natürlich immer. Zwischen den Abteilungen schaut das schon wieder anders aus, da auch hier eher Silo- und z.T. "Wir Gegen Die"-Denken vorherrscht statt Teamorientierung oder gemeinsamer Lösungswille (daher -1 Stern).
Work-Life-Balance
Urlaub ist grundsätzlich jederzeit möglich, auch Sabbaticals, eltern- oder altersfreundliche Arbeitszeiten und Homeoffice sind festlegbar. Wenn was mit dem Kind ist, kann ich mich auch kurzfristig darum kümmern. In der "Verwaltung" gibt es aufgrund fehlendem Kundenkontakt genügend Möglichkeiten flexibel auszugleichen. Vor allem in den Abteilungen mit persönlich zugewiesenen Kundenprojekten, gibt es aber (subtilen) Gruppen- bzw. Vorgesetztendruck regelmäßig Überstunden zu machen und viele Reisetage / Hotelübernachtungen anzuhäufen, was in manchen Fällen durch Details in archaisch starren Vergütungssystemen unterstützt wird. Im Allgemeinen ist die tatsächliche Work-Life-Balance daher extrem unterschiedlich je Abteilung, intransparent und letztendlich leider unfair, da eine einheitliche, unter Einbezug aller Mitarbeiter festgelegte, firmenweite Regelung fehlt. Dazu fehlen auch die Grundlagen, wie z.B. eine verbindliche, transparente Dokumentation aller Arbeits- und Reisezeiten, woraus auch automatisch Überstunden sichtbar wären und in ein Überstundenkonto "eingezahlt" werden könnten. Ob diese durch Freizeit oder Geld ausgeglichen werden, sollte Entscheidung des Angestellten sein.
Vorgesetztenverhalten
Gerade bei den alten Abteilungs- und Teamleitern schon fast katastrophal veraltet. Die Bandbreite reicht von Ignoranz gegenüber Mitarbeiterbelangen bis hin zu direktem diskreditieren. Ziele werden authoriär festgelegt, statt kooperativ. Entsprechend laufen auch Mitarbeitergespräche. Entscheidungen sind willkürlich, schwer nachvollziehbar und werden gefühlt im Monatstakt nach Gutdünken geändert. Es fehlt an konsequentem, kontinuierlichem sowie strukturiertem Vorgehen, an einem kooperativen Führungsstil und der Diskussion von Entscheidungsgrundlagen. Feuerlöschprinzip statt Struktur, was im Übrigen auch für das C-Level gilt. Mitarbeiterthemen werden monate- oder jahrelang liegen gelassen, oft hören wir nie wieder davon oder beschlossene Änderungen werden nicht gelebt. Die älteren Vorgesetzten sollten Mitarbeiter direkt fragen, was ihnen wichtig ist oder was sie gerne tun bzw. ändern würden. Stattdessen kommen 99% "top down". Es gibt viele langjährige als auch junge Kollegen mit ausgezeichneten Ideen, wie Prozesse und andere Themen in der Firma nachhaltig sowie praktikabel angepasst werden könnten. All dieses Potential wird aber aufgrund der oben genannten Probleme verschenkt.
Interessante Aufgaben
In meinem Bereich sind die täglichen Aufgaben definitiv interessant und abwechslungsreich. Projekte sind alle individuell und jedes Mal eine neue Herausforderung sowie Möglichkeit zu lernen. Wie ich diese Projekte angehe, bleibt größtenteils mir überlassen, solange das Ergebnis stimmt.
Die Aufteilung der Arbeitslast ist aber definitiv verbesserungswürdig (-1 Stern), dafür müssten nämlich die Kompetenzen und Aufgaben des Einzelnen ganz klar definiert werden (was fehlt). Arbeit wird nach dem Feuerlöschprinzip verteilt, "was gerade anfällt", egal ob es der Zuständigkeit entspricht oder Sinn macht. Ein strukturiertes Vorgehen wäre besser.
Gleichberechtigung
Bisher sehe ich, dass alle Mitarbeiter in Positionen, Wiedereinstieg, Familienbelangen etc. gleich behandelt werden, egal ob Frau oder Mann, ob jung oder alt.
Umgang mit älteren Kollegen
Seniorität und Erfahrung werden geschätzt (immer öfter jedoch zu Lasten junger, frischer Gedanken).
Arbeitsbedingungen
Ausrüstung und Büros sind modern. Die meisten Büros sind für 1-3 Personen (je nach Aufgabe), die meisten mit Kundenkontakt haben 1-Personenbüros, damit sie entsprechend mit Kunden Kommunizieren können, statt Kollegen durch Lärmpegel zu stören. Allein die Klimaanlage im Sommer ist manchmal was schwach.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Umwelt und Soziales werden immer wichtiger. Die Firma beteiligt sich an gemeinnützigen regionalen sowie internationalen Projekten. Mülltrennung wird vermehrt kommuniziert (sollte aber noch konsequenter gemacht werden). Für's Strom-, Wasser-, und Papiersparen gibt es laufende Projekte. Außerdem können Angestellte Fahrräder leasen. Sehr lobenswert!
Ich wünsche mir, dass gesellschaftliches Engagement in der Feuerwehr, bei sozialen Einrichtungen und Bundeswehr entsprechend durch Freistellungen der Angestellten explizit honoriert wird, da dort jeder Mitarbeiter direkt anpacken kann, statt das Gewissen "mit Geldspenden zu beruhigen" und die Hände in den Schoß zu legen.
Gehalt/Sozialleistungen
Gehälter kommen immer pünktlich an, es gibt eine betriebliche Altersvorsorge, Angestellte werden am Unternehmensergebnis beteiligt. Die Gehälter entsprechen grob dem regionalen Schnitt. Ich habe aber das Gefühl, dass einige Kollegen inklusive mir eher klein gehalten werden, obwohl Qualifikation, Erfahrung und Verantwortung für ein höheres Gehaltsniveau sprechen (-1 Stern). Ich wünsche mir auch auf der Ebene eine höhere Wertschätzung der Mitarbeiter.
Image
Früher führendes Unternehmen mit Premiumlösungen, heute ist es in der externen Marktwahrnehmung fast vergessen. Viele alte Fach- und Führungskräfte ruhen sich auf längst vergangenen Lorbeeren aus. Andere Anbieter haben (zurecht) ein besseres Image was Innovation und zeitgerechte Softwareweiterentwicklung angeht. Intern ist das Image etwas besser, da die Firma familiär ist, Sicherheit und mittlerweile gute Leistungen bietet. Aber die Belegschaft ist sich der vielzähligen internen Probleme, die aufgeschoben oder unstrukturiert angegangen werden sowie deren Auswirkungen vollkommen bewusst. Darunter leiden Image und Stimmung intern stark.
Karriere/Weiterbildung
Ich kann normalerweise recht einfach 1-2 jährliche Fortbildungen vorschlagen und erhalte diese dann auch (+1 Punkt), aber ich muss mich um alles selbst kümmern. Dieses Thema ist daher neben Kommunikation und Vorgesetztenverhalten die dritte große Baustelle im Unternehmen. In meinem Bereich fehlt moderne Mitarbeiterführung, wozu halt auch Weiterbildungs- und Entwicklungspläne zählen. Statt gemeinsam eine Karriereperspektive mit konkreten Schritten aufgrund meiner nachgewiesenen Fähigkeiten zu erarbeiten (geschweige denn klar zu kommuniziern, wenn Entwicklungsmöglichkeiten in weiterführende Aufgaben oder Aufstiegsmöglichkeiten fehlen) werde ich eher als Verwalter des Vorhandenen eingesetzt. Die Perspektive für die Zukunft ist nur mehr zu verwalten. Oder ich werde wie bereits beschrieben nach dem Feuerlöscherprinzip da wo gerade etwas brennt eingesetzt, statt an einer Struktur mitzuarbeiten. Kompetenzen schrittweise abzugeben ist sowieso ein rotes Tuch für die alte Garde, obwohl sie offensichtlich mit der Masse an Themen überfordert ist. Kriterien für den beruflichen Aufstieg wurden mir nicht aufgezeigt, ich vermute es gibt keine.