Wechselhaft, ansonsten typisch juristisch
Gut am Arbeitgeber finde ich
Arbeitszeiten, interessante Einblicke in die Justiz.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Viele Prozesse bezüglich der Auswahl von Nachwuchsrichtern sind sachlich nicht nachvollziehbar, werden geheim gehalten und wirken willkürlich. Es gibt keine Feedbackkultur, weil die "Führungsebene" oder wie man es nennen mag, vor allem Experten in Ihrem juristischen Fachgebiet sind - dafür, dass Sie die Verantwortung für die Auswahl der Richter (immerhin ein lebenslanger Job) tragen, ist das meiner Meinung nach zu wenig. Nicht umsonst heuern Unternehmen Experten mit jahrzehntelanger Praxis im Recruiting & der Personalauswahl um zehntausende Euros an, die sich mit der Besetzung von (weit weniger langfristigen) Positionen auskennen. Die Ungeschicktheit im menschlichen Umgang mit den Praktikanten hat mich ehrlich gesagt, des öfteren erschreckt und war teilweise (bei einigen Kollegen) wirklich anmaßend. Auch wenn wir alle nur Menschen sind - es gibt Verantwortungsbereiche und Aufgaben, die so wichtig sind, dass man menschlich ungeschicktes Verhalten auf ein Minimum reduzieren muss (etwa durch psychologische Grundausbildungen oder Coachings...). Die Ausbildungsfunktion der Richter für den Nachwuchs als Mitgestalter der Gesellschaft gehört zweifelsohne hier hin.
Eine weitere Sache ist die Tatsache, dass Rechtspraktikanten nicht länger als 12 Tage im Jahr krank sein dürfen, da das Ausbildungsverhältnis dann unterbrochen wird (man steht also ohne Einkommen auf der Straße). Ich hatte einen schweren Unfall und war erst nach 6 Wochen wieder im Dienst. Mir wurden während des Krankenhausaufenthaltes das Ausbildungsverhältnis unterbrochen (welches ohnehin nur mit € 1.000 entlohnt wird), so dass ich nichteinmal die Krankenhausrechnung bezahlen konnte. Besser wäre, das Ausbildungsverhältnis einzufrieren und den Sold unter wöchentlicher Vorgabe von ärztlichen Bestätigungen für die regulären 5 Wochen Krankenstand eines jeden Bürgers in Österreich weiterzuleisten, die versäumte Zeit holt man danach einfach nach. Mindestsicherung bekommt man nämlich keine, wenn man Sie nicht vorab beantragt - wie soll man sich im Fall eines schweren Unfalls im vorhinein um diese Dinge kümmern? Bei den anschließenden Aufnahmeprüfungen wurde mir kein Aufschub bis zum nächsten Termin gewährt (wohl aber musste ich die versäumte Zeit am Gericht nachholen...). Ich hätte innerhalb von wenigen Wochen den gesamten Stoff für die erste große Prüfung nachholen müssen. Andere Kollegen hatten den Vorzug von persönlichen Empfehlungen durch einen Richter und durften nach mehreren Monaten aus dem normalen Praktikantendasein auf die Richterausbildung umsteigen (ist normalerweise nur ganz zu Beginn zulässig!). Sie konnten das Gerichtsjahr aus Gründen persönlicher Bevorzugung quasi "neu starten", hingegen gewährte man mir trotz vorlage aller ärztlicher Bestätigungen keine Verlängerung der Prüfungsvorbereitung um die Zeit meines Krankenstandes. In Reaktion darauf wurde mir in der zweiten Zuteilung noch vielmehr eine unterdurschnittliche Bewertung meiner Fähigkeiten zuteil (jedoch ohne jedes konstruktive Feedback & obwohl meine erste Beurteilung einwandfrei war), da "es schwer wäre, mich wegen meiner Abwesenheit umfassend zu beurteilen".
Verbesserungsvorschläge
Einen Personal- und Organisationsentwickler engagieren, das Auswahlverfahren für Richter transparent machen, Kurse in grundliegender sozialer Kompetenz und Mitarbeiterführung veranstalten. Es ist wichtig, einen positiven Fußabdruck in der Welt zu hinterlassen - die Justiz hat bei mir als Arbeitgeber (bis auf die Beamtenvorteile) genau das Gegenteil erreicht - aufgrund menschlicher Unzulänglichkeiten.
Vorgesetztenverhalten
Die Richter, denen man unterstellt ist, verfügen zwar über Kompetenz in ihrem Fach, eine Art Führungskräfte- oder Personalleitungsausbildung scheint jedoch niemand zu besitzen.
Dies zeigt sich besonders durch mangelnde soziale Kompetenz gegenüber untergeordnetem Personal.
Bspw. vermisst man eine Feedbackkultur; auf Fehler oder Potential zur Verbesserung wird man am Ausbildungsende durch eine schlechte Note hingewiesen, Entwicklung ist so nicht möglich.
Insgesamt steht und fällt der eigene Erfolg mit der Zuteilung zum jeweiligen Richter, wer hier Glück hat, wird durch die Ausbildung durchgetragen (notfalls auch trotz versäumter Fristen oder schlechten Noten...) wer den falschen Richter erwischt, hat keine Chance, sich zu profilieren, da das wichtigste Kriterium bei der Auswahl für die Nachwuchsrichter der persönliche Eindruck darstellt.