Fachlich super - menschlich enttäuschend.
Arbeitsatmosphäre
Mit den meisten Kollegen war die Arbeitsatmosphäre sehr gut und die Zusammenarbeit machte großen Spaß. Es gab auch Ausnahmen, wie zum Beispiel Kollegen, die sich ab und an im Ton vergriffen. Aber das war selten.
Das Verhältnis zu den Vorgesetzten empfand ich oft von Misstrauen geprägt. Die permanente Kontrolle wann wer kommt und geht und dass niemand zu lange Pause macht fand ich im Akademikerumfeld ungewohnt.
Was Fairness angeht, so gab es zwei Gruppen von Mitarbeitern: diejenigen, die der Geschäftsführung familiär oder anderweitig nahestehen und den "Rest". Es war unschwer zu erkennen, wie erstere privilegiert behandelt wurde (Dienstwagen, Equipment etc.).
Seit den letzten Jahren gibt es immer wieder Kündigungen seitens des Unternehmens - auch für Kollegen die bereits mehrere Jahre dabei sind. Das schafft Unsicherheit.
Kommunikation
Auf der einen Seite werden Mitarbeiter angehalten Informationen zu "broadcasten" und direkte Kommunikation zu vermeiden.
Auf der anderen Seite werden Mitarbeiter kaum über Aktuelles - und wenn dann nur über Positives - im Unternehmen informiert. Informationen über Umsätze oder Gewinne gibt es nicht. Die muss man sich über veröffentlichte Bilanzen besorgen.
Insbesondere seit Corona gab es so gut wie keine Information, wie die CID aufgestellt ist. Über die Lage der Firma konnte man allenfalls spekulieren, als Weihnachtsgeld und Bonuszahlung kommentarlos vom Kontoauszug verschwunden waren. Die mangelnde Transparenz sorgt für wenig Vertrauen.
Ich hatte den Eindruck, dass durch die fehlende (ehrliche) Kommunikation das Management und die Mitarbeiter völlig verschiedene Wahrnehmungen von der Arbeitsatmosphäre im Unternehmen haben.
Kollegenzusammenhalt
Es gibt wie überall Kollegen, mit denen man gut oder weniger gut auskommt. Die Zusammenarbeit machte mit den meisten Kollegen großen Spaß und man freut sich gemeinsam über kleine und große Erfolge. Ein sich füreinander einsetzen (oder eine Arbeitnehmervertretung) gab es allerdings nicht. Es wurde nur unter der Hand gemeckert.
Vor Corona gab es Team-Events außerhalb der Arbeitszeit und jährliche Sommerfeste für Familien und eine Weihnachtsfeier. Hier haben sich die Organisatoren immer viel Mühe gemacht und den Mitarbeitern tolle Veranstaltungen geboten.
Work-Life-Balance
Überstunden hielten sich in Grenzen, wurden allerdings auch nicht vergütet und konnten nicht "abgebummelt" werden (es gab keine Zeiterfassung). Urlaub konnte kurzfristig und flexibel genommen werden. Kleine Einschränkungen gab es durch die Betriebsferien am Jahresende.
Für die IT-Branche waren die Arbeitsbedingungen ungewohnt starr. Vor Corona war mobiles Arbeiten und Home-Office nicht gerne gesehen und die absolute Ausnahme. Allerhöchstens wenige Stunden, aber nur mit Rechtfertigungsdruck und schon gar keinen ganzen Tag. Während Corona wurde den meisten Mitarbeitern 100% Home-Office erlaubt, was ich der Firmenleitung hoch anrechne. Ich könnte mir vorstellen, dass nach Corona ein gewisses Umdenken hinsichtlich Home-Office stattfindet, aber das bleibt abzuwarten.
Die Kernarbeitszeit von 9:30 Uhr bis 16:00 Uhr kann man kaum als flexible Arbeitzeit bezeichnen und macht den Alltag unnötig kompliziert - insbesondere da durch die ländliche Lage des Standorts kurze Wege die Ausnahme sind.
Vorgesetztenverhalten
Die direkten Teamleads, die ich kennengelernt habe, waren sowohl auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene tolle Kollegen.
Auf höherer Hierarchieebene und seitens der Geschäftsführung habe ich den Umgang mit Mitarbeitern leider nicht immer respektvoll und angemessen erlebt. Es wird zwar mit einer flachen Hierarchie geworben, aber Machtpositionen werden regelmäßig und klar kommuniziert. Hier wäre eine Kommunikation auf Augenhöhe wünschenswert.
Druck ist leider die gängige Motivation. Anerkennung und Wertschätzung wird kaum bis gar nicht kommuniziert. (Unerfüllte) Erwartungen dafür um so deutlicher.
Mit Hinterfragen von Prozessen und Entscheidungen sowie mit (konstruktiver) Kritik sollte man vorsichtig sein, da dies schnell persönlich genommen wird. Hier fehlt einfach die Trennung zwischen fachlicher und persönlicher Ebene.
Ich hätte mir manchmal mehr soziale Kompetenz, Empathievermögen und Verantwortungsbewusstsein von den Entscheidungs- und Verantwortungsträgern gewünscht, z. B. im Hinblick auf Konfliktsituationen in Teams.
Interessante Aufgaben
Die Themen und Aufgaben fand ich durchweg interessant, vielseitig und anspruchsvoll. Für Berufseinsteiger (z.B. nach dem Studium) eine sehr gute Gelegenheit Einblicke in ganz verschiedene IT-Bereiche und Technologien zu bekommen. Viele Mitarbeiter kommen aus ganz verschiedenen akademischen Richtungen, was immer wieder spannende Diskussionen ermöglichte.
Gleichberechtigung
Ich hatte den Eindruck, dass das Thema Gleichberechtigung von Frauen sehr ernst genommen wird, wenn es um das Daily Business geht. Allerdings sind die Stellen hauptsächlich "traditionell" besetzt, heißt geringer bezahlte Stellen sind durchweg mit Frauen besetzt und Führungspositionen mit Männern - abgesehen von Frauen in engem Verhältnis zur Geschäftsführung und ganz wenigen anderen Ausnahmen.
Mir ist keine Frau bei der CID bekannt, die Kinder hat und vollzeit arbeitet, was meiner Meinung nach an der allgemein schlechten Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun hat.
Frauen- oder homophobe Witze gab es, waren aber die absolute Ausnahme. Auch gegenüber ausländischen Mitarbeitern habe ich nie irgendeine Art von Abneigung, Ausgrenzung oder Benachteiligung mitbekommen - ein deutlicher Pluspunkt.
Umgang mit älteren Kollegen
Es gibt sehr wenige ältere Kollegen (50+) in der CID. Es wird allerdings auch nicht viel getan, um langjährige Kollegen zu halten.
Arbeitsbedingungen
Die Büros waren bisher sehr pragmatisch eingerichtet und leider aufgrund der Größe und der Belegung oft ziemlich unruhig und laut. Im neuen Hauptgebäude gibt es jetzt aber diverse Möglichkeiten für ruhiges und konzentriertes Arbeiten.
Die technische Ausstattung fand ich immer ausreichend.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Umweltaspekte wurden nicht thematisiert. Mülltrennung fand statt.
Gehalt/Sozialleistungen
Die Gehälter wurden immer pünktlich gezahlt. Das Einstiegsgehalt war leicht überdurchschnittlich, allerdings gab es keine Leistungsgespräche und keine Gehaltssteigerungen. Es gibt Mitarbeiter, die sich Gehaltssteigerungen regelmäßig einfordern. Wem das nicht liegt, der bleibt beim Einstiegsgehalt. Nach wenigen Jahren liegt das Gehalt dann deutlich unter dem Branchendurchschnitt.
Vor Corona gab es eine kleine Weihnachts- und Bonuszahlung (ohne Rechtsanspruch). 2020 fielen diese Zahlungen kommentarlos weg.
Betriebliche Altersvorsorge wurde entsprechend gesetzlicher Verpflichtung angeboten.
Eine Auswahl an Getränken war frei verfügbar. Hin und wieder gab es auch kleine Aufmerksamkeiten in Form von Schokolade und Werbeartikeln.
Insgesamt kommt meiner Meinung nach der Erfolg des Unternehmens nur bei wenigen ausgewählten Mitarbeitern an. Ein modernes und innovatives Bürogebäude genügt hier einfach nicht.
Image
Die CID hat einige namenhafte Kunden und es wurde versucht die Bekanntheit und das Image durch Messebesuche oder soziale Netzwerke aktiv zu steigern.
Seitens der Mitarbeiter wurde viel unter der Hand gemeckert und ich hatte nicht den Eindruck, dass sich viele Mitarbeiter mit der Firma indentifizieren.
Karriere/Weiterbildung
Learning by doing. Darüber hinaus wurde zunehmend versucht mit internen Vorträgen Wissen zwischen den Mitarbeitern auszutauschen. Mit etwas Hartnäckigkeit gab es die Möglichkeit Tagungen zu besuchen.