Tolle Projekte, es rumpelt in den Prozessen (Update)
Gut am Arbeitgeber finde ich
Update: Endlich gab es einen Wechsel in der Geschäftsführung. Ich gehe davon aus, dass nun der Weg frei ist, um viele der von mir kritisierten Punkte zu verbessern. Die neuen GF kenne ich noch aus meiner Arbeit im Verein, ich bin zuversichtlich, dass sie die nötigen Änderungsprozesse anstoßen werden. Da möchte ich nicht weiterhin mit einer schlechten Bewertung potenzielle Talente abschrecken. Ich belasse meinen Text aber setzte die Sterne alle auf 5. Viel Erfolg!
Tolle Projekte, Tolle Kollegen, Gute Büroausstattung
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Die (mittlerweile fast alle gelöschten) negativen Bewertungen waren meiner Meinung nach teilweise zu drastisch aber den dort genannten Kernpunkten kann auch ich mich anschließen:
- Es gibt wohl keine wesentliche Delegation von Entscheidungskompetenz, fast alles hängt an der Geschäftsführung. Sogar die Verfassung der positiven Kununu-Bewertungen, vermute ich.
- Signale von Misstrauen und Kontrolle der Geschäftsführung
- Hohe Fluktuation, hohe Auslastung
Verbesserungsvorschläge
Hier konzentriere ich mich vor allem auf die, die intern adressiert und besprochen aber nicht umgesetzt wurden.
- Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeitenden und Vertrauen in Kooperation verbessern
- Stärkung der leitenden Angestellten für verlässliche und schnellere Entscheidungen
- Einführungen von Gehaltsstufen orientiert an TVÖD für geschlechtergerechte Bezahlung und eine bessere Bindung der Mitarbeitenden
- Stärkung von internen Feedbackprozessen, Keine Angst vor offenem Gespräch haben, Projektleitenden und Mitarbeitenden nicht nur Ergebnisse verkünden sondern sie auch beteiligen
Arbeitsatmosphäre
An den meisten Tagen gut. Der Umgang im Kollegium ist von Hilfsbereitschaft und guter Stimmung geprägt. Die im Punkt "Vorgesetztenverhalten" genannten Punkte sind aber den meisten Mitarbeitenden meiner Einschätzung nach sehr bewusst. Damit ist mir immer klar gewesen, dass spontan Arbeitsergebnisse unbrauchbar werden können, da Entscheidungen revidiert und Projektbestandteile umgeändert werden können. Ich finde: Wer sich damit arrangiert, auch für die eigenen Projekte eher ein Umsetzer der Detailwünsche der Geschäftsführung statt ein normal eigenständiger kreativer Projektverantwortlicher zu sein, kann hier tolle Erfahrungen machen.
Kommunikation
Informationsfluss zu Inhalten anderer Projekte gut. Allgemein ist aber mein Eindruck, dass uns Mitarbeitenden wenig zugetraut wird - eine Einbindung in Entscheidungen zu Themen wie dem Umgang mit Corona oder auch der Richtung unserer eigenen Projekte erfolgt meinem Empfinden nach wenn überhaupt erst spät im Prozess, wenn das Ergebnis eigentlich schon feststeht. Es wird meiner Einschätzung nach zu uns gesprochen, nicht mit uns.
Kollegenzusammenhalt
Das Kollegium kennt die besondere Situation im Verein und federt viel ab, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit zeichnen die Arbeit aus. Aus dem Kollegium wurden engagierte Teamsprechende gewählt, die sich sehr für Verbesserungen einsetzen und gemeinsam mit dem Kollegium Vorschläge erarbeiten. Meiner Einschätzung nach werden diese aber dann wieder von der Geschäftsführung kassiert, wenn sie über eine Selbstverpflichtung der Mitarbeitenden oder kleinere symbolische Akte hinausgehen.
Work-Life-Balance
Kommt stark auf die Mitarbeitenden an. Es wirkt manchmal, als sei die einzige Maßnahme gegen Überstunden die Anweisung, dass keine Überstunden gemacht werden sollen. Hinweise auf starke Belastung einiger Mitarbeitenden wurden wiederholt weggewischt und als nicht lösungsorientiert bezeichnet. Hier sind auch die Projektleitenden und Bereichsleitenden meiner Wahrnehmung nach eher machtlos, da die Geschäftsführung die personellen Ressourcen und Aufgaben verteilt. Eine für die Coronapandemie angemessene Home-Office-Regelung wurde trotz bestens geeigneter IT-Ausstattung anfangs verzögert (Stichwort Kontrolle/Misstrauen) dann aber auch umgesetzt.
Vorgesetztenverhalten
Meinem Eindruck nach die große Baustelle in diesem Verein. Der Eindruck entsteht, dass hier Misstrauen und Kontrolle die Prinzipien sind. Gelegentlich hatte ich den Eindruck, dass sich über Fachwissen und gute Argumente von Fachkräften hinweggesetzt wurde. Die sachlich bessere Lösung wurde dann zugunsten der von der Geschäftsführung persönlich bevorzugten Lösung verworfen. Es scheint, dass Fachwissen nur geschätzt wird, wenn es die Position der Geschäftsführung stützt - in Fällen, in denen ich hier einen Bruch wahrnahm, verließen die betroffenen Mitarbeitenden dann schnell darauf den Verein. Bislang sind im Verein, so scheint es mir, noch sehr viele Prozesse und Entscheidungskompetenzen bei der Geschäftsführung konzentriert und nicht delegierbar. Entscheidungen sind dadurch verständlicherweise oft nicht schnell aber auch zusätzlich nicht verlässlich/beständig - gefühlt können sie nach Tageslaune wieder geändert werden. Mehrfach hat das zu Frustration geführt. Themen dieser Art möchte ich eigentlich lieber intern klären, sie wurden intern jedoch mehrfach erfolglos angesprochen - daher sollten Arbeitnehmer hier wenigstens die Chance haben vorab zu wissen, dass das Problem besteht.
Interessante Aufgaben
Die Projekte erscheinen mir sinnvoll, abwechslungsreich und interessant. Die Zielgruppen sind dankbar. Mehr Eigenverantwortung würde die Arbeit interessanter machen.
Gleichberechtigung
Viele weibliche Mitarbeitende. Im Gespräch unter Mitarbeitenden entsteht der Eindruck, dass Frauen hier weniger Geld verdienen als Männer. Aktuelle "Lösung": teilweise ist vertraglich festgelegt, dass Gespräche über die Bezahlung unzulässig sind. Ein Vorschlag zur Verbesserung waren Gehaltstrukturen zur Orientierung. Dieser wurde unter den Mitarbeitenden skizziert, mit den Teamsprechenden besprochen und von der Geschäftsführung abgelehnt.
Umgang mit älteren Kollegen
Niemand hier ist wirklich alt und außer einem harten Kern gehen die meisten im Schnitt geschätzt nach einem Jahr wieder.
Arbeitsbedingungen
Tolle IT-Ausstattung, gute Lage in Mitte, kostenlose Getränke und guter Kaffee. Einige Büros aber dichter besetzt, hier kann es laut werden.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Hier hat sich viel getan. Es gibt zwei Leihfahrräder für Dienstfahrten, pflanzliche Milch, gemeinsame Überlegungen zur Reduktion von Müll, oft veganes Catering bei Veranstaltungen. Gegenüber Dienstleistern wird, so finde ich, eher hart als fair aufgetreten. Teilweise Vorleistung vor Beauftragung und häufige Korrekturschleifen werden erwartet.
Gehalt/Sozialleistungen
Ich habe nicht mit allen Mitarbeitenden über Gehalt gesprochen aber die mit denen ich gesprochen habe bekommen merklich weniger als im Vergleich zum TVöD angemessen wäre. Bei einem Verein, der Förderprojekte des Bundes durchführt und große Unternehmen als Mitglieder hat, könnte man hier eigentlich eine durchschnittliche Bezahlung erwarten. Die bekommen die, von denen ich es weiß, nicht.
Image
Sehr ambivalent. Die Zielgruppe kennt und schätzt uns. Dienstleister bemerken meiner Meinung nach schnell unsere besonderen Bedingungen: langsame, nicht verlässliche Entscheidungen und lange Abstimmungsrunden, und stellen sich darauf ein oder arbeiten nicht mehr mit uns zusammen. Die Mitarbeitenden mögen die Projekte sehr, zeigen Interesse an den Ergebnissen anderer Projekte, aber nehmen meiner Einschätzung nach die Entscheidungs- und Führungsstrukturen als frustrierend wahr. Ich habe wahrgenommen, dass Mitglieder und Partner irritiert auf Unbeständigkeit der Entscheidungen unseres Verein reagiert haben - und selten auch, dass Partnern einander widersprüchliche Versprechen gemacht wurden und versucht, durch Ungenauigkeiten und andere Kniffe einen Vorteil für den Verein rauszuschlagen - Für alle Beteiligten leicht durchschaubares Taktieren. Das kratzt meiner Meinung nach am Image - völlig ohne Not, da die Projekte toll ankommen.
Karriere/Weiterbildung
Viele steigen intern auf, es herrscht eine hohe Dynamik durch Abgänge und neue Projekte. Viele, mit denen ich sprach, bekamen bei Erfolgen schnell mehr Verantwortung - wohl aber ohne, dass sich das im Gehalt bemerkbar machte. Fortbildungen sind möglich, selten habe ich mitbekommen, dass inhaltlich meiner Meinung nach sinnvolle Fortbildungen nicht gewährt wurden.