Der Glanz verblasst langsam aber zunehmend
Gut am Arbeitgeber finde ich
Flexible Arbeitszeiten und minutengenaue Zeiterfassung. Der Charm vergangener Zeiten und das Gefühl, in einem Museum zu arbeiten hat ganz unironisch etwas für sich.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Keine ehrliche Zukunftsvision. Festhalten an völlig veralteten Prozessen und Abläufen. Die Aussagen der Geschäftsleitung sind für jeden Mitarbeiter ersichtlich unrealistisch.
Verbesserungsvorschläge
Dringend die Prozesse deutlich optimieren und an die unvermeidlich bevorstehende Digitalisierung denken. Papierkrieg war gestern.
Das absolute Gros kaufmännischer Tätigkeiten kann automatisiert werden.
Unbedingt in personenunabhängige Prozesse investieren, dann entsteht bei der Fluktuation auch nicht ständig Drama.
Arbeitsatmosphäre
Es gibt leider nur zwei Arten von Mitarbeitern: Solche die seit Jahrzehnten im Unternehmen sind und solche die maximal anderthalb Jahre dabei sind.
Für neue Mitarbeiter ist es sehr schwer, in die bestehenden Strukturen hinein zu kommen und akzeptiert zu werden. Die Fluktuation ist leider ziemlich hoch.
Kommunikation
Der Flurfunk funktioniert einwandfrei und zuverlässig. Kritische Informationen zur Zukunft geistern bereits Wochen vor einer offiziellen Kommunikation durchs Haus und machen alle Mitarbeiter wuschig.
Von oben kommen quasi nur Durchhalteparolen und unrealistische Zukunftsfantasien.
Kollegenzusammenhalt
Einige Kollegen reißen sich wunder weiß was für einander auf, auch abteilungsübergreifend. Andere denken, sie seien etwas Besonderes und machen halt ihr Ding. Ist ja sowieso viel hochwertiger und wichtiger als Deine Arbeit.
Work-Life-Balance
Flexible Arbeitszeiten und eine flexible, sowie bei Bedarf auch entsprechend kurze Mittagspause (=früher Feierabend) werden angeboten und gelebt. Überstunden werden durch minutengenaue Arbeitszeiterfassung penibel dokumentiert und können abgefeiert oder notfalls ausbezahlt werden. Urlaub und Überstundenabbau werden auch kurzfristig genehmigt und schaffen viel Raum bei privaten Anliegen.
Vorgesetztenverhalten
Im Rahmen dessen, was sie an die Mitarbeiter weiter geben dürfen, geben Sie jederzeit ihr bestes.
Leider weichen die von ihnen in Bewerbungsgesprächen getroffenen Aussagen deutlich von der Realität ab.
Interessante Aufgaben
Durch veraltete Prozesse müssen extrem viele Tätigkeiten händisch überwacht und ausgeführt werden. Ein Großteil des Tages wird mit repetitiven und anderswo längst automatisierten Aufgaben verbracht.
Arbeiten wie vor 25 Jahren.
Gleichberechtigung
Es sind mir keine Fälle jedweder Diskriminierung bekannt.
Umgang mit älteren Kollegen
Der Altersdurchschnitt liegt bei weit über 40 Jahren, dementsprechend ist der Umgang mit älteren Kollegen tägliche Praxis. Jeder wird mit Rücksicht auf eventuelle Einschränkungen eingeplant. Heißt im Umkehrschluss aber auch, dass jüngere Kollegen die körperlich anstrengenden Tätigkeiten als Springer in Dauerschleife alleine wuppen müssen.
Arbeitsbedingungen
Ausstattung der Büros ist etwa Stand von 2010. Alte Leuchtstoffröhren und billigste Basic Bürostühle sowie eine Mitarbeitertoilette von 1957. Im Büro sind Klimaanlagen vorhanden und funktionieren einwandfrei. In Fertigung und Lager herrschen halt die Bedingungen vor, die man in einem Eisenwerk erwarten kann. Auf allem liegt ein mehr oder weniger feiner Eisenoxidstaubfilm.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Alle Filter und Abluftsysteme entsprechen selbstverständlich den geltenden Normen. Es kann bei Fehlern am System dennoch vorkommen, dass mehr oder weniger grobe Stäube austreten und sich schön auf den PKW auf den Mitarbeiter-Parkplätzen festsetzen.
Im betrieblichen Alltag wird extrem viel ausgedruckt und per Bote durchs Unternehmen getragen, um in der Zielabteilung nach einmaligem Lesen im Papierkorb zu landen. Das ist leider nicht mehr zeitgemäß.
Gehalt/Sozialleistungen
Der eigentlich gültige und sehr vorteilhafte IG Metall Flächentarif ist seit einigen Jahren durch Ergänzungstarifverträge gedrückt. Die Mitarbeiter haben sich zu unbezahlter Mehrarbeit (i.e. 38h statt 35h) und Verzicht auf Sonderzahlungen commited.
Einstufung in die Tarifstufen des IG Metall ERA Systems ist deutlich unvorteilhafter als bei den meisten anderen tarifgebundenen Betrieben.
Es gibt Betriebe, da erhalten frisch ausgelernte Kräfte eine höhere Einstiegsstufe als hier Facharbeiter mit Meistertitel.
Läuft der derzeitige Ergänzungstarifvertrag aus, kommt garantiert der nächste hinterher. Die Geschäftsführung droht permanent damit, aus dem Tarifvertrag auszusteigen, sollten die Mitarbeiter nicht weiteren Ergänzungstarifverträgen zustimmen.
Somit sind die Löhne in dieser wirtschaftsstarken und damit auch teuren Region leider nur unterer Durchschnitt.
Nach Ende der Probezeit können bezuschusste Anteile am Unternehmen erworben werden, um stiller Teilhaber zu sein.
Image
Das Unternehmen hat eine über 100 jährige Geschichte und ist in Bad Friedrichshall wohl bekannt. Darüber hinaus kennt quasi niemand das Unternehmen und es wird sehr oft mit dem Schraubengiganten aus Hohenlohe verwechselt.
Der früher sehr soziale Umgang mit den Mitarbeitern, welche von der alten Eigentümerin und Gründerin persönlich immer gepflegt und hochgehalten wurde, verliert täglich an Bedeutung. Dies bleibt auch der lokalen Öffentlichkeit nicht verborgen.
Karriere/Weiterbildung
Teilnahme an IHK Tagesseminaren ist möglich und erwünscht. Kosten dafür trägt der Arbeitgeber. Es werden ausschließlich Hardskills unterstützt. Das frisch eingeführte Weiterbildungsmanagement ist mit Ausscheiden der geschätzten HR Kollegin nach wenigen Monaten wieder in sich zusammen gebrochen.
Ansonsten gibt es aufgrund der geringen Unternehmensgröße keine wirklichen Karrieremöglichkeiten.