Wer Boomer-Kultur sucht, ist hier genau richtig
Gut am Arbeitgeber finde ich
Mein Exit-Gepräch war überraschend positiv, sodass ich Hoffnung auf zeitgemäße Änderungen für zukünftige junge Mitarbeitende habe.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Weil ich nun mehrfach gebeten wurde, meine Bewertung zu verändern, hier mein Disclaimer: Meine Erfahrungen in diesem Unternehmen waren leider überwiegend negativ, was jedoch stark von meiner eigenen Wahrnehmung abhängt.
Wer sich in einem Umfeld wohlfühlt, das von traditionellen Werten geprägt ist, könnte hier durchaus glücklich werden. Während meiner Zeit hatte ich den Eindruck, dass das durchschnittliche Alter der Belegschaft eher hoch ist (50+). In meiner Karriere bisher und seitdem habe ich diese Form von Zurückhaltung gegenüber Veränderungen noch nicht erlebt. Für mich fühlte es sich so an, als ob es eine gewisse Erwartungshaltung gab, dass Arbeitnehmer Dankbarkeit zeigen sollten – dies wurde mir zumindest in Gesprächen unter Kollegen vermittelt. In meiner Wahrnehmung war es üblich, dass bestimmte Mitarbeitende durch das Zurückhalten von Informationen oder Genehmigungen ihre Unersetzlichkeit betonten. Dies führte meiner Meinung nach dazu, dass bei deren Abwesenheit manchmal Stillstand herrschte. Emotionale Reaktionen und persönliche Konflikte zwischen Teams und Kolleg:innen erschwerten teilweise den Arbeitsalltag und mir wurde nahegelegt, solche Situationen einfach zu akzeptieren. Auch konnte ich beobachten, dass auf Managementebene gelegentlich negative Bemerkungen über Mitarbeitende gemacht wurden. Witze, die ich als „aus der alten Schule“ empfand, waren nicht unüblich, und wer sich dagegen aussprach, machte sich, so meine Erfahrung, unbeliebt. Ich hatte auch das Gefühl, dass moderne Ernährungsweisen wie Veganismus nicht immer vollständig akzeptiert wurden – zumindest erlebte ich nicht nur einmal, dass keine alternative Verpflegung angeboten wurde.
Obwohl Meinungen abgefragt wurden, hatte ich den Eindruck, dass nur positive Rückmeldungen wirklich berücksichtigt wurden. Zumindest wurden die Probleme, die ich in meinen Feedbackgesprächen gegenüber der Personalabteilung nannte, eher beschönigt oder gerechtfertigt. Die Vorgabe von Bürotagen empfand ich als wenig flexibel, was meiner Meinung nach für ein Unternehmen, das sich als attraktiver Arbeitgeber für junge Talente positionieren möchte, problematisch sein könnte.
In internationalen Meetings (ca. 100 Personen) war es oft so, dass sich die Teilnehmende sofort stumm schalteten und die Präsentationen meiner Meinung nach mit wenig Engagement vorgetragen wurden. Es wurden selten Fragen gestellt, was ich als schade empfand. Gerade in Zeiten von Homeoffice hätte dies eine gute Gelegenheit sein können, sich zu vernetzen. Die Begründung, dass wegen Corona keine Teamevents stattfinden könnten, empfand ich als nicht zeitgemäß – diese wurde mir bis 2023/2024 mehrfach genannt. Ein Bürobesuch des Präsidenten war eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen viele Kolleg:innen vor Ort waren, was für mich auf die Prioritäten des Unternehmens hinwies. Persönlich habe ich wenig direkten Austausch mit der Geschäftsführung erlebt, und im Vergleich zu den anderen Unternehmen, wo ich gearbeitet habe, erschien mir das Verhalten distanziert und weniger offen und freundlich.
Mein persönlicher Höhepunkt war ein Feedbackgespräch mit meiner Führungskraft, in dem ich kritisiert wurde, weil ich angeblich in Meetings zu oft gähne, was als respektlos empfunden wurde. Auch andere Kritikpunkte, wie z. B. dass meine Haare „zu wild“ seien, erschienen mir in einem professionellen Umfeld unangebracht. Diese Kritik wurde leider bis zum Feedbackgespräch zurückgehalten, anstatt sie in den jeweiligen Momenten anzusprechen. Eine andere Person im Team berichtete mir später, dass ihr vorgeworfen wurde, sie würde ihre Arme zu oft verschränken. Dies bestärkte mich in meiner Wahrnehmung, dass es Unsicherheiten im Management gibt. Es wirkte auf mich, als ob Ja-Sager und Mitläufer bevorzugt ins Team geholt und gegeneinander ausgespielt wurden. Der Umgangston war meiner Meinung nach teilweise grenzwertig. Ich habe mich in einem Team noch nie so unwohl gefühlt.
Zusammengefasst: Ich persönlich konnte mich in dieser Unternehmenskultur nicht wohlfühlen, auch wenn es sicherlich Menschen gibt, die genau diese Mentalität schätzen.
Vielen Dank für diese wertvolle Erfahrung.
Verbesserungsvorschläge
Wenn man sich für junge Talente als attraktiver Arbeitgeber gestalten möchte, muss noch einiges getan werden. Ich bin meiner und der neuen Generation dankbar, dass mittlerweile neue Standards und Verhaltensweisen im Job zu erwarten sind.