Mit hohem Potenzial gestartet, dann in der Zeit stehen geblieben, und als Beratungshaus nun ohne modernes Fundament
Gut am Arbeitgeber finde ich
Das grundsätzliche Setup als ehemaliges Gründungsunternehmen mit eher studentischem und familiären Fokus hat immer noch Potenzial, wie auch viele der noch aktiven Kollegen fachlich sehr gut sind.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Als Unternehmen mit nunmehr >70 Mitarbeitern muss man ein paar wesentliche Sachen anders regeln. Durch den hohen Teil von Gründungsmitgliedern in allen Führungspositionen ist eine gewissen Blindheit ggü. der Realität eingekehrt. Die ursprüngliche und gute (Vertriebs)Story, für welche die Firma einsteht, ist verwässert worden und untauglich modernisiert worden.
Verbesserungsvorschläge
Der Führungsstil passt nicht in die moderne Zeit. Mitarbeiter brauchen Gehör und müssen sich auf Ihre Führungskräfte auch verlassen können. Der Umgang mit Technologie muss gerade in einem IT-Beratungshaus anders gelöst werden. Dafür gibt es fertige Konzepte. Die Rückmeldung aus dem aktiven Kundengeschäft muss stärker berücksichtigt und auch ernst genommen werden. Trotz aller freundschaftlichen Verbundenheit und Begeisterung untereinander ist die Notwendigkeit der Gehaltsfairness geboten.
Arbeitsatmosphäre
Innerhalb von kleinen Fachgruppen und Teams tadellos. In größeren Gewerken nimmt unkoordinierte Arbeitsweise stark zu und Rückmeldungen und Änderungswünsche versanden. Wer sich seine Arbeit ordentlich erledigt, wird völlig in Frieden gelassen, erhält aber auch kaum positives Feedback.
Kommunikation
Informationen erhält man, wenn man sich aktiv darum bemüht. Es hängt stark vom individuellen Teamleiter ab, wie viel anteilige Informationen noch fließen. Außer einer jährlichen Mitarbeiterversammlung gibt es keine Rückmeldung der obersten Führungsebene. Auch auf Abteilungsebene keine regelmäßige oder instrumentierte Kommunikationsbasis. Konfliktmeldungen werden ausgesessen.
Kollegenzusammenhalt
Hier muss man differenzieren zwischen dem Zusammenhalt als Team und der Zusammenarbeit außerhalb des Teams. Viele Kollegen führen eher ein Freelancer-Dasein. Konflikten wird aus dem Weg gegangen, aber auch nicht über die Führungsebene vermittelt.
Work-Life-Balance
Jeder muss seine Balance selber finden und ggf. auch aktiv einfordern, erhält diese aber im Prinzip uneingeschränkt zugestanden, solange es die Kunden nicht stört. Freizeitausgleich/Überstundenbehandlung ist nur informell geregelt, und unterliegt keinem nachhaltigem Konzept oder firmenübergreifenden Verständnis.
Vorgesetztenverhalten
Die Teamleiter versuchen sich in ihren Grenzen um die Teams zu kümmern. Die darüber liegende Ebene stellt sich gerne "über" ihre Mitarbeiter, aber nicht "davor". Vorgesetztenrollen ergeben sich durch Unternehmenszugehörigkeit, aber nicht durch Qualifikation oder Engagement. Durch geringste Fluktuation im mittleren und oberen Management ergibt sich hier ein starres Gefüge, welches keine externen Impulse mehr zulässt.
Interessante Aufgaben
In der Tendenz leider stark rückläufige Attraktivität in der Themenauswahl. Natürlich kann man Geschäft nur entlang seiner Kundenbasis entwickeln und ausgestalten, man kann sich aber auch gezielt mit solchen Kunden umgeben, welche sich in besonderem Maße innovations- und änderungsresistent verhalten. Erschließung neuer Themenfelder basiert auf Zufällen (oder wird im Einzelfall durch Kunden getrieben, wenn man bereits in der Lieferpflicht steht). Der interne Innovationsprozess ist untauglich, da die zuständigen Gremien falsch besetzt und dazu nicht qualifiziert sind.
Gleichberechtigung
Einseitig schwer beurteilbar, aber ich denke, trotz leider industrietypisch geringer Frauenquote läuft es diesbzgl. völlig korrekt ab.
Umgang mit älteren Kollegen
Eine altersabhängig unterschiedliche Behandlung kann man eindeutig verneinen. Gerade hier werden Generationen ausdrücklich nicht gegeneinander ausgespielt.
Arbeitsbedingungen
Das Gebäude ist eher zweckmäßig, aber nicht generell untauglich. Die Gestaltung der Räumlichkeiten und Arbeitsgruppen basiert auf klassischem Bürodenken ("mein Arbeitsplatz"), d.h. flexiblere Arbeitsformen sind möglich, aber keine Selbstverständlichkeit. Über die Akzeptanz von HomeOffice-Tätigkeiten wurde lange gerungen und wird nun eher geduldet als gefördert. Arbeitsausrüstung (Laptops) auf normalem Beratungsniveau, die eingesetzte Software-Landschaft stammt von vor fünf bis zehn Jahren. Hier hat der Schuster die schlechtesten Schuhe und verteitigt diese Position sogar ausdrücklich.
Gehalt/Sozialleistungen
Das Grundgehalt ist auf einem durchschnittlichen Niveau, aber deutlich uneinheitlich geregelt und daher insgesamt ungerecht verteilt. Die möglichen Prämienvereinbarungen sind schlecht und unattraktiv und werden trotz offener Kritik nicht überarbeitet. Es gibt ein Programm zur anonymen Soforthilfe für Mitarbeiter in Lebens- und Arbeitskrisen mit tatsächlich abrufbaren Notmaßnahmen (das ist SELTEN und ein echter Pluspunkt)
Image
Die Stimmung ist derzeit stark beeinträchtigt. Es gibt aufgestaute offene Punkte, die das Klima belasten.
Karriere/Weiterbildung
"Flache Hierarchien" haben immer zwei Seiten. Die Kehrseite zeigt, dass die Führungsebenen mit Ausnahme von Renteneintritt oder Firmenaustritt keine Innovation erfahren und leider auch keine neuen Impulse zulassen (kleine Ausnahmen für Stellvertreterpositionen, aber deren Wirkungskreis ist eher gering). Für den regulären technischen Angestellten gibt es maximal die Rollen Teammitarbeiter oder Teamleiter. Weiterbildungsmaßnahmen werden ermöglicht (z.B. Training & Kurse). Hol- und Bringschuld klaffen hier aber weit auseinander. Dort liegt auch das Problem der fehlenden nachhaltigen Innovation sowohl im Produkt-, wie im KnowHow-Bereich. Bewegung kommt von einzelnen Mitarbeitern oder Teams, aber nicht als Selbstverständnis des Unternehmens und Geschäftsfeldes.