Gute Ideen, mangelhafte Umsetzung.
Gut am Arbeitgeber finde ich
- Unvoreingenommenheit gegenüber Berufsanfängern
- Goodies wie frisches Obst, kostenlose Getränke, Essenseinladungen sowie weitere kleine Aufmerksamkeiten, die nicht selbstverständlich sind und daher sehr geschätzt werden
- Weitestgehend ressourcenschonendes und umweltbewusstes Verhalten (Glasflaschen, Recyclingpapier, regionale Produkte usw.)
- Flexible Arbeitszeiten
- Modernes Büro
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
- Keinerlei Kompetenzen in den Bereichen Mitarbeiterführung, Selbstorganisation, Kommunikation und Administration
- Respekt- und distanzloses Verhalten
- Beliebigkeit hinsichtlich vertraglicher Rahmenbedingungen
- Keine Weiterentwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten
- Kein Home Office
- Keine Sonderzahlungen
- Wenig wertschätzende Unternehmenskultur
- Spürbare Auswirkungen privater Engpässe auf den Arbeitsalltag
- Absolut keine Änderungsbereitschaft
Verbesserungsvorschläge
Was dieses Unternehmen dringend braucht, ist ein durchdachtes Personalmanagement. Ein lockeres Miteinander ist zwar nett, funktioniert aber nur, wenn man trotzdem in der Lage ist, sein Team professionell zu führen. Mir persönlich ist es nicht wichtig, dass mich mein Arbeitgeber ständig zum Mittagessen einlädt. Viel lieber wäre es mir, wenn er genau weiß, bei welchem Kunden ich gerade im Einsatz bin oder wann ich Urlaub habe – das ist auch eine Form der Wertschätzung. Lobende Worte werden zwar hin und wieder ausgesprochen, wirken aber selten aufrichtig und eher wie leere Worthülsen, die die Mitarbeiter bei Laune halten sollen. Eine einheitliche und faire Handhabung des Überstundenausgleichs würde sicher für mehr Motivation sorgen (einige Überstunden ließen sich übrigens vermeiden, wenn man während der Arbeitszeit nicht regelmäßig einer One-Man-Show Beifall klatschen müsste..). Zudem sollte man häufiger mit gutem Beispiel vorangehen und es als Arbeitgeber vermeiden, ständig auf die eigene Unlust hinzuweisen. Fazit: Viele Ideen sind gut, solange das Proklamierte aber nicht aktiv gelebt wird, können weder die Mitarbeiter noch das Unternehmen davon profitieren.
Arbeitsatmosphäre
Das Unternehmen legt großen Wert auf eine lockere, fast schon familiäre Atmosphäre. Man ist bemüht, eine persönliche und informelle Beziehung aufzubauen, die dafür sorgen soll, dass sich die Mitarbeiter eng an das Unternehmen binden. Das kann gut funktionieren, läuft hier aber leider völlig aus dem Ruder. Private und berufliche Rollen verschwimmen, Konflikte werden sehr schnell persönlich sowie emotional übergriffig und die versteckten Hierarchien führen zu Unsicherheiten im gemeinsamen Umgang. Dass man eine Wohlfühlatmosphäre kreieren möchte, die auf unnatürliche Förmlichkeiten verzichtet, ist zwar löblich, erschwert jedoch eine professionelle Zusammenarbeit. Ein im positiven Sinne familiäres Betriebsklima erfordert viel Kommunikationsgeschick, Empathie und methodisches Know-how – diese Kompetenzen sind hier leider nicht vorhanden. Außerdem stört es das Arbeitsklima erheblich, die Herausforderungen der vom Arbeitgeber frei gewählten Selbstständigkeit permanent zum Problem der Angestellten zu machen. Das offensive Einfordern von Verständnis für die familiäre Situation und das Lechzen nach Anerkennung für geleistete Stunden außerhalb der Rahmenarbeitszeit sind mehr als fragwürdig.
Kommunikation
Wichtige Informationen werden leider oftmals nicht rechtzeitig weitergegeben, was die Effizienz erheblich beeinträchtigt. Das ist sicher keine böse Absicht, sondern eher der mangelnden Organisationsfähigkeit geschuldet. Daraus resultierende Missverständnisse und Fehler übergeht man einfach oder wälzt sie auf die Mitarbeiter ab. Nicht selten werden dabei Tatsachen verdreht und für die eigene Argumentation passend zurechtgelegt. Eine teilweise beleidigende Gesprächsführung, die sich auf falsche und unüberlegte Anschuldigungen stützt, ist in diesen Fällen oft die Folge. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber meist nicht in der Lage, den Überblick über die eigene Personaleinsatzplanung zu behalten. So muss man immer damit rechnen, auch an freien Tagen mit arbeitsbezogenen Themen konfrontiert zu werden. Diese Struktur- und Planlosigkeit mündet in eine wenig wertschätzende Unternehmenskultur und ist Sinnbild der Überforderung des Arbeitgebers.
Kollegenzusammenhalt
Ich war wahnsinnig gerne Teil dieses tollen Teams. Der Zusammenhalt und die Arbeitsmoral sind beispiellos. Hier steht man füreinander ein, hilft sich gegenseitig aus und geht respektvoll miteinander um. Jeder erledigt seine Aufgaben absolut gewissenhaft und verantwortungsbewusst. Umso trauriger ist es, dass der Arbeitgeber den Mitarbeitern durch regelmäßige Kontrollanrufe das Gefühl vermittelt, ihnen nicht zu vertrauen. Dazu gibt es keinerlei Anlass!
Work-Life-Balance
Das Unternehmen zeigt sich sehr offen für Arbeitszeitmodelle jenseits der klassischen Nine-to-Five-Woche. So lassen sich für jeden Mitarbeiter flexible Lösungen finden, die gut mit dem Privatleben vereinbar sind. Zudem sollen Überstunden vermieden werden, was ich theoretisch für einen noblen Ansatz halte, der sich in der Praxis aber kaum realisieren lässt. Es ist vollkommen normal, dass es Tage gibt, an denen mehr zu tun ist und das Arbeitspensum nicht in der regulären Zeit bewältigt werden kann. Hierfür hat jeder Mitarbeiter Verständnis und ist gerne bereit, auch mal länger zu bleiben. Der Arbeitgeber scheint diesen Sachverhalt aber nicht akzeptieren zu wollen und verfolgt daher kein einheitliches und transparentes Konzept, um entstandene Überstunden abzugelten, was zu Ungleichbehandlung und Frust führt. Und anstatt den Mitarbeitern Dank für ihren Einsatz auszusprechen, unterstellt man ihnen lieber eine ineffiziente Arbeitsweise. Auch das Thema Urlaub sorgt regelmäßig für Ärger, da man immer das Gefühl vermittelt bekommt, einen Gefallen beim Arbeitgeber einzufordern, sobald man um die Genehmigung einer Abwesenheit bittet.
Vorgesetztenverhalten
Das betont ungezwungene Miteinander begünstigt ein zum Teil absolut distanzloses und grenzüberschreitendes Verhalten seitens des Arbeitgebers (Witze auf Kosten der Mitarbeiter, ständige Diskussion des Privatlebens, respektlose Gesprächsführung usw.). Eine konstruktive Kritik- und Feedbackkultur existiert leider auch nicht. Verbesserungsvorschläge finden kein Gehör, Konfliktgespräche spielen sich teilweise vor versammelter Belegschaft ab und die Sympathie für einen Mitarbeiter bemisst sich überwiegend an seiner Fügsamkeit. Im Rahmen von Diskussionen fühlt man sich als Arbeitnehmer weder als gleichberechtigter Gesprächspartner wahrgenommen noch als erwachsene, mündige Person, da man immer wieder das Wort abgeschnitten bekommt oder belächelt wird. Oft bleibt man sprachlos und ohne angemessene Lösung zurück. Insgesamt zeichnet sich das Vorgesetztenverhalten vor allem durch Unberechenbarkeit aus, die fast schon beängstigende Züge annehmen kann. Entscheidungskriterien sowie Prioritäten können sich stündlich ändern und getroffene Aussagen sind oft widersprüchlich, sodass eine Orientierung an verlässlichen Parametern nahezu unmöglich ist.
Interessante Aufgaben
Da sich das Unternehmen auf die Erstellung von Arbeitszeugnissen spezialisiert hat, ist der Tätigkeitsbereich natürlich wenig variabel. Es gibt aber auch Kunden, die eher nach administrativer Unterstützung suchen, weshalb man durchaus auch andere Aufgaben im Bereich der Personalarbeit übernehmen kann, die für ein wenig Abwechslung sorgen.
Gleichberechtigung
In der Theorie proklamiert das Unternehmen das Ziel der völligen vertraglichen Gleichberechtigung aller Angestellten – unabhängig von Bildungsabschluss und beruflichen Vorkenntnissen. Gute Idee, mangelhafte Umsetzung! Denn in der Praxis gibt es enorme Unterschiede hinsichtlich des Gehalts, der Urlaubstage und vereinbarter Zusatzleistungen. Es ist sogar vorgekommen, dass der Arbeitgeber beim Mittagspausenplausch ganz ungezwungen darüber sprach, welche "Tricks" er anwendet, um sich vertragliche Verhandlungsspielräume offen zu halten. Auch der Umgang mit den Mitarbeitern gestaltet sich wenig gleichberechtigt, sondern basiert vielmehr auf Sympathie und Tagesform. Zudem rückt das Thema Schwangerschaft erschreckend häufig in den Fokus und es wird unmissverständlich klar gemacht, dass ein Kinderwunsch nicht gerne gesehen ist (das Unternehmen beschäftigt ironischerweise überwiegend junge Frauen).
Arbeitsbedingungen
Das Büro ist hell und modern, das Arbeitsequipment sehr hochwertig und man hat wirklich alles, was man braucht. Darüber hinaus gibt es wöchentlich frisches Obst, eine große Auswahl an Getränken (man darf hier sogar jederzeit Wünsche äußern) sowie eine Küche, in der man sein Essen zubereiten kann. Da es sich um ein Großraumbüro handelt, muss man sich aber häufig mit einer eher unruhigen Arbeitsumgebung arrangieren, was Auswirkungen auf die Konzentration hat.
Gehalt/Sozialleistungen
Der Arbeitgeber zahlt ein faires Grundgehalt. Insbesondere Studenten erhalten hier einen absolut überdurchschnittlichen Stundenlohn. Anreize die über das normale Gehalt hinausgehen (z.B. Urlaubs-/Weihnachtsgeld) werden jedoch nicht in Aussicht gestellt.
Image
Als ich mich damals im Unternehmen beworben habe, gab es bereits einige negative Bewertungen, die mich sehr verunsicherten. Da mein Gesamteindruck nach dem Vorstellungsgespräch zunächst positiv war, gab ich der Sache dennoch eine Chance. Leider musste ich anschließend schnell feststellen, dass viele Kritikpunkte ehemaliger Mitarbeiter absolut berechtigt waren – trotzdem fand in der Zwischenzeit wohl keinerlei Selbstreflexion statt. Die Eigenwahrnehmung des Arbeitgebers weicht dabei so stark von der Fremdwahrnehmung ab, dass die Nöte und Belange der (Ex-)Beschäftigten erst gar nicht ernst genommen werden. Interessant ist aber, dass man sich mittlerweile doch an der Vielzahl schlechter Bewertungen zu stören scheint, was sich daran ablesen lässt, wie offensichtlich die vermeintlich positiven Bewertungen (die exakt dem Wording des Unternehmens entsprechen, sich in der Aussage wiederholen und immer kurz hintereinander veröffentlicht werden) die zuvor bemängelten Aspekte in ein positives Licht zu rücken versuchen. Dabei wäre es doch viel besser, genau hinzuhören und das eigene Verhalten zu reflektieren, um die Situation zu ändern. Dann kommen die positiven Bewertungen von alleine.
Karriere/Weiterbildung
Was ich absolut positiv hervorheben möchte, ist die Vorreiterrolle, die das Unternehmen hinsichtlich der Auswahl neuer Mitarbeiter einnimmt. Sowohl Quereinsteiger als auch Berufsanfänger erhalten hier die Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen. Entscheidend sind also nicht die berufspraktischen Vorkenntnisse, sondern eher Soft Skills wie eine gute Auffassungsgabe und hohe Lernbereitschaft. Das erlebt man auf dem Arbeitsmarkt leider viel zu selten und verdient Anerkennung. Doch auch in diesem Fall greift wieder die Devise: gute Idee, mangelhafte Umsetzung! Denn wenn man fachfremde Kräfte einstellt, sollte man großen Wert auf eine professionelle Einarbeitung und anschließende Weiterqualifizierung legen. Hier zieht sich der Arbeitgeber gerne aus der Affäre und verlässt sich darauf, dass der Mitarbeiter dem Kunden im Zweifel Expertise und Erfahrung vorgaukeln kann. Unangenehme Situationen sind daher leider vorprogrammiert und können nur vermieden werden, wenn man sich in seiner Freizeit selbst ein wenig Fachwissen anliest. In diesem Zusammenhang hätte ich mir eindeutig mehr Initiative und Verantwortungsbewusstsein seitens des Unternehmens gewünscht.