Interessante Aufgaben, mangelhafte Kommunikation: Radio mal anders.
Gut am Arbeitgeber finde ich
Interessante Aufgaben, möglicher Einstieg/Schnupperkurs für Medien (jedoch nicht repräsentativ).
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Kommunikation mit Vorgesetzten ist nur selten und eingeschränkt möglich, die Bezahlung ist angesichts vieler Praktikanten und Probearbeitern (dennoch untypisch) niedrig, Arbeitsklima und der Umgang mit Ressentiments wirkt sich sehr negativ auf die Produktivität aus.
Verbesserungsvorschläge
Echte Fortbildungen anbieten, Kompentenzbereiche und Stellenbeschreibungen definieren, Qualifikationserfassungen durchführen, ein Unternehmenspsychologe mit starker Persönlichkeit könnte Machtverhältnisse aufspüren und Personalprofis würden (etwa als Berater mit Untersuchungskompetenz) die Kompetenzen mehrerer Vorgesetzter richtig einschätzen. Insbesondere die journalistische Qualität der Produkte würde somit von unten an den deutschen Durchschnitt annähern.
Arbeitsatmosphäre
Auch die Atmosphäre leidet unter dem Missverhältnis aus Anforderung und Akzeptanz. Oft sind Hierarchien nicht eindeutig benannt (eindeutige Stellenbeschreibungen fehlen!) und verlängern den Arbeitsprozess unnötig. Das Potential ist gewaltig, die Nutzung gering. Dabei treten immer wieder Mitarbeiter mit sympathisch-mutigem Verhalten für eine bessere Arbeitsatmosphäre ein.
Kommunikation
Es finden täglich Besprechungen statt, die durchaus sinnvoll sein können. Jedoch achtet das Gros der Mitarbeiter tunlichst darauf, nicht aus der Rolle zu fallen -- das beschränkt die Möglichkeiten sehr, denn die "Empfehlungen" im Kommunikationsverhalten sind rigide. Im Vergleich zu einigen anderen Medienunternehmen wird hier offenbar Unehrlichkeit gefördert.
Kollegenzusammenhalt
Verschiedene Abteilungen und Unternehensanschlüsse liefern sich einen gelegentlich störenden und oft hinderlichen Schlagabtausch. Der Zusammenhalt über Abteilungen hinweg findet offensichtlich aus strategischen Gründen statt, die wirkliche Meinung zu Kollegen offenbart sich im Regelfall durch günstig platzierte, mündliche Mitteilungen. Ehrlicher Umgang, sogar Freundschaften kommen, wenn auch selten, dennoch zustande.
Work-Life-Balance
Arbeitszeiten von 15 Stunden (eigene Erfahrung bestätigt das) scheinen keine Seltenheit zu sein. Überstunden werden nicht bezahlt, können jedoch gelegentlich "abgebummelt" werden, was sich oft nur durch erneute Überstunden ausgleichen lässt. Tagessätze werden empfindlich gekürzt, wenn man zwei Stunden früher gehen muss, jedoch nie erweitert, wenn man sechs Stunden länger arbeitet.
Vorgesetztenverhalten
Ehrliche Kommunikation VS Angst vor Reaktion: Entweder sind die Hierarchien nicht geklärt oder Vorgesetzte reagieren aus anderen Gründen empfindlich auf detaillierte Fragen, Vorschläge und höflich-konstruktiv geäußerte Kritik, Anmerkungen zum meist freien Mitarbeiter kommen oft über Dritte zum Tragen. Auch das Suchtverhalten einiger Vorgesetzter strapaziert das Verhältnis. An der (Doppel-)Spitze herrscht offenbar Uneinigkeit, was sich in widersprüchlichen Bewertungen und kurzfristigen Entlassungen äußert. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an viele Mitarbeiter.
Interessante Aufgaben
Medientypisch ist die Aufgabendiversivität hoch. Jedoch würde etwas mehr Einbeziehung der Mitarbeiter in Lösungswege und Strategien große Verbesserungen mit sich bringen. Hier steht die oft erschreckend vernachlässigte Ausbildung der Führungskräfte in Sachen Rechtssicherheit, Führungsstil und Fachwissen einer konstruktiven Einbeziehung der Mitarbeiter (selbst wenn besser ausgebildet) im Weg.
Gleichberechtigung
Auch mir als heterosexuellem Mann wurde zu verstehen gegeben, dass männlicher Chauvinismus nicht kritisiert werden darf. Es gehört in weiten Teilen der Führungsriege zum guten Ton, Kolleginnen geschlechtsbezogen zu diffamieren. Die absolut untypische Kritik an Geschlecht, Sexualität und sogar Kleidungsstilen oder natürlichen körperlichen Beschaffenheiten überrascht mich sehr.
Umgang mit älteren Kollegen
Kritik an den wenigen älteren Kollegen ist mir hinsichtlich ihres Alters nicht aufgefallen, was an ihren entweder sehr hohen oder aber sehr unbedeutenden Positionen liegen mag (obere Chefetagen auf der einen, Fuhrpark, Catering u.Ä. auf der anderen Seite).
Arbeitsbedingungen
Die Abteilungen sind unterschiedlich stark ausgestattet. Je näher am Sendebetrieb, desto besser. Das ist branchentypisch und dennoch in vielen Bereichen deutlich unter der Machbarkeit eines sich selbst als so erfolgreich darstellenden Hauses. Luftbeschaffenheit und Temperatur sind unangenehm.
Gehalt/Sozialleistungen
Es existieren keine nennenswerten Benefits, der hohe Praktikanten- und Probearbeitsteil im dreistelligen Bereich drückt das Niveau. In entspannter freischaffender Tätigkeit sind, wie ich nun weiß, beinahe doppelt so hohe Einnahmen in derselben Qualifikationsstufe möglich -- trotz geringerem Arbeitseinsatz.
Image
Von außen betrachtet pflegt radio SAW ein gutes Image. Dem wird es in vielen Teilen nicht gerecht, wenngleich dort zu arbeiten keine schlechte Basis sein mag. Allerdings sind lange Karrieren dort nicht ohne Grund selten.
Karriere/Weiterbildung
Weiterbildungen werden intern von selten sachkundigen Kollegen abgehalten. Die Effekte auf die belehrte Belegschaft spiegeln sich in der mangelhaften Umsetzung wieder, etwa im Bereich Fotografie, neue Mediennutzung oder Datenbankpflege -- Fachpersonal von Außen scheint für radio SAW keinen Wert im Weiterbildungsbereich zu haben. Entsprechend gering ist die Aussicht auf Beförderung und Selbstverwirklichung.