Eine lehrreiche Zeit. Die Bewertung ist meine persönliche Wahrnehmung und erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit
Gut am Arbeitgeber finde ich
-Er gab immer wieder Quereinsteigern die Möglichkeit, im Unternehmen zu arbeiten.
-Die zweite Führungsriege. Sehr menschlich, sehr empathisch und der Grund, warum ich überhaupt so lange dort geblieben bin. Genauso wie mein damaliges Team
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Habe ich an anderer Stelle bereits erläutert.
Verbesserungsvorschläge
-Wirklich (!) mal den eigenen Mitarbeitern zuhören und umsetzen, was sie fordern.
-Eine realistische Warhnehmung der eigenen Fähigkeiten und der Situation des Unternehmens einnehmen.
Arbeitsatmosphäre
Sehr chaotisch, unstrukturiert, unorganisiert. Hohe Fluktuation, mitunter deshalb keine etablierten Prozesse. Strukturell verankerte physisch und psychisch hohe Belastung. Vertrauen zwischen Führung und Mitarbeiterschaft war in beide Richtungen nicht existent. Arbeitsalltag war geprägt von der Frage, welche Unwägbarkeiten heute wieder auf einen zukommen würden. Konzentriertes Arbeiten unmöglich, ich wurde ständig aus meinen Arbeitsprozessen herausgezogen, da immer wieder spontan die Priorisierung der Tätigkeiten geändert wurde. Hinterher musste man sich rechtfertigen warum die ursprüngliche Aufgabe nicht erledigt war.
Viele unnütze Meetings, die von Führungsseite anberaumt wurde, zu der die Führung selbst häufig zu spät oder überhaupt nicht erschien. Dann Ankunft mit bis zu 2 Stunden Verspätung, inklusive der Erwartung, dass das Meeting sofort nachgeholt werde. Ohnehin waren die Meetings selten zielführend, wurden von Führungsseite immer künstlich verlängert, bspw. aufgrund von Abschweifen zu anderen Themen oder Grundsatzudiskussionen, die an Ort und Stelle geführt werden mussten.
Kommunikation
Innerhalb des Teams sehr gut, zwischen Führung und Team nicht konstruktiv. Führungsetage redete gerne und argumentierte/diskutierte die kleinsten Dinge, auch wenn sie im Unrecht war. Der Wortschwall ließ mich des Öfteren häufig völlig ausgelaugt zurückt, sodass ich teilweise nicht mehr wusste, worum es ursprünglich eigentlich ging und die Führung deshalb quasi Recht behielt. Das war symptomatisch für die Kommunikation, die ich auch nie als Dialog zur gemeinsamen Problemlösung wahrnahm, sondern immer als Suchen eines Schuldigen, der zuhauf in der Mitarbeiterschaft, im Kunden, Dienstleister oder Anderen gefunden wurde. Zudem nahm ich die Kommunikation als emotional und manipulativ war. Worte wurden mir im Mund umgedreht und gegen mich verwendet, eigene frühere Aussagen von Vorgesetzen wurden geleugnet, obwohl genug Zeugen diese gehört hatten.
Es fielen immer wieder herabwürdigende (z.B."Sie sind zu dumm zum...") rassistische und auch frauenfeindliche Aussagen, die dann entweder nicht als solche gesehen, oder als Witz dargestellt wurden. Wenn argumentativ nichts mehr ging, wurde mir unterstellt, ich solle nicht so emotional sein oder ich hätte etwas gegen die Führung.
Kollegenzusammenhalt
Rückgrat des Unternehmens. Nahezu alle hielten zusammen. Man fühlte sich als Leidensgenossen. Tolle, intelligente und hilfsbereite Menschen, ohne die das Unternehmen nicht hätte existieren können, da sie diejenigen waren, die viele (unternehmensbezogene) Schwachstellen auffingen und die Arbeit erledigten. Großes Aber: Es gab Kollegen die bewusst gegen das Team spielten, eigene Unzulänglichkeiten anderen in die Schuhe schoben und nur auf den eigenen Vorteil bedacht waren. Sie wurden wiederholt überführt, wie sie Gespräche innerhalb der Kollegschaft und private Informationen an die Führung weitergaben, oder aktiv das Team diskreditierten. Das sorgte für eine sehr belastende Arbeitssituation.
Die Führung unternahm nichts, obwohl es mehrere Male sehr öffentlich zu Streitigkeiten und intensiven Konflikten kam. Ich hatte den Eindruck, dass die Informationen dieser Kollegen sogar dankbar angenommen wurde. Aber das ist meine persönliche Einschätzung.
Offenkundig redete die Führung einzelne Mitarbeiter vor ihren Kollegen schlecht und forderte sie dazu auf, doch auch mal "ihre Meinung" zu sagen. Bei Ablehnung wurde suggeriert, dass jene Kollegen doch auch schlecht über einen reden würden.
Work-Life-Balance
Musste ich mir hart erkämpfen, war aber auch nicht immer erfolgreich. Durch die sehr eigensinnigen, den Bürozeiten nicht angepassten Arbeitszeiten der Führung bestand häufig die Erwartung, dass man selbst auch länger bleiben sollte (dabei aber trotzdem morgens früh ins Büro käme). Ständig fielen kurz vor Feierabend "wichtige" Aufgaben ein, die man noch erledigen müsse, bevor man gehen könne.
Ich kam krank zur Arbeit, weil mir suggeriert wurde, ich müsste unbedingt noch etwas an jenem Tag fertigstellen, damit es noch an den Kunden rausgesendet werden könne. Letztlich war es fertig und war eine Woche später immer noch nicht versandt. Diese Art Situation gab es zuhauf. Von den Mitarbeitern wurde Unmögliches verlangt, während die Führungsetage in meinen Augen ihre Aufgaben nicht nur nicht erledigte, sondern alles tat, um die eigenen Aufgaben zu umgehen. Dies spürten wir häufig am Unmut der Kunden, denen etwas versprochen, aber nicht eingehalten wurde. Auch hier wäre die Führung oftmals ohne ihre Mitarbeiter verloren gewesen.
Vorgesetztenverhalten
Sucht seinesgleichen: Führung kam oft spät, unterhielt sich ausgiebig mit bevorzugten Mitarbeitern, schaffte eigenen Aufgaben nicht und übertrug sie - als es eigentlich schon zu spät war - auf Mitarbeiter. Zeit- und Arbeitsvorgaben wurden selbst nicht eingehalten. Schuld waren immer andere: Kunden, die eigenen Mitarbeiter, Dienstleister, der Stau, das Unwetter, etc. Die Übernahme von Verantwortung war nicht vorhanden. Genauso fehlten Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit und Empathie. Den Umgang mit Mitarbeitern habe ich als manipulativ, ungerecht und herablassend wahrgenommen. Vor mir wurde schlecht über andere (Ex-) Mitarbeiter und andere Menschen gesprochen.
Nach außen hin verkaufte man sich als erfolgreiches, erfahrenes Unternehmen - das notwendige rhetorische Geschick war dafür definitiv vorhanden. Nach innen konnten die führungseigenen Projekte nicht ohne Hilfe der eigentlich nicht dafür vorgesehenen Mitarbeiter bewältigt werden.
Immer wieder äußerte die Mitarbeiterschaft gesammelt die Bitte zu Veränderungen, allerdings wurde dieser gegenüber eine gewisse Beratungsresistenz gezeigt. Trotz mündlicher Zugeständnisse veränderte sich nichts.
Interessante Aufgaben
Das Tätigkeitsfeld an sich ist spannend - wenn man dazu kam es zu behandeln. Dadurch dass die Führungsetage selbst überfordert war bzw. ihre eigenen Aufgaben nicht verrichtete, konnte ich verantwortungsvolle Tätigkeiten übernehmen, weil ich Initiative zeigte. Das kann aber durchaus überfordern, da man ins kalte Wasser geworfen wird. Vieles habe ich mir selbst erschlossen ohne eine Einweisung erhalten zu haben. Ich habe aber auch gesehen, dass Mitarbeitern unnötige, kleinteilige und unmögliche Aufgaben gestellt wurden, ohne dass sie genau wussten, was sie zu tun hatten. Auf Nachfrage wurde gesagt, die Führung hätte keine Zeit.
Trotz vertraglich vereinbartem Aufgabenfeld wurden von mir Dinge verlangt, die nicht dazu zählten: (personal-)verwalterische Tätigkeiten, Büromanagement, Projektleitungstätigkeiten, und mehr. Zeitweise sogar Assistenzaufgaben für die Führungsetage, wie bspw. Terminvereinbarungen mit Kunden. Auch vom Vorgesetzten extra einen Anruf zu bekommen, man solle einen Termin in seinem Kalender eintragen, obwohl er es in derselben Zeit selbst hätte tun können, kam vor. Hier war allerdings meine persönliche Schmerzgrenze erreicht.
Gleichberechtigung
Nicht vorhanden. Es wurde eine Aufteilung "Mitarbeiterschaft versus Führungsebene" gelebt. Während die bereits erwähnten ein, zwei Kollegen, die nicht Teil des Teams waren, bevorzugt wurden und in meinen Augen nur niedrige Maßstäbe erwarten mussten (buchstäblich stundenlanges Kaffeetrinken und Plaudern über abseitige Themen, regelmäßige gemeinsame Mittagessen, niedrigere Leistungserwartungen, Überstunden wurden anerkannt, keine abseitigen Aufgaben, bessere Bezahlung), wurden den anderen die unmöglichsten Aufgaben übertragen. Mitarbeiter, die ihre Meinung vertraten und ihren Unmut äußerten, wurde unterstellt, sie hätten generelle Probleme mit Vorsgesetzten, könnten sich nicht unterordnen und seien nicht teamfähig.
Auf die bereits erwähnten Sprüche und Aussagen hinsichtlich Migranten und Frauen weise ich hiermit nur nochmal hin.
Arbeitsbedingungen
Die materiellen Arbeitsbedingungen waren insofern gut, als dass ich in einem modernen und schön eingerichteten Büro mit sehr bequemen Stühlen und höhenverstellbaren Schreibtischen arbeiten konnte. Zudem gab es frisches Obst und einen kostenlos verwendbaren Kaffeevollautomaten. Im Gebäudekomplex waren zudem zwei große Cafeterias, ein Ruheraum und ein Solarium vorhanden.
Jenseits der materiellen Arbeitsbedingungen, war es katastrophal. Die Erläuterungen an anderer Stelle dürften dies gut abbilden. Immer wieder gab es Kuchen oder andere Süßigkeiten von der Führungsetage für die Mitarbeiter, allerdings hätte ich gut und gerne darauf verzichtet, wenn ich dafür einen respektvollen Umgang erlebt hätte.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Ebenfalls nicht vorhanden. Es herrschte eine große Papierverschwendung. Umfangreiche Kundenmappen wurden erstellt, die lediglich für einen Termin benutzt und danach entsorgt werden konnten, da sie personalisiert waren. Hinweise darauf, dass eine Umstellung ins Digitale Papier sparen würde, wurden ignoriert. Zudem fuhr die Führungsetage gerne teure und schnelle Autos. Auch das offizielle Firmenfahrzeug, das von niemandem wirklich genutzt wurde, musste aufgrund von Repräsentation einem gewissen Schema entsprechend.
Gehalt/Sozialleistungen
Kein Weihnachtsgeld, kein Urlaubsgeld, keine Prämie, keine Sonderzahlungen, keine betriebliche Altersvorsorge, rein gar nichts. Vollzeit hatte ich offiziell eine 40-Stunden-Woche (Überstunden wurden nicht ausbezahlt oder ausgeglichen). Inoffiziell gab es keine Grenze nach oben.
Was für mich unerträglich war, war das Bangen jeden Monat darum, ob mein Gehalt kam. Mal kam es viel zu spät und in einigen Fällen überhaupt nicht, bis von der Mitarbeitschaft Druck gemacht wurde. Ich hatte immer wieder auf's Neue Existenzängste.
Image
Zu meiner Zeit häuften sich immer mehr negative Bewertungen sowohl von Kunden als auch (Ex-)Mitarbeitern. Viele waren unzufrieden. Wie es heute ist, weiß ich nicht.
Interessant fand ich, dass der Arbeitgeber selbst sehr überzeugt von sich war und das auch selbstbewusst nach außen vertrat. Kritik perlte an ihm ab und auf Nachfrage, was es mit den negativen Kununu-Bewertungen auf sich habe, antwortete er, dass die Konkurrenz diese verfasst hätte. Wir wurden sogar aktiv dazu "motiviert", eigene Kununu-Bewertungen einzustellen. Offenbar erwartete er, dass diese positiv ausfallen würden.
Diese Selbstüberzeugtheit hat mich zu Beginn beeindruckt und in mir das Image eines verheißungsvollen Unternehmens geweckt.
Karriere/Weiterbildung
Ich hatte eine steile Lernkurve, weil ich Eigeninitiative gezeigt und Aufgaben übernommen habe, die sonst untergegangen wären. Allerdings habe ich mir vieles selbst erschlossen. Es gab keine Weiterbildungsmöglichkeiten. Das Maximum war ein anderthalbstündiger "Workshop" bei der Führung selbst.
Versprochen wurde mir viel: Führungsposition, eigene Themenbereiche, die Zukunft sah sehr rosig aus. Hier muss man der Führung auf jeden Fall zusprechen, dass sie viele kreative Ideen hatte. Allerdings blieb es zu meinerzeit nur bei Luftschlössern, die in unerreichbarer Zukunft lagen, da nicht mal das Tagesgeschäft lief.