Naive (?) Vermutung: Möglichkeiten nicht genutzt?
Gut am Arbeitgeber finde ich
Unkomplizierter Umgangston durch alle Bereiche und Ebenen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Wie schon oben angedeutet: alles mein persönlicher Eindruck (allerdings auch von vielen KollegInnen geteilt). Dennoch: Die (kurzfristige) Renditeorientierung des privatwirtschaftlichen Unternehmens scheint im Vordergrund zu stehen. Der müssen sich die Ansprüche von Pflegebedürftigen und Pflegenden unterordnen. Devise: das Premium-Blech für die Geschäftsführung, der warme Händedruck für den Mitarbeiter im Kerngeschäft. Das ist sehr schade, denn gleichzeitig vermittelt Visit auf eine schwer zu ergründende Weise (der Umgangston? die relativ große Freiheit bei der Arbeitsausführung? ...) das Bild, es könnte auch anders. Aber so geht man fort mit dem Eindruck: wenig Respekt vor den Pflegenden, wenig Respekt vor dem Pflegeberuf, wenig Respekt vor den Pflegebedürftigen. Wäre schön, ich würde mich irren.
Verbesserungsvorschläge
Sind die erwünscht? ... Nun ja: Das Kerngeschäft von des Unternehmens ist die Pflege. Pflegemitarbeiter fehlen hierzulande wie der Regen in diesem Sommer 2022. Regen kann man nicht herlocken, Pflegende schon. Hierzu sei beispielsweise empfohlen ...
... die Beschäftigung mit dem Comparable Worth Index (CWI): eine Studie, die herausgearbeitet hat, dass die Anforderungen, Belastungen und Verantwortlichkeiten dessen, was Pflegende leisten, dem entsprechen, was Ingenieure leisten. Der CWI leitet daraus die Forderung nach einer vergleichbaren Bezahlung ab;
... die Beschäftigung mit der Studie "Ich pflege wieder, wenn ...", die z.B. von der Arbeitnehmerkammer Bremen veröffentlicht wurde. Darin findet man wissenschaftlich begründet, was man schon seit langem weiß: Pflegende wünschen sich ein höheres Gehalt (siehe oben), verlässliche Dienstpläne, Fort- und Weiterbildung usw. usw.
Ein Arbeitgeber, der sich wenigsten einiger dieser Knackpunkte annähme, könnte sich vermutlich vor Bewerbungen nicht mehr retten, und die Mitbewerber hätten das Nachsehen ...
Arbeitsatmosphäre
Lag vor allem an vielen - bis auf wenige Ausnahmen - angenehmen KollegInnen. Umgang der Vorgesetzten völlig ohne Ich-Chef-du-Stift-Attitüde.
Kommunikation
Zwar Besprechungen, aber vom Inhalt her oft dürftig wirkend; der Eindruck war, dass die Beschäftigten ja nicht alles wissen müssen.
Kollegenzusammenhalt
Wie überall: Mit dieser kommt man gut zurecht, mit jenem weniger. Ersteres überwog aber.
Work-Life-Balance
Wer sich nicht zur Wehr setzt, kann fortwährend einspringen, wofür es dann nur ein Dankeschön gibt. Holprige Dienstpläne, manchmal bis zu 3 Wochenenden hintereinander usw. Ausfallmanagement wird weitgehend den im Kernprozess Beschäftigten überlassen und findet ohne Gegenleistung auf deren Rücken statt.
Vorgesetztenverhalten
Menschlich sehr angenehm, aber in Bezug auf Funktion von Vorgesetzten leider oft bestimmt von juristischen und berufsbezogenen Wissensrückständen. Beispielsweise wird die Durchführung berufsfremder Tätigkeiten (Putzen, Waschen, Reinigen) erwartet.
Interessante Aufgaben
Für mich schwierig, dies eindeutig zu beurteilen: Aufgaben für mich teils recht langweilig. Andererseits teils sehr frei in der Gestaltung der Arbeit. Allerdings: mit meinem Berufsverständnis nicht zu vereinbaren, dass Angehörige bis in Details hinein Maßnahmen vorgeben dürfen.
Gleichberechtigung
Konnte keine Ungleichbehandlungen feststellen.
Umgang mit älteren Kollegen
Ältere KollegInnen werden gleichermaßen wie junge geschätzt.
Arbeitsbedingungen
Beengte Räumlichkeiten, keine Möglichkeiten für die Ablage privater Utensilien (Taschen), unzureichend vorhandene Umkleiden und Spinde.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Mülltrennung ja; Fair Trade, Recyclingpapier usw. eher nein. Mir fehlt der Einblick.
Gehalt/Sozialleistungen
Selbst für die in der Branche üblich niedrigen Gehälter noch zu niedrig und in keinster Weise der Verantwortung (Erhaltung menschlichen Lebens!) entsprechend (siehe hierzu Comparable Worth Index). Gleiches gilt für Zuschläge, Urlaubstage usw.
Image
Schwierig zu beurteilen: Die meisten KollegInnen sprachen eher negativ über das Unternehmen, wenige (in der Regel jene ohne Schichtdienst) positiv.
Karriere/Weiterbildung
Kein planmäßiges Vorgehen erkennbar. Es schien eher so, dass kurzfristig geschaut wurde, wer für welche Position in Betracht kommt, weil der Vorgänger ausgefallen war. Perspektiven, die in Mitarbeitergesprächen angesprochen wurden, blieben immer ohne Folgen.