Durchwachsene Erfahrung (ein "Vor-Pandemie-Bericht")
Gut am Arbeitgeber finde ich
Offenheit für Verbesserungsvorschläge
Verbesserungsvorschläge
Eure Mitarbeiter sind euer Kapital. Und ihr wart bei jedem einzelnen Mitarbeiter mindestens einmal so überzeugt von seinen Fähigkeiten, dass ihr ihn eingestellt habt und ihm monatlich das Gehalt zahlt. Dann sollte es im Alltag auch möglich sein, soviel Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter zu fassen, dass die Vorgehensweisen des Mitarbeiters (Art der Umsetzung, Höhe der Aufwandsschätzungen, etc.) akzeptiert werden können.
Ein weiteres Ziel könnte sein, dass die Projekte soweit eigenständig ablaufen, dass die GF wenig bis gar nicht mehr eingreifen muss. Vielleicht mal das Prozedere auf den Prüfstand stellen, mit dem Ziel, die MA/PM zu befähigen, Projekte wirklich eigenverantwortlich abhandeln zu können. Vielleicht hilft noch ein Coaching der betroffenen Kollegen, oder vielleicht macht eine weitere Hierarchie-Ebene Sinn? ("Flache Hierarchien" lockt doch ohnehin keinen mehr an, da bekommt man beim Lesen dieses Buzzwords schon das Gähnen :D).
Jedenfalls wäre für MA etwas gewonnen, wenn mehr Eigenverantwortung im Fokus stünde. Mag aber sein, dass die Pandemie in dieser Richtung als Nebeneffekt schon etwas bewirkt hat, meine Beschäftigung stammt aus der Zeit davor.
Arbeitsatmosphäre
Die Arbeitsatmosphäre lässt sich schwer zusammenfassen, da sie vielen Schwankungen unterliegt: Im Großraumbüro / in den Séparées ist die Stimmung oft gelöst und neutral bis positiv. Einflussfaktoren können dann sein: Auftragslage, Feedback der Kunden, Laune der GF, etc. - grundsätzlich ist die Arbeitsatmospähre aber eher positiv zu sehen. Sicher auch, weil viele junge Menschen in dieser Agentur arbeiten, die etwas erreichen wollen.
Kommunikation
Regelmäßige Meetings gaben einen Eindruck von dem, was gerade läuft - auch über das eigene Arbeitsfeld hinaus. Bei der Umsetzung von Projekten funktioniert auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, vor allem durch kurze Abstimmung direkt am Arbeitsplatz. Auch hier merkt man die Mentalität "Wir wollen das schaffen und gemeinsam umsetzen".
Kollegenzusammenhalt
Nicht schön: Gruppenbildung und Lästereien. Gut: Ich habe nie eine Situation beobachtet, in der ein Projektmanager oder Teamleiter sich in kritischen Auseinandersetzungen nicht vor das Team gestellt hätte.
Work-Life-Balance
Ist okay. Gelegentlich wurde bis spät Abends durchgerockt, aber häufig läuft es auch entspannt. Einige Angestellte haben Kinder und bekommen das ebenfalls mit dem Job vereinbart.
Vorgesetztenverhalten
3 Sterne von meiner Seite, aber am treffendsten wären 2,5 Sterne gewesen. Gerade die GF hat sich im Zeitraum meiner Beschäftigung den Ruf erworben in einer Art "Guter Cop/böser Cop"-Manier zu agieren. Man merkte schon eine steigende Anspannung, wenn einer der GF durchs Büro streift und Vorgehensweisen lautstark hinterfragt.
Dazu kommt eine Neigung zum öffentlichen Fingerpointing. So genügt es nicht, dass der verantwortliche Projektmanager eingesteht, das Briefing des Kunden war korrekt, der Fehler lag auf Agenturseite. Hier wäre ein guter Weg, dass der PM den Druck an den verantwortlichen Designer, Teamlead oder Developer weitergibt und zu seiner Verantwortung im Projekt steht. Unvergessen die Nachfrage eines GF: "Ich will wissen, wer das gemacht hat, wer hat das umgesetzt??". Solch ein Schauspiel unterhält auch das ganze Büro, in dem es dann plötzlich auffällig still ist.
Trotzdem scheinen diese Tendenzen abzunehmen und eine Entwicklung stattzufinden. Das kann nur gut sein, für jeden Einzelnen.
Interessante Aufgaben
Gelegentlich kommen interessante Projekte. Häufig ist es leider ein "Abarbeiten", etwa die x-te Landingpage für Kunden Y. Würde aber sagen, so etwas begegnet einem in jeder Firma. Das gehört dazu.
Gleichberechtigung
Gut: Im Alltag sind mir keine Benachteiligungen aufgefallen. Weniger gut: Kritische Bemerkungen über eine Rückkehrerin aus der Elternzeit, die nicht Vollzeit wieder einsteigen konnte/wollte ("Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll" - leider auch wieder von einem GF im Flur lautstark geäußert).
Umgang mit älteren Kollegen
Mit "ältere Kollegen" konnte höchstens der Altersbereich 35-45 Jahre gemeint sein; abgesehen von der GF habe ich sonst keine "älteren" Kollegen gesehen. Das sind dann eher die seniorigen Kollegen, die oft auch schon lange an Bord sind und zu den Leistungsträgern gehören.
Arbeitsbedingungen
Gut: Das Großraumbüro ist in Séparées unterteilt. Es wurden Maßnahmen zur Geräuschreduktion ergriffen. Nicht gut: Vielfach Schreibtische in Form von Eiermann-Gestellen, auf die lose Platten aufgelegt wurden. Gar nicht gut: Schlechte Durchlüftung im Sommer, keine Klimaanlage, viel Hitze. Leider wenig Tageslicht, da die Fenster zum Innenhof gerichtet sind.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Ich denke, die Möglichkeiten für eine Werbeagentur im Bereich Umwelt/Sozialbewusstsein sind begrenzt, sofern sie sich nicht gerade auf Werbekampagnen in diesem Bereich spezialisiert hat, und so etwas bewirkt (hat sie in diesem Fall nicht).
Ich glaube auch nicht, dass es eine Rolle spielen sollte, ob nun Fairtrade Kaffee gekauft wird oder nicht (außer es ginge darum, das eigene Gewissen zu beruhigen). Ballyhoo fördert Viva con agua, die laut eigener Aussage "allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser, Hygieneeinrichtungen und sanitärer Grundversorgung" ermöglichen wollen.
Und: Die GF hatte in der Signatur ihrer E-Mails stehen: "Der Umwelt zuliebe - nur ausdrucken, wenn unbedingt nötig". Naja...
Gehalt/Sozialleistungen
Ich bekam zwar keine "Sozialleistungen" (ich schätze, damit sind VwL gemeint), auch kein HVV-Ticket oder so, aber das Gehalt war anständig.
Image
Das Image verzeichnete zum Zeitpunkt meiner Beschäftigung ein "Minuswachstum". Wie ich schon im Punkt "Kollegenzusammenhalt" beschrieben habe, spielen Lästereien eine Rolle. Das betrifft auch Lästereien über Firma und GF. Sicher kann die GF mehr tun, aber dafür ist auch notwendig, dass Kritik offen an die GF herangetragen wird.
Karriere/Weiterbildung
Eine richtige Weiterbildungskultur erkenne ich nicht, aber ich habe Weiterbildungen in Anspruch nehmen können und auch Raum für persönliche und berufliche Entwicklung gehabt.