Kein Job für Berufseinsteiger*innen ohne Agenturerfahrung
Arbeitsatmosphäre
In den ersten drei Monaten vor dem ersten Rückmeldegespräch gab es gelegentlich Lob und konstruktive Rückmeldung von der Projektleitung/den Vorgesetzten. Danach schien es, als wäre ein Schalter umgelegt worden. Rückmeldung gab es nur noch, wenn diese negativ war. Gerade als Berufseinsteiger*in war dies nicht nur demotivierend, sondern vor allem verunsichernd.
Grundsätzlich sollte nicht unterschätzt werden, dass die Agentur in ihren Stellenausschreibungen nach „eierlegenden Wollmilchsäuen“ sucht. Und das ist nicht als Scherz gemeint. Bewerben sollte sich hier, wer tatsächlich ein Fabelwesen ist, ansonsten ist es sehr gut möglich, dass man dem Druck und den Erwartungen nicht standhält.
In den Monaten, in denen ich bei der Agentur angestellt war, wurden außerdem drei Angestellte gekündigt, was bei einem ohnehin schon sehr kleinen Team ebenfalls für Verunsicherung sorgte.
Kommunikation
Es gab regelmäßige Meetings, in denen wichtige Informationen zur Arbeit, zu Projekten und zu Plänen für die Zukunft besprochen bzw. kommuniziert wurden. Mitarbeitende wurden außerdem in die Planung und Umsetzung einer neuen Homepage mit einbezogen.
Fehlende bzw. mangelhafte Kommunikation durch den Arbeitgeber führte jedoch gerade in der Einarbeitungszeit dazu, dass Aufgaben aufgrund mangelnder Erfahrung falsch erledigt wurden oder dass ein Vortrag nicht an einen Kunden angepasst wurde, obwohl zuvor gefragt worden war, ob Zeit für die Überarbeitung des Vortrags verwendet werden sollte. Dies wurde jedoch nicht als notwendig erachtet. Das Ergebnis waren Kunden, die diesen Mangel an Erfahrung nicht nur erkannten, sondern auch kommentierten, was sehr unangenehme und verunsichernde Erfahrungen teilweise noch im ersten Monat der Anstellung waren.
Work-Life-Balance
Die Agentur hat eine Kernarbeitszeit von 10-17 Uhr. Gelegentlich können Ausnahmen gemacht werden für Arzttermine oder andere Verpflichtungen. Homeoffice wurde nur in absoluten Notfällen (Verletzungen, Glatteis) geduldet.
Die Agentur wirbt in ihren Stellenanzeigen außerdem mit Arbeitszeitausgleich. Dieser ist gegeben, allerdings muss hier beachtet werden, dass es interne Regelungen gibt, und Mehrarbeit nicht sofort Zeit ist, die ausgeglichen werden kann.
Urlaub konnte maximal für zwei Wochen am Stück genommen werden. Ebenso konnten pro Person lediglich zwei Brückentage Urlaub genommen werden. Urlaub musste grundsätzlich mit anderen Teamkolleg*innen abgestimmt werden, was bei einem kleinen Team jedoch verständlich ist.
Vorgesetztenverhalten
Meines Erachtens definitiv das größte Manko im Unternehmen. Hier wurden Kündigungen durch die Agentur dem restlichen Team mitgeteilt, bevor die betroffene Person davon wusste, und an anderer Stelle wurde es den Mitarbeitenden verboten, während der Kündigungsfrist Kontakt zu einer Gekündigten aufzunehmen, die remote gearbeitet hat.
Als ich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses meinerseits nach einem Nachweis meiner genommenen Urlaubstage für meinen neuen Arbeitgeber fragte, kam außerdem die völlig unangebrachte Frage, wie ich denn so schnell einen neuen Job bekommen hätte und dass ich doch hoffentlich nicht meine Krankmeldungen für die Bewerbungen/Bewerbungsgespräche genutzt hätte.
Interessante Aufgaben
Die Aufgaben sind dahingehend vielfältig, dass die Kunden und Projekte vielfältig sind. Viele der Projekte verlangen jedoch ein recht ausgeprägtes Technikverständnis, das mir (geisteswissenschaftliches Studium) definitiv gefehlt hat. Dieses hätte ich jedoch benötigt, um mich mit dem nötigen Maße und in der nötigen Geschwindigkeit in die Themen und Projekte einzuarbeiten.
Arbeitsbedingungen
Das Büro ist sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die Räume waren entweder Einzelbüros, oder von maximal zwei Personen belegt, und mit unterschiedlichen bunten Tapeten gestaltet. Es gab einen Rückzugsort, um persönliche Telefonate zu erledigen, und im Winter Decken für ein bisschen extra Wärme. Es wurden ein Laptop und ein zusätzlicher Bildschirm gestellt.
Hier wird außerdem versucht, die Mitarbeitenden mit dem typischen Obstkorb und kostenlosen Wasser sowie monatlichen Kuchenmitbringlisten und gelegentlichen Kostümwettbewerben zu halten.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Das Unternehmen legt viel Wert auf Nachhaltigkeit und ist stolz darauf, die erste nachhaltige Agentur in der Branche gewesen zu sein. Zu Kund*innen wird wenn möglich mit der Bahn gefahren und es wird jedes Jahr ein Nachhaltigkeitsreport veröffentlicht. Die Firma gleicht seinen CO2-Ausstoß aus und es gibt auch eine*n internen Nachhaltigkeitsbeauftragte*n. Die Kosten für ein Monatsticket wurden übernommen.
Gehalt/Sozialleistungen
Hier wird man als Universitätsabsolvent*in mit Masterabschluss deutlich unter Wert angestellt. Berufseinstieg hin oder her; es gibt vermutlich Volontariate, die mehr bezahlen.