Dienst an den Schwachen der Gesellschaft – höchst sinnstiftende Arbeit unter schwierigen Bedingungen
Gut am Arbeitgeber finde ich
- Eine von oben vorgegebene Haltung des gegenseitigen Respekts – für die Mitarbeiter, die im Dienst frei und offen ihren christlichen Glauben leben wollen aber auch gleichermaßen für die Mitarbeiter, die damit nichts anfangen können.
- Immer wieder Inhouse-Fortbildungen und fachliche Angebote zur Weiterentwicklung
- Mittlerweile kostenloses Essen im stationären Bereich
- Kostenlos Kaffee :)
- Es ist möglich, die eigenen Interessen und Begabungen voll einzubringen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Das bisherige Unvermögen, für gutes und qualifiziertes Personal attraktiv zu werden und das Unvermögen, kompetente Mitarbeiter langfristig und zufrieden an sich zu binden. Hohe Fluktuation unter den Mitarbeitern bedeutet enorme Belastung bei den zurückgebliebenen Mitarbeitern, Beziehungsabbrüche zu Kindern und Kollegen, aber auch verlorene Expertise und Erfahrung.
Verbesserungsvorschläge
- Mehr dafür tun, langjährigen Mitarbeitern zu ermöglichen, weiter dauerhaft und zufrieden ihren Dienst verrichten zu können. Diese Mitarbeiter sind durch ihre Erfahrung ein Schatz, den man stärker berücksichtigen und nutzen sollte.
- Mitarbeiter besser kennenlernen, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und zu erkennen, was sie motiviert und antreibt, aber eventuell auch verprellt.
- Den Personalgewinnungsprozess so zu optimieren, dass neue Mitarbeiter besser wissen, was konkret in ihrer Tätigkeit auf sie zukommt, aber auch selbst klarer zu sein, welches die Anforderungen an neue Mitarbeiter sind.
Arbeitsatmosphäre
Grundsätzlich positiv - wer sich für das Arbeitsfeld der Jugendhilfe entscheidet, tut dies sicher nicht alleine, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern weil man ein Herz und den Wunsch hat, den betreuten Kindern und Jugendlichen und deren Familien professionell zu helfen. Von dem her ein gutes Miteinander, in dem man sich trotz aller Belastung auch immer wieder gerne gegenseitig hilft.
Kommunikation
Definitiv verbesserungswürdig, vor allem was Transparenz angeht. Man hatte als einfacher Mitarbeiter in der Vergangenheit zu oft das Gefühl, das man bestimmte Informationen alleine der Hierarchie wegen nicht bekommen durfte oder dass Anregungen, Wünsche oder Beschwerden auf dem Weg nach oben in der nächsten oder spätestens in der übernachsten Ebene hängengeblieben sind.
Auch wenn Mitarbeiter in einem Unternehmen nicht alles wissen müssen, gibt es Sicherheit und Ruhe, wenn von oben transparent, sachlich und nachvollziehbar kommuniziert wird.
Kollegenzusammenhalt
Obwohl es eine recht große Einrichtung ist, hat man – wenn man nicht gerade mitten im Gewusel des Hauptgeländes arbeitet – vor allem mit den direkten Kollegen zu tun. Hier wird es nicht anders als bei anderen Arbeitgebern sein: Wenn es im Team knirscht und es menschlich miteinander nicht passt, hat man verloren. Wenn man sich als Team aber gefunden hat und gerne zusammenarbeitet, kann man trotz der Herausforderungen des Jugendhilfe-Alltags für seine Gruppe und seine Kinder echt was rocken und auch noch richtig viel Spaß dabei haben.
Was sich auch daran zeigt, dass es oft das Team ist, weswegen Leute kündigen und gehen, aber auch das Team ist, weswegen Mitarbeiter trotz Herausforderungen und Belastungen langfristig bleiben.
Es muss aber auch gesagt sein, dass nicht nur Mitarbeiter kündigen und berechtigerweise schlecht über die Einrichtung reden und schreiben, weil der Arbeitgeber schlecht ist, sondern diese Mitarbeiter sich letztlich oft weder menschlich noch fachlich geeignet für die jeweilige Stelle herausgestellt haben.
Work-Life-Balance
Hier ist Selbstdisziplin gefragt, wie gut und aktiv man in der Freizeit abschaltet und die oft belastenden Themen der Arbeit hinter sich lässt.
Wie überall in Arbeitsbereichen, die nur von einem kleinen Team abgedeckt werden und bei denen Menschen betreut und versorgt werden müssen, führen Urlaub und Krankheit von Kollegen schnell zu Krisen, die erfordern, dass ein Kollege einspringt.
Nach langjähriger Kritik von Mitarbeitern wurde z.B. eine Einspring-Prämie eingeführt, wenn man sich an freien Tagen entscheidet, in Krisensituationen oder bei Krankheit von Kollegen einzuspringen, das ist ein positives Signal.
Dilemma: Wenn man sich für die eigene Erholung entscheidet, leiden meist die Kollegen oder die Kinder, für die dann Notlösungen gefunden werden müssen.
Vorgesetztenverhalten
Grundsätzlich wertschätzend, nicht immer geschickt. Kritik wird angenommen, ohne, dass man dadurch Schwierigkeiten bekommt, mittlerweile sogar wertgeschätzt.
Die starren Hierarchien der Vergangenheit werden glücklicherweise immer mehr aufgeweicht und modernisiert, das wird auch noch ein längerer Weg sein.
Allgemein hatte die Diakonie in den letzten Jahren nicht immer ein glückliches Händchen, was die Besetzung von Leitungspositionen angeht, das hat u.a. auch die hohe Fluktuation innerhalb der Leitungsebene gezeigt und sicher auch Mitarbeiterunzufriedenheit verursacht.
Interessante Aufgaben
Der Alltag in einer Wohngruppe ist trotz aller Strukturen abwechlungsreich und bunt. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen steckt voller Überraschungen (positiv wie negativ) und bietet jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, sich mit seiner Persönlichkeit, seiner Fachlichkeit, seinen Interessen, Hobbies und Begabungen voll einzubringen. Gerade in Wohngruppen ist von Pädagogik in all ihren Facetten über Verwaltung bis hin zu Hauswirtschaft alles dabei.
Gleichberechtigung
In Führungspositionen arbeiten Frauen wie Männer, es gibt viele Beschäftige mit niedrigen Prozenten und flexiblen Anstellungsverhältnissen z.B. nach Elternzeit.
Umgang mit älteren Kollegen
Grundsätzlich ist der herausfordernde und actionreiche Alltag in der Jugendhilfe mit der direkten Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nichts, was man standardmäßig bis zum Rentenalter macht, von dem her gibt es vermutlich deswegen schon nicht allzu viele ältere Mitarbeiter.
Förderung und Wertschätzung von altgedienten Mitarbeitern ist generell optimierungsbedürftig, wird aber immer mehr von der Leitung erkannt.
Arbeitsbedingungen
Die Arbeitsbedingungen in der Heimerziehung hängen nicht nur vom Arbeitgeber ab, sondern vor allem davon, dass stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen grundsätzlich sehr teuer für den Steuerzahler ist. Die Jugendhilfe hat an sich eine sehr schwache Lobby in der Politik, was man im Arbeitsalltag real spüren kann.
Leider wurde in der Vergangenheit oft von der Einrichtung an Stellen gespart, die vermitteln würden, dass die pädagogischen Mitarbeiter „an der Front“ letztlich das wertvollste Gut der Einrichtung sind.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Das Sozialbewusstsein des Arbeitsgebers ist schon vom diakonischen Auftrag der Einrichtung selbstverständlich sehr ausgeprägt.
Es wäre schön, wenn der Weg weitergegangen wird, die Mitarbeiter auch mehr in den Fokus dieses Bewusstseins hineinzunehmen und nicht mehr nur die Klientel.
Gehalt/Sozialleistungen
- Wer anfängt, das steuerfinanzierte Gehalt im sozialen Bereich mit Gehältern der Industrie und Wirtschaft zu vergleichen, hat sowieso verloren. Gehalt wird nach AVR bzw. TVÖD bezahlt, was bedeutet, dass ich eine hohe Zuverlässigkeit habe, was die Rahmenbedingungen angeht. Ich muss Gehaltserhöhungen nicht regelmäßig verhandeln, sondern man rutscht automatisch in den Erfahrungsstufen hoch und jede Gehaltserhöhung, die verdi erstreikt, kommt auch bei uns an.
- Durch verschiedene Schichtarbeit-Zuschläge und Dienste an Sonn- oder Feiertagen erhöht sich das Gehalt noch einmal ordentlich.
- Weihnachtsgeld gibt es zuverlässig und im Januar nochmal einen Bonus.
- Zusätzlich zu einer Betriebsrente gibt es einen Zuschuss zu einer privaten Altersvorsorge.
Image
Die Diakonie macht bei aller Kritik (auch beim Thema Missbrauch, der aufwendig aufgearbeitet wurde) eine extrem wichtige Arbeit an den Schwachen der Gesellschaft und verkauft sich oft unter Wert.
Es wurde nicht nur viel in die Aufarbeitung, sondern auch in Prävention gesteckt und Mitarbeiter aufwendig geschult. Das Image von früher spiegelt nicht annähernd das leidenschaftliche Engagement vieler pädagogischer und nicht-pädagogischer Mitarbeiter wieder, die tagtäglich viel Herzblut, Kraft und Energie in die Begleitung von Kindern und Jugendlichen in extrem herausfordernden Lebenslagen stecken.
Karriere/Weiterbildung
Die Diakonie bzw. Jugendhilfe ist kein klassisches Großunternehmen, in dem sich jeder nur nach oben arbeiten will. Wer das möchte, hat durch interne Bewerbungsverfahren die Möglichkeit dazu, wobei es auch nicht so extrem viele Leitungs- oder Führungspositionen gibt. Ich denke, dass viele pädagogische Mitarbeiter auch gerne bewusst und langfristig direkt mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten wollen.
Pro Jahr gibt es 5 Tage Fortbildungsurlaub und 300 Euro Zuschuss für Fortbildungen.