Ich frage mich, wie ich es so lange ausgehalten habe...
Gut am Arbeitgeber finde ich
Viel Verantwortung und tiefe Einblicke auch in andere Abteilungen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Den hohen Leistungsdruck, der auf die Angestellten ausgeübt wird. Auch Monate nach Beendigung des Praktikums belastet mich die Zeit bei MYLILY psychisch.
Arbeitsatmosphäre
Im Büro war die Atmosphäre mit den Kolleg*innen durchaus gut und wir haben uns gegenseitig motiviert. Häufig hatte ich das Gefühl, dass alle einfach überarbeitet waren und sich nach dem Motto "geteiltes Leid ist halbes Leid" gegenseitig unterstützt haben. Es war normal, dass Menschen ihre Mittagspause verkürzt oder ausgesetzt haben, weil zu viel zu tun war, um es in der angedachten Zeit zu schaffen. Daher war die atmosphäre häufig angespannt.
Kommunikation
Es werden zwar Räume für Kommunikation mit dem Team und Vorgesetzten geschaffen, dennoch hatte ich häufig das Gefühl, dass es vor allem keinen Raum für Feedback gab. Wenn in Meetings Kritik geäußert wurde, hatte ich meistens das Gefühl, dass diese nicht Ernst genommen wurde. Die kritisierende Person wurde dann teilweise vor den Augen der anderen bloßgestellt. Es war nicht selten, dass eine Angestellte geweint hat. Dieser Umstand wurde als normal bewertet.
Kollegenzusammenhalt
Durch meine Zeit bei MYLILY habe ich viele tolle Frauen kennengelernt. Vor allem der Austausch mit den Kolleg*innen hat mir bei der persönlichen Weiterentwicklung geholfen. Es kam nicht selten vor, dass eine Person ihre Aufgaben nicht bewältigen konnte und sie Unterstützung von Kolleg*innen bekam.
Work-Life-Balance
Mir ist bewusst, dass ich nicht in allen Punkten den Anforderungen entsprochen habe. Da ich mit meinen Aufgaben und der großen Verantwortung von Anfang an überfordert war, habe ich teilweise am Wochenende Dinge nachgeholt, um einigermaßen hinterher zu kommen. Es ist dazu zu sagen, dass ich von Anfang an quasi zwei Praktistellen übernommen habe. Die Praktikantin eines anderen Bereichs wurde kurz vor meiner Einstellung entlassen - die Arbeit musste trotzdem gemacht werden. In diesem Punkt wurde meine Überarbeitung gesehen und die Stelle wurde wieder besetzt. Im Nachhinein hatte ich das Gefühl, dass es mir eher nachgetragen wurde, dass ich die erwartete Leistung nicht erbringen konnte und daher Geld für eine neue Stelle in die Hand genommen werden musste.
Vorgesetztenverhalten
Anfangs dachte ich, dass ich mich mit der Führungsebene gut verstehe und es ein Verhältnis auf Augenhöhe ist. Nach unangebrachten Kommentaren bezüglich beispielsweise meines Aussehens, Kleidungsstils und persönlicher (feministischer) Einstellungen, habe ich dieses Gefühl leider verloren. Auch, wenn mein Praktikum schon einige Zeit her ist, habe ich den Druck noch immer nicht verarbeitet. Durch Gespräche mit Kolleg*innen und anderen Praktikant*innen haben wir zudem gemerkt, dass eigene Aussagen teilweise verdreht wurden um Kolleg*innen Druck zu machen oder sie zu beeinflussen.
Interessante Aufgaben
Auch, wenn mir nicht alle Aufgaben Spaß gemacht haben, habe ich einige Einblicke in das Tagesgeschäft eines kleinen Unternehmens erhalten. Ich habe definitiv einiges gelernt, vor allem das Priorisieren von Aufgaben, wenn nicht alles in der vorgegebenen Zeit bewältigt werden kann.
Leider wurden mir auch Aufgaben übertragen, die für mich aus verschiedenen Gründen kaum zu bewältigen oder nur mit hohem Aufwand und Stress machbar waren. Trotz der Rückmeldung, dass dies für mich nicht machbar war, wurde mir die Aufgabe übertragen. Mit dem späteren Kommentar der Vorgesetzten "Mir war ehrlich gesagt gar nicht klar, was das für einen Aufwand bedeutet".
Gleichberechtigung
Das Start Up steht nach außen für Female Empowerment. Leider arbeiteten die einzigen zwei Cis-Männer in der Management Ebene. Ansonsten besteht der Großteil aus jungen Praktikantinnen und Berufseinsteigerinnen, die kaum Erfahrungen und Vergleichswerte haben. Die Praktis werden, wie in anderen Beiträgen beschrieben, deutlich unterbezahlt.
Umgang mit älteren Kollegen
Das Team war sehr homogen. Außerhalb der Management Ebene U30.
Arbeitsbedingungen
Gut fand ich, dass auch nach akuter Lockdown-Phase teilweise die Möglichkeit gegeben wurde im Home Office zu arbeiten. Leider gab es keinerlei technische Austattung. Die HR Praktikantin sollte zunächst mit ihrem eigenen Mobiltelefon Anrufe entgegen nehmen und ihre private Nummer auf der Website etc. angeben und konnte so auch jeder Zeit beruflich angerufen werden. Dieser Umstand wurde nach berechtigter Beschwerde zum Glück geändert
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Teilweise gibt es gute Ansätze, von der Umsetzung war ich eher enttäuscht.
Gehalt/Sozialleistungen
Wie bereits in anderen Beiträgen angegeben, habe ich als Praktikantin 450 € für vertraglich festgeschriebene 10 Stunden erhalten. Erwartet wurden mindestens das Vierfache.
Karriere/Weiterbildung
Mir war ziemlich schnell klar, dass ich in diesem Unternehmen keine Zukunft habe. Die ständige Angst, die erwartete Leistung nicht zu erbringen und infolgedessen entlassen zu werden, war höchst belastend. Dies war bei MYLILY kein Einzelfall.