Toxisches Arbeitsklima als Start-up-Kultur getarnt.
Gut am Arbeitgeber finde ich
Das Thema ist super wichtig und das Vorhaben, die Periode zu enttabuisieren und darüber aufzuklären, kann ich nur unterstützen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass die Führungsebene die Einstellungen nicht persönlich teilt und kein konstruktiver Diskurs möglich ist.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Eigentlich Vollzeit-Stellen mit Praktikant*innen zu besetzen und unrealistische Erwartungen an diese zu haben. Es wird eine steile Lernkurve versprochen und die hat man auch, aber um einen hohen Preis. Ich würde besonders Personen, die auf einen wertschätzenden Umgang wert legen und Feminismus feiern, ein Praktikum nicht weiterempfehlen. Selbst, wenn meine Erfahrung schon etwas zurück liegt, kann ich die aktuelleren Bewertungen nur bestätigen. Es hat sich offensichtlich nicht viel verändert.
Verbesserungsvorschläge
Lieber wenige Mitarbeiter*innen fest anstellen, besser bezahlen und gut in die Abläufe einbinden, als diesen Durchgangsverkehr an Praktikant*innen. Ich kann nämlich gut verstehen, dass es ermüdend sein muss, alle halbe Jahr alles wieder von vorne zu erklären. Auch für die Festangestellten würde dadurch eine angenehmere Atmosphäre entstehen und die Motivation wäre höher. Außerdem sollten jegliche ungefragte Bemerkungen über Aussehen, Herkunft oder politische Einstellungen unterbunden werden!
Arbeitsatmosphäre
Die Atmosphäre war sehr angespannt. Nicht nur die Arbeitsatmosphäre war von Stress und Druck geprägt, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene war der Umgang argwöhnisch und hinter verschlossener Tür wurde über andere Mitarbeitende schlecht geredet. Auch vor großer Runde wurden manchmal vorführende Kommentare zu einzelnen Personen gemacht, die ein schlechtes Gefühl zurückgelassen haben.
Kommunikation
Die Einarbeitung ist sehr knapp ausgefallen und man hat erst mit neuen Aufgaben gelernt, was gefordert wird. Statt Hilfestellung gab es leider erst im Nachhinein Vorwürfe, dass es hätte anders laufen müssen und man mehr von selbst Fragen solle. Ich finde, mit konkreten Arbeitsanweisungen hätten schon im Vorhinein einige Prozesse vereinfacht werden können. Aber ich hatte das Gefühl, dass der allgemeine Durchblick fehlte, da die Praktikant*innen in der Regel alle halbe Jahr wechseln und dadurch sehr viel Wissen verloren geht. Leider habe ich auch die Feedback-Gespräche nicht gerade als konstruktiv empfunden, sondern die Kritik wurde sehr persönlich und selbst kritisches Feedback zu äußern, hätte die Situation nur verschlimmert. Es gab selten Lob und insgesamt wenig Wertschätzung in der Kommunikation. Es kam sogar mehrmals vor, dass durch den hohen Druck und harte Kritik jemand weinen musste.
Kollegenzusammenhalt
Der Zusammenhalt und Austausch unter den Praktikant*innen sowie Juniors war gut und wohlwollend, da alle den Struggle der anderen mitbekamen. Das wurde allerdings von der Führungsebene nicht gerne gesehen, weil sie der Meinung waren, dadurch würde eine schlechte Stimmung befördert werden.
Work-Life-Balance
Es wurde bei einem einem Praktikum auf 450€-Basis eigentlich eine Vollzeitkraft erwartet. Auch Überstunden wurden vorausgesetzt und es kam regelmäßig vor, dass Mitarbeiter*innen auch abends und am Wochenende Aufgaben aufgetragen bekommen haben. Außerdem war es schwierig durch die Nutzung der privaten Geräte den Abstand zu wahren, wenn Anrufe oder Instagram-Benachrichtigen zu jeder Zeit reinkommen konnten.
Vorgesetztenverhalten
Es wurden auf sehr persönlicher Ebene zu Einstellungen und Aussehen komische Bemerkungen gemacht und keine sichere Umgebung geschaffen. Teilweise hatte ich das Gefühl, die Persönlichkeit war entscheidender als die tatsächliche Arbeit. Und wenn das nicht gepasst hat, wurden auch die Bemühungen nicht gewertschätzt. Ich habe das Konfliktpotenzial im Marketingteam definitiv am höchsten empfunden und die Stimmung am schlechtesten.
Interessante Aufgaben
Durch die Aufgaben konnte ich viel mitnehmen, auch wenn es mit viel zeitlichem Druck und Stress verbunden war. Ich hätte mir allerdings eine lernfreundlichere Umgebung und einen angemessene Erwartungshaltung gegenüber Praktikant*innen gewünscht. Damit ist nicht gemeint, ihnen keine Verantwortung für Aufgaben zu übertragen, sondern das Maß an Verantwortung, das Unternehmen mitzutragen.
Gleichberechtigung
Hauptsächlich junge Frauen werden durch das Thema angesprochen, aber meiner Meinung nach wird ihre Arbeitskraft ausgebeutet. Durch die geringen Arbeitserfahrungen, ist es schwerer für sich einzustehen und Kritik zu äußern. Das Verhalten gegenüber PoC ist mir außerdem als wenig sensibel aufgefallen.
Umgang mit älteren Kollegen
Gibt quasi keine älteren Kolleg*innen bzw. welche, die lange dabei bleiben. Die häufig wechselnden Praktikant*innen erschweren die Bedingungen für alle Beteiligten.
Arbeitsbedingungen
Die Ausstattung war auf das nötigste beschränkt. Praktikant*innen mussten ihre privaten Geräte nutzen und somit selbst dafür Sorgen, den nötigen Stand der Technik zu besitzen.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Nachhaltigkeit wird nach Außen als wichtige Motivation hochgehalten, aber im Unternehmen nicht wirklich gelebt. Billig schien ihnen wichtiger zu sein.
Gehalt/Sozialleistungen
Es wird argumentiert, dass es normal sei, für ein Praktikum 450€ zu bekommen. Bei dem, was verlangt wird, empfinde ich das aber nicht als gerechtfertigt.
Image
Mylily schreibt sich Female Empowerment auf die Fahne. Intern wurden aber feministische Sichtweisen abschätzig behandelt und kein safe Space generiert. Es wurde ganz klar betont, dass Mylily NICHT feministisch ist!
Karriere/Weiterbildung
Einige Praktikant*innen werden übernommen, aber der Großteil nicht. Oft weil sie es selbst nicht wollen. Dennoch bietet das Praktikum einen guten Einblick in die Abläufe eines jungen E-Commerce-Start-ups.