Nichts für ernstzunehmende Journalist*innen (bezieht sich noch auf G+J 2012)
Gut am Arbeitgeber finde ich
Die Henri-Nannen-Schule, und die Geschichte des Hauses, an die sich dringend erinnert werden sollte.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Den vollständigen Verlust des einstigen Fokus auf guten Journalismus für die Leser.
Verbesserungsvorschläge
Sich aufsplitten in Marketing-Titel (gibt es ja bereits, siehe Lufthansa-Magazin und co) und dem echten guten wertvollen Journalismus in einem eigenen Verlag wieder Platz geben. Der ist vollständig aus der Agenda verschwunden, seit es nur noch um Clickbait geht.
Arbeitsatmosphäre
Die Arbeitsatmosphäre ist künstlich und "gemacht" freundlich. Alle tun noch so, als würden sie in einem etablierten angesehenen Verlag mit großer Geschichte rund um den Qualitätsjournalismus arbeiten und blenden dabei aus, dass es sich nur noch um eine Marketingschleuder handelt, ohne jeden journalistischen Anspruch.
Kommunikation
Schon seit vielen Jahren ein Armutszeugnis. Ich weiß nicht, wie oft ich erlebt habe, dass Mitarbeiter Verlagsentscheidungen über Konkurrenzmedien erfahren haben, statt von der eigenen Verlagsleitung. Das ist respektlos und signalisiert das deutliche Desinteresse an den Mitarbeiter*innen, die nur noch für Fließband-Content-Produktion eingesetzt werden.
Kollegenzusammenhalt
Mal so, mal so. Es gibt tolle Teams, die sich selbst ein bestmögliches Leben machen und gut zusammenarbeiten, aber auch viel Missgunst und Einmischung. Nicht selten passiert es, dass eine themenfremde Abteilung (Produkt/Marketing) in redaktionelle Projekte hineingrätscht, und ohne Rücksicht auf die Expertise von Kolleg*innen und deren Wissen um ihre Leser/User/Zielgruppe eigene Ziele darüberstülpen, was regelmäßig zum Desaster und zur Leserabwanderung führt. Man hört sich nicht zu und ist nicht bereit zu lernen.
Work-Life-Balance
Wer keine News machen muss (und die gibt es ja kaum noch), hat vertragliche Arbeitszeiten, die auch eingehalten werden können. Im Haus wird aber wenig für Wohlfühlatmosphäre und Newwork getan. Die Verlagsleitung sieht sich da nicht zuständig.
Vorgesetztenverhalten
Mal so, mal so. Die ambitionierten, kompetenten und emphatischen Vorgesetzten die es gab und gibt, werfen mal früher, mal später das Handtuch, weil es zuwenig Gestatungsfreiräume und zuviel Angst vor Experimenten und Scheitern seitens der Verlagsleitung gibt. Und die, die übrig geblieben sind, buckeln nach oben, treten nach unten und horten ihre Pfründe wie Gollum. Und die Verlagsleitung hat nicht die geringste journalistische Expertise - und auch kein Interesse daran.
Interessante Aufgaben
Da gibt es wirklich sehr sehr viele. Allein - man kommt selten dazu, sie wirklich in Angriff zu nehmen, da die unmittelbaren und meist unrealistischen Ziele der Verlagsleitung immer auf Teufel komm raus Vorrang haben.
Gleichberechtigung
Die neue Verlegerin ist als Quotenfrau, eingesetzt von Bertelsmann, so ziemlich die einzige weibliche Führungskraft. Sie selbst legt aber wenig Wert auf Förderung der Diversität im Verlag.
Umgang mit älteren Kollegen
Die werden gewissermaßen gepflegt, weil die vor der Rente (Altersteilzeit) nicht mehr wechseln wollen. Das ist zwar schön für sie, führt aber zu Unbeweglichkeit und Perspektivlosigkeit in viel Abteilungen. Gute jüngere Mitarbeiter*innen wollen eben keine zehn Jahre warten, bis ein Platz auf natürliche Weise frei wird. Wie schön wäre es, wenn die älteren Kollegen einen sinnvollen und wertigen Einsatz in der Verlagsdokumentation bekämen, denn sie wissen so viel, was nach ihrem Weggang verloren geht... oh, wait, da war ja was... Dokumentationen sind ja aufgelöst worden. Unfassbar
Arbeitsbedingungen
Der kalte ungemütliche Betonklotz wird ja bald ersetzt. Ist halt alles sehr oldschool hier. Im Großraumbüre der Redaktion stießen die Stühle lange gegeneinander, so eng war es. Statt Raum zu vergrößern wurden Kolleg:innen gekündigt.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Eine Kollegin erzählte einst folgende Geschichte: "Ich habe beim Wettbewerb den Vorschlag eingereicht, die Tassenwärmer im ganzen Haus abzustellen, da sie ständig an sind und der Mehrwert warmer Tassen gering, ergo unnötige Energieverschwendung. Ich hab nach Monaten eine Absage per Post (!) erhalten mit der Begründung: 'Der Gutachter sagt, das gehört so zu jedem guten Catering.' Als Beweis hing das Schreiben des 'Gutachters' dran: Es kam von der Cateringfirma, die diese Tassenkarussels an den Verlag vermieten." Noch Fragen?
Die Personalabteilung ist aber freundlich und bemüht und tut für Mitarbeiter*innen, was ihr möglich ist, wenn sie Probleme haben.
Gehalt/Sozialleistungen
Als ich ging, gab es noch anteilig Weihnachts- und Urlaubsgeld. Einige der älteren Kollegen erhalten sogar noch Betriebsrente. Aber diese Zeiten sind wohl vorbei, wie ich höre. Und immer wieder werden neue "Firmen" gegründet um Mitarbeiter zu "versetzen" und mit neuen Verträgen (auf die die alten nicht angerechnet werden, ergo Betriebszugehörigkeit, Sozialleistungen etc) zu "versorgen", die neu verhandelt werden müssen und immer schlechter ausfallen, als die vorherigen.
Image
Immer noch viel zu gut gemessen an dem, wie sich dieser Verlag von innen selbst kannibalisiert, Online komplett verkannt und verpennt hat und journalistisch nichts mehr zu bieten hat. Sogar die GEOs verkaufen nur noch alten Wein in neuen Schläuchen.
Karriere/Weiterbildung
Wer das Spiel der Verlagsleitung mitspielt hat durchaus Aufstiegschancen - bis zu einem gewissen Level eben. Die Jüngeren kommen aber nur noch temporär für einen ansehnlichen Punkt im Lebenslauf.