Die bunte Welt der Lippenbekenntnisse - Außen "Easypeasy" , innen Patriarchat
Arbeitsatmosphäre
Offene, auf Vertrauen basierende Unternehmenskultur erlangt man nicht allein durch ein aufgezwungenes "Die Bürotüren haben immer offen zu bleiben."
Kommunikation
In Rundmails werden regelmäßig Ansagen gemacht, deren Tonalität an die von 70-jährigen Patriarchen erinnert. Das sind diese Firmeninhaber, die zwar schon längst im Ruhestand sind, aber einfach nicht loslassen können. Diese Ansagen zu hinterfragen oder gar zu diskutieren endet in der Regel mit einem: "Am Ende sind wir die Chefs und wir entscheiden das! "
Kollegenzusammenhalt
Einige verstehen sich und halten zusammen, andere tun kollegial, sind es aber hintenrum ganz und gar nicht. Wenn sie mit den Vorgesetzten auch noch privat befreundet sind, sollte man einfach sehr vorsichtig und lieber verschlossen sein.
Work-Life-Balance
Vor Corona war Home-Office ein No-Go ebenso wie flexible Arbeitszeiten. Dafür werden Überstunden nicht gern gesehen, und man muss sie anmelden, wenn man es absehen kann. Wenn man spontan welche machen muss, weil ein Projekt es mal erfordert, dann bekommt man kein Danke, sondern im angefressenen Ton den Hinweis, man möchte sie bitte zeitnah abfeiern.
Vorgesetztenverhalten
Dem Eindruck, in einem Konzern unter Vorstandsvorsitzenden zu arbeiten, kann man sich hier nicht erwehren.
Wenn man auf Fähigkeiten aufmerksam macht, die man besitzt und gerne in einem Projekt einbringen könnte und möchte, werden die Augen verdreht. Eigene Ideen und Gedanken, die man sich nächtelang gemacht hat, werden kommentiert mit "wo hast du das denn her?"
Interessante Aufgaben
Mein Job war für mich persönlich anfangs sehr interessant. Das hat ich mit der Zeit gelegt, da ich relativ schnell keine Herausforderung mehr hatte, aber vor allem weil es keine Wertschätzung für meine Arbeit und die sowohl sichtbaren als auch messbaren Erfolge gab.
Gleichberechtigung
Die Chefs sind gleicher als die Mitarbeiter;)
Umgang mit älteren Kollegen
Da alle unter 50 waren, kann man das nicht sonderlich gut beurteilen.
Arbeitsbedingungen
An sich ganz gut. Ich fühlte mich an meinem Arbeitsplatz allerdings stets wie an einem Provisorium. Ein für meine Arbeit wesentliches Programm wurde mir versprochen, aber nie installiert. Rücksicht auf Mitarbeiter, die sich konzentrieren oder telefonieren müssen, ist nicht vorgesehen.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Sozialbewusstsein: In Lebensphasen, in denen man Halt und Stabilität braucht, wird man auch als "fachlich sehr guter" Mitarbeiter fallengelassen bzw. einfach ohne jegliche Vorwarnung gefeuert. Die Gründe? Fadenscheinig. "Können wir nicht sagen... haben da so ein Gefühl... es ist ja wie in einer Beziehung, wenn es nicht passt, trennt man sich, und so weiter." Ein Schelm, wer denkt, dass die kurz vorher für einen Bruchteil vom eigenen Gehalt eingestellten und in die eigenen Projekte eingearbeiteten Kollegen der Grund sein könnten ;)
Umweltbewusstsein: kaum vorhanden. Fängt bei der inkonsequenten Mülltrennung an.
Gehalt/Sozialleistungen
Die Aufgaben können scheinbar auch Mitarbeiter erledigen, die nicht so hohe Gehaltsvorstellungen haben.
Image
Nach außen hin wohl ganz gut, weil sich die Geschäftsführung gut verkaufen kann, immer einen auf lustig und kumpelhaft macht. Nach innen und unter Ehemaligen katastrophal. Man bekommt gerade in Zeiten wie heute, wo man das Verhalten anderer Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern selbst erlebt, immer mehr das Gefühl, sich für diese Station im Lebenslauf schämen zu müssen.
Karriere/Weiterbildung
Eine professionelle Weiterbildung in Sachen Social Media und Content Management war beim Vorstellungsgespräch in Aussicht gestellt worden, habe ich mir dann aber selbst beigebracht, weil man immer wieder davon ablenkte. Es gab lediglich eine kurze Einführung in WordPress durch einen Kollegen. Alles andere fand autodidaktisch statt.