Kurzum: "Mitarbeiter kommen wegen der Firma, bleiben wegen der Aufgabe und kündigen wegen des Vorgesetzten."
Verbesserungsvorschläge
Die komplette Abteilungsleiterebene müsste ausgewechselt werden. Diese Ebene ist es, die die produktiven Mitarbeiter vergrault und in die Kündigung treibt. Diese Ebene versteht es jedoch sehr gut, diese Information nicht an die Unternehmensleitung durchdringen zu lassen. Die Unternehmensleitung weiß wahrscheinlich gar nicht, was in der Abteilungsleiterebene aus dem Informationsfluss nach Oben alles herausgefiltert wird. Die Leitung scheint aber auch kein großes Interesse daran zu haben, mal mit den Mitarbeitern direkt zu sprechen.
Kleiner Tipp: Einfach mal ins Auto setzen und freitags mal unangemeldet in die eine oder andere Dienststelle fahren, um mal mit den Mitarbeitern direkt ins Gespräch zu kommen, ohne dass der direkte Vorgesetzte als Filter fungiert.
Die Unternehmensleitung muss sich bewusst werden, dass ein Mitarbeiter, der von seinem Vorgesetzten in die Kündigung getrieben wurde, nie mehr zurückkommt und dass es mit jedem Jahr des weiteren demographischen Wandels immer schwieriger sein wird, verloren gegangene Mitarbeiter zu ersetzen und die Kompetenzen und Erfahrungen, die diese Mitarbeiter mitgenommen haben, wieder aufzubauen.
Arbeitsatmosphäre
Die Stimmung unter den Prüfingenieuren ist generell sehr schlecht. Von Vorgesetzten wird ständig Druck aufgebaut. Der zu erzielende Umsatz des Mitarbeiters steht immer an erster Stelle. Teilweise werden gestandene Sachverständige mit 30 Jahren Prüferfahrung von jungen dynamischen Abteilungsleitern wie Kleinkinder behandelt. Sehr viele produktive Mitarbeiter schieben Frust, da sie sich nur ausgenutzt fühlen und ihre Erfahrung und ihre Fähigkeiten, die für das langfristige Überleben des Unternehmens eigentlich essentiell sind, nicht gewertschätzt werden. Zwei Drittel der guten Leute haben schon gekündigt. Der Rest der guten Leute sieht sich regelmäßig nach neuen Stellen um oder will bis zur nahenden Rente einfach nur noch durchhalten.
Kommunikation
Von oben herab. Die Mitarbeiter erfahren von den Vorgesetzten nur das absolute Minimum. Teilweise werden Mitarbeiter von Vorgesetzten bewusst angelogen. Der Betriebsrat ist sogut wie unsichtbar.
Kollegenzusammenhalt
Das hängt vom Standort und den einzelnen Kollegen ab. Je schlechter der Vorgesetzte, desto besser der Zusammenhalt unter den Kollegen. In unserer Abteilung ist der Zusammenhalt unter den Kollegen ausgesprochen gut.
Work-Life-Balance
Extrem unterschiedlich.
Die Mitarbeiter, die im Büro sitzen, haben oft ein leichtes Leben, bekommen im Sommer gratis Getränke, auch mal Hitzefrei, können bei Gefallen auch einen großen Teil der Woche im Home Office verbringen, sind fast immer pünktlich zu Hause, die Arbeitszeituhr läuft, auch wenn mal nichts zu tun ist.
Die Kollegen, die oft in ganz Deutschland unterwegs sind und nicht nur für sich, sondern auch für die Bürokollegen und die immer zahlreicher werdenden Führungskräfte die Gehälter mit erwirtschaften müssen, bekommen dafür Überstunden ohne Ende, ständiges Hetzen und Zeitdruck, Arbeit bei Regen und Schnee im Winter und bei 40 Grad im Sommer und dürfen ihren Feierabend nach 10 Stunden Arbeit Hunderte Kilometer von Ehepartner, Kindern, Freunden und Hobbys entfernt abends allein im Hotelzimmer verbringen. Einen angemessenen finanziellen Ausgleich dafür gibt es nicht oder nur in Form eines Feigenblattes, um den Schein zu wahren.
Vorgesetztenverhalten
Führung im Unternehmen funktioniert nach dem Prinzip "Teile und herrsche", vor allem in den unteren Ebenen.
Man kann auch sagen: "Mitarbeiter kommen wegen der Firma, bleiben wegen der Aufgabe und kündigen wegen des Vorgesetzten."
Interessante Aufgaben
Das hängt sehr vom jeweiligen Aufgabenfeld ab. Als Prüfingenieur kann man vom Aufzug über die Elektroinstallation, die Wasserstoffanlage, Windräder, Kraftwerke, Karussel und Achterbahn bis hin zum Windkessel alles prüfen je nachdem, worauf man sich spezialisiert. Man kann immer wieder neue Leute kennenlernen und kann immer wieder neues dazulernen, sofern man sich damit arrangieren kann, Letzteres fast ausschließlich in der Freizeit nebenbei zu vertiefen.
Gleichberechtigung
Frauen werden nach den gleichen Maßstäben und Kriterien in die gleichen Gehaltstabellen eingestuft wie Männer auch. Ich habe nicht erlebt, dass Männer schlechter oder besser behandelt werden als Frauen. Es gibt auch Frauen in Führungspositionen.
Umgang mit älteren Kollegen
Ältere und erfahrene Kollegen werden von den jungen dynamischen Vorgesetzten oft als Last angesehen, da sie keine dumpfen Abnicker und Jasager sind, die sich widerspruchslos mit dem stark umsatzabhängigen Arbeitsumfeld arrangiert haben, sondern die noch Wert auf eine fachlich einwandfreie und unabhängige Prüfdurchführung legen. Es gab Kollegen, die von ihren Vorgesetzten vorzeitig in die Rente weggemobbt wurden oder die krankheitsbedingt nicht mehr so umsatzstark waren und wenige Jahre vor der Rente aus dem Unternehmen gedrängt wurden. Es gibt aber auch ältere Kollegen, die gut behandelt werden. Insgesamt ist das Bild nicht schwarz oder weiß, sondern grau.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Was soll man dazu sagen. Viele Kollegen fahren pro Woche über 1.000 Kilometer mit dem Auto quer durch Deutschland, um Prüfungen durchzuführen, die vor Ort genauso gut auch von regional ansässigen Prüforganisationen durchgeführt werden könnten. Die regional ansässigen Kollegen verdienen aber in der Regel mehr und sind deswegen teurer. Aus Auftraggebersicht ist das wirtschaftlich nachvollziehbar, aber ob das aus Umweltsicht auch so sinnvoll ist?
Gehalt/Sozialleistungen
Das Gehalt ist stark umsatzabhängig. Wer in weniger Zeit mehr Prüfungen durchführt, kann ein deutlich höheres Gehalt bekommen. Das ist von der Unternehmensleitung auch explizit so gewollt, sonst gäbe es dieses System so schließlich nicht.
Über den mit mehr Prüfungen in kürzerer einhergenden Umsatz freuen sich die Vorgesetzten, aber die Sorgfalt beim Prüfen und die Sicherheit von Anlagen und technischen Einrichtungen bleibt irgendwann auf der Strecke.
Image
Von außen Hui, von innen Pfui.
Viele neue Mitarbeiter lassen sich bei ihrer Bewerbung vom Image der Marke blenden, sind aber in der Regel relativ schnell desillusioniert, sobald sie hinter die Fassade schauen können.
Karriere/Weiterbildung
Mitarbeiter werden in der Regel klein gehalten. Weiterbildungsmöglichkeiten sind extrem stark vom persönlichen Wohlwollen des direkten Vorgesetzten abhängig. Ein persönliches jährliches Weiterbildungsbudget gibt es nicht. Um Weiterbildungen muss monatelang, manchmal jahrelang, auf Knien gebettelt werden. Oft vergebens. Ich habe den Eindruck, manche Vorgesetzte genießen das wahrscheinlich sogar.
Es gibt viele Mitarbeiter, denen seit Jahren keine einzige Weiterbildung genehmigt wurde, obwohl sie sich lange darum bemüht haben.
Sowas kenne ich von anderen Unternehmen überhaupt nicht. Da muss oft der Vorgesetzte monatelang betteln, damit manche Mitarbeitern sich dazu bereiterklären, auch mal an einer Fortbildung teilzunehmen, um ihr Wissen aufzufrischen oder zu erweitern.