Tolle Kollegen, schlechte Führung
Arbeitsatmosphäre
Die Stimmung unter den Kollegen ist sehr entspannt und fast schon freundschaftlich. Die gemeinsamen Mittagspausen waren immer lustig. Allerdings ist die Atmosphäre zu den Chefs zum Teil toxisch und unproduktiv. Entweder sind die Vorgesetzten kaum da oder sie halten stundenlange Vorträge, bei denen sie sich am liebsten selbst reden hören. Nachfragen werden als persönlicher Angriff verstanden und werden häufig mit einem Gegenangriff beantwortet.
Kommunikation
Zwar finden alle zwei Wochen abteilungsübergreifende Meetings statt, allerdings sind diese häufig inhaltslos. Wichtige Kommunikation kommt wenn, dann nur sehr spät bei den Mitarbeitern an. Vieles wird nicht kommuniziert, bis es über den Flurfunk sowieso schon alle Mitarbeiter erreicht hat. Die meisten Dinge werden als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt, auch wenn sie den Mitarbeiter selbst betreffen.
Kollegenzusammenhalt
Der Kollegenzusammenhalt ist hervorragend. Da die meisten Kollegen ungefähr im gleichen Alter sind, trifft man sich auch außerhalb der Arbeitszeit mit Kollegen. Mobbing und Co. gab es in meiner Zeit nicht.
Work-Life-Balance
Je nach Abteilung kann es vorkommen, dass es viele Dienstreisen gibt. Allerdings sind diese nicht länger oder häufiger als bei anderen Unternehmensberatungen. Ebenso gibt es kaum "Nachtschichten". Da einige Geschäftsführer bereits häufig spät kommen und früh gehen, wird das auch nicht vorgelebt.
Vorgesetztenverhalten
Die Unternehmensgruppe besteht aus zahlreichen Einzelfirmen mit jeweils eigenen Geschäftsführern (zu meiner Zeit kamen auf 2-3 Mitarbeiter ein Geschäftsführer). Das Verhalten der einzelnen Geschäftsführer ist natürlich unterschiedlich. Meine Vorgesetzten konnten von extrem sympathisch und lustig (gegenüber Kunden, die Aufträge versprachen) bis cholerisch und persönlich beleidigend (gegenüber Mitarbeitern und kritischen Kunden) sein. Das Verhältnis unter den Geschäftsführern ist zum Großteil von Konkurrenzdenken geprägt und zum Teil ebenso toxisch wie zu den eigenen Mitarbeitern. Die ehrliche Meinung von Mitarbeitern ist nur erwünscht, wenn sie die Meinung der Führungskräfte bestätigt. Kritikfähigkeit ist quasi nicht vorhanden. Laut eigener Aussage will die Geschäftsführung "nichts hören und nichts lesen". Eigene Ideen der Mitarbeiter werden zwar gefordert, aber schnell abgeschmettert ohne sich damit näher zu befassen.
Interessante Aufgaben
Man lernt viele verschiedene Unternehmen und Institutionen in der Lebensmittelbranche kennen und kann sich ein gutes Netzwerk aufbauen. Besonders für Berufsanfänger ist das interessant.
Gleichberechtigung
Sexistische Kommentare sind an der Tagesordnung. Kunden und Auftraggeber werden intern homophob und sexistisch beleidigt. Mitarbeiterinnen sind für die Geschäftsführerung keine vollwertigen Arbeitskräfte. Bezüglich der Gleichberechtigung beim Gehalt kann ich leider nichts sagen.
Arbeitsbedingungen
Das Gebäude ist extrem alt und Bedarf einer Kernsanierung. Eine Isolierung fehlt faktisch komplett, sodass es im Winter trotz Heizung klirrend kalt war und im Sommer unerträglich warm. Offiziell gibt es zwar Vertrauensarbeitszeit, jedoch wird diese sehr altmodisch interpretiert. Man kann sich die Arbeitszeit nicht frei einteilen und wird zum Teil komisch angeguckt, wenn man eine halbe Stunde früher geht (obwohl die Geschäftsführer zum Teil schon deutlich früher gehen). Überstunden durch Dienstreisen etc. können dadurch nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden. Homeoffice war zu meiner Zeit trotz der technischen Möglichkeiten nicht erlaubt bzw. den Geschäftsführern vorbehalten.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Eine Nachhaltigkeitsstrategie wird nur an Kunden verkauft. Im Unternehmen selbst wird jede Menge Papiermüll produziert, weil alle Präsentation, Unterlagen etc. ausgedruckt werden und nach einmaliger Benutzung weggeschmissen werden. Bei Dienstreisen wird aus Überzeugung geflogen oder SUV gefahren. Die Möglichkeit von Zugfahrten bleibt den Mitarbeitern selbst überlassen. Die dadurch häufig längere Reisezeit jedoch auch.
Gehalt/Sozialleistungen
Das Gehalt ist für Berufseinsteiger fair. Allerdings sollte man keine allzu großen Sprünge erwarten. Es gibt die Möglichkeit einer betrieblichen Altersvorsorge.
Image
Das eigene Image wird immer wieder als hervorragend dargestellt. Man sieht sich selbst auf einer Stufe mit den großen Unternehmensberatungen. Wenn man sich jedoch mit (ehemaligen) Kunden unterhält, hört man häufig, dass diese Darstellung nicht unbedingt der Wahrheit entspricht.
Karriere/Weiterbildung
Als Berufeinstieg (und dafür nutzen es die meisten) ist das Unternehmen sicherlich nicht verkehrt. Allerdings sind die meisten Mitarbeiter, trotz der tollen Kollegen, höchstens 1,5 - 2 Jahre im Unternehmen.