Alter Wein in neuen Schläuchen
Gut am Arbeitgeber finde ich
Man bemüht sich. Nicht immer in die richtige Richtung, aber es gibt Bewegung. Jetzt auch wieder zurück in die bewährte Struktur, die wir vor der Reorg hatten (Pardon: in eine bahnbrechend neue, innovative Struktur natürlich).
Homeoffice (Danke Corona), Abschaffung der nachmittäglichen Kernarbeitszeit, meist klappt Urlaub und Gleitzeitplanung problemlos. Wenn man in eine gute Abteilung kommt, kann es sehr schön sein. Leider kann man hier auch großes Pech haben.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Nicht direkt schlecht, aber der Zwang, 2 Tage/Woche ins Büro kommen zu müssen, obwohl man dort schlechter arbeitet als zuhause, ist ein Manko, das man leicht beheben könnte, v.a da es bereits jetzt schon Abteilungen/teams gibt, die hier keinerlei Vorgaben machen.
Es ist einfach Unfug, wenn man ins Büro fahren muss, um dort den ganzen Tag bei geschlossener Tür mit Headset in virtuellen Meetings zubringt.
Verbesserungsvorschläge
1. Die Diskrepanz zwischen Sein und Schein, Aussagen/Marketing/Propaganda und Gelebtem aufheben.
Hört man unserer Führung zu und geht dann wieder in seinen Arbeitsalltag zurück, hat das leider kaum etwas miteinander zu tun. Wie oft ich nach schmackigen Reden des Vorstand schon angefragt habe, inwieweit wir das dort genannte jetzt leben könnten und sofort wieder zurückgepfiffen und in meine Schranken gewiesen wurde, kann ich schon nicht mehr zählen. Wenn man möchte, dass die MA frei agieren, tolle Ideen einbringen, sich vernetzen und die Firma voran bringen, muss man sie auch lassen und nicht Führungskräfte dazwischen setzen, die z.B. darauf bestehen, dass dringende Kurz-Termine mit Kollegen aus einem anderen Team erst schriftlich bei der FK erbeten werden müssen.
2. Neuen MA realistische Jobbeschreibungen geben. Ich habe in den letzten Jahren so viele neue KollegInnen eingearbeitet, Alte und Junge, und nahezu jede(r) hatte eine völlig andere Vorstellung vom Jobprofil. Sehr viele waren sehr schnell von der Komplexität des Verfahrens, dem Arbeitsstress, dem Tempo, dem Arbeitspensum überfordert. Einige, v.a. jüngere, erwarteten nach kürzester Zeit eine Beförderung vom KS zum Teamlead (mindestens). Und viele sind dann weiter gezogen, nachdem wir Monatelang Zeit und Herzblut in sie investiert haben. Das könnte man sich mit mehr Transparenz und Wahrheit statt falscher Versprechen sparen.
Arbeitsatmosphäre
Ein reines Lotteriespiel, wo man landet. Es gibt offensichtlich Abteilungen, in denen alles super läuft und genauso gibt es Abteilungen, in denen es fast schon unerträglich zugeht.
Leider gibt es noch immer den Zwang, mind 2 Tage/Woche am Standort anwesend zu sein müssen.
Da muss man in den kleinen Büros bzw open Spaces (Atmosphäre eines Großraumbüros, darf aber nicht so genannt werden) rumsitzen, um dort mit altem Equipment unter schlechteren Randbedingungen (Lärm, Geratsche, Luft, Temperatur) mit seinen Kollegen an anderen Standorten zu arbeiten. Dazu wird man permanent mit Gerüchten und v.a. viel Gemotze und Geläster belästigt, statt einfach in Ruhe arbeiten zu können.
Von oben heißt es dann, dass man das ja planen kann: reden (bzw. sich dem ununterbrochenem Geratsche der anderen aussetzen müssen) an den Bürotagen, konzentriertes Arbeiten zuhause. Funktioniert halt nicht bei Jobs, bei denen man seine Anwesenheiten Wochen im Voraus planen muss und sowieso nie weiß, was das Tagesgeschäft bringt.
Kommunikation
IDA. DIE Plattform für unsere Kommunikation. Berge unwichtiger Selbstbeweihräucherung und Marketing verstecken die relevanten Themen.
Gibt es mal wirklich wichtige Themen (z.B. neue Tools), sind die meisten Dokumentationen einfach furchtbar schlecht. Keine vernünftige Anleitung, keine Infos, keine Problemlösungen und so sucht jeder einzelne MA selbst, wie man mit dem neuen Tool arbeitet, wie man irgendwas konfiguriert und wieso xy nicht funktioniert (um dann Wochen später zu erfahren, dass diese Funktionen (nur aktuell oder dauerhaft - wer weiß das schon) nicht vorgesehen sind). Die interaktive "Kommunikationsseite" dazu haben den Komfort eines Text-Editors, sind furchtbar zu bedienen und zu lesen und versanden daher immer wieder recht schnell.
Auch ansonsten soll man natürlich interagieren /"netzwerken". Da das Tool den Charme einer Pinnwand im Supermarkt hat und alles, was nicht überschäumend positiv ist, sofort gerügt wird, feiern sich dort zumeist nur diejenigen, die genau dafür bezahlt werden. Der Rest hat sich schon längst frustriert und genervt abgewendet und netzwerkt am Kaffeeautomaten, wo die Kollegen wieder über "die da oben" ablästern.
Kollegenzusammenhalt
Auch hier gilt: Kommt drauf an. Es gibt Abteilungen/Teams, die hält der pure Hass auf "alles da oben" zusammen. Andere mögen sich z.T. wirklich und haben einen tollen Zusammenhalt, bei den meisten dürfte es wohl -wie in jeder Firma- mal so mal so sein, daher durchschnittliche 3 Punkte.
Gibt es guten Zusammenhalt, dann i.d.R. nur im engsten Kreis. Je weiter es nach "draussen" und v.a. nach "oben" geht, desto schlechter wird der Zusammenhalt.
Die große Reorganisation sorgte natürlich auch dafür, dass funktionierende Work- und Informationsflows zerrissen und nicht mehr neu aufgebaut wurden. Viele Menschen mit viel Know-how und v.a. großem Commitment zu ihren Themen sind gegangen, viele ohne fachliche Ahnung und ohne jeglichen Bezug/Bindung zum Produkt kamen (und gingen) und daher hört man mittlerweile leider sehr oft nur nur noch "keine Ahnung", "nicht mein Thema".
Leider hat man den großen Fehler gemacht und sehenden Auges viele Fachleute gehen lassen und lieber neue, ahnungslose für teuer Geld eingekauft. Den Preis zahlt man jetzt dafür.
Work-Life-Balance
I.d.R. sehr gut. Es gibt Gleitzeit, mittlerweile ohne Kernarbeitszeit am Nachmittag. Neue Arbeitszeitmodelle mit reduzierten Stunden bekommt man problemlos. Je nach Abteilung ist die Urlaubsplanung meist kein Problem, auch kann man meist problemlos spontan stundenweise oder ganztags gleiten.
Natürlich hängt das auch immer sehr vom Job, den Kollegen und den Führungskräften ab, aber wir haben hier in unserer Abteilung kaum Probleme.
Vorgesetztenverhalten
Eines der größten internen Probleme. Man hatte bei der letzten Reorganisation die tolle Idee, fachfremde Menschen, die "inspirieren und begeistern" in Führungspositionen zu setzen.
Die sitzen da jetzt, haben keine Ahnung von irgendwas, reichen meist Forderungen von oben ungefiltert durch und haben ganz vergessen, dass sie eigentlich inspirieren sollten.
Es gibt die, die sich schlicht vor ihren MA verstecken und nur noch schriftlich Anweisungen raushauen, welche, die gerne auch mal in größerer Runde motzen und einzelne MA vor allen anderen niedermachen und andere, die die eigene Arbeit von den MA mit Know-how erledigen lassen und Lob und Anerkennung dafür selbst einheimsen.
Gerüchte besagen, dass es auch noch ganz andere, richtig gute gibt. Die ihre MA sehen, für sie da sind, sie loben und Leistungen anerkennen. Das sind wohl die, die hier 5-Sterne Lobgesänge verursachen. Leider haben wir noch nicht herausgefunden, in welcher Abteilung die sich verstecken.
Interessante Aufgaben
Vor der großen Reorg waren unsere Jobprofile sehr umfangreich, die Arbeit war fordernd, abwechslungsreich und sehr interessant und wir haben selbständig und eigenverantwortlich gearbeitet und entschieden.
Danach gab es zig neue Führungsebenen (oftmals ohne fachliche Kompetenz) und man erledigte nun deren Arbeit mit und musste jede Entscheidung, die man jahrzehntelang alleine getroffen hat, schriftlich durch mehrere Ebenen fachfremder FK durchschleifen. Bis da er letzte seine Meinung gebildet hatte, hatte der Kunde schon entnervt abgewunken.
Jetzt kehrt man wieder in die Struktur vor der Reorg zurück, man darf dann hoffentlich auch wieder offiziell mit anderen Menschen, die am selben Thema arbeiten, sprechen und die Hoffnung bleibt, dass die Aufgaben wieder komplexer und interessanter und v.a die Eigenverantwortung wieder größer wird.
Gleichberechtigung
Gefühlt und vermutlich auch real wurden sehr viele Frauen zwischen 20 und 40 im mittleren Management eingesetzt (Siehe auch Punkt Vorgesetztenverhalten). Die Grundaussage dahinter ist toll, denn viele Jahre war die AKDB ein Altherren-Verein. Man muss nur aufpassen, dass man sich nicht in Quoten verstrickt, sondern auch auf Kompetenzen und (Soft-)Skills achtet. Denn geht es darum, werden leider weiterhin kompetente Frauen gerne hinter lauten oder gut vernetzten Männern zurückgesetzt.
Ansonsten gibt es Gleichstellungsbeauftragte und ein Bestreben, diversity nicht nur als Schlagwort zu verwenden, was man gerade in der heutigen Zeit nicht lobend genug erwähnen kann.
Umgang mit älteren Kollegen
Auch hier: gemischt.
Als älterer Kollege kann ich sagen: in unserer Abteilung wissen zumeist ebenfalls ältere bzw langjährige MA und Vorgesetzte unser Know-how, unser breites Wissensspektrum, unseren hervorragenden Kontakt zu Kunden, unsere Erfahrung bzgl Entwicklungstendenzen etc sehr zu schätzen.
Viele der Jungen/Neuen, die von uns eingearbeitet werden, sehen das genauso. Wir vermitteln nicht nur fachliches Wissen (bringt ja leider kaum mehr jemand mit), sondern müssen oft bei den basics z.B. bzgl Technik oder Bürosoftware anfangen.
Natürlich bringen gerade jüngere oft "neue" Ideen mit, was super wichtig und gut ist. Dass viele dieser "neuen Ideen" nicht neu, sondern bereits ausprobiert und gescheitert sind, muss man dann schonend vermitteln. Leider liest man dann hier, dass "die Alten" festgefahren und nicht offen für neues sind. Wir wären in unserer Abteilung ganz schön aufgeschmissen, wenn wir nicht täglich dazu lernen und uns weiter entwickeln würden. Aber nicht alles, was in den Augen der jungen Kollegen "neu" ist, muss zwingend gut sein.
Arbeitsbedingungen
Meist kleine Zimmer, ein Großteil im Sommer extrem heiß und stickig. In Nürnberg eine große Fläche (open space). In Regensburg wird (demnächst?) auch zu open space umgebaut.
Soft- und v.a. Hardware sowie die Möbel sind streckenweise sehr veraltet. Geputzt wird auch kaum etwas, d.h. die Sachen gammeln vor sich hin. Dazu Flecken an Wänden und Böden.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Maximal in IDA propagiert. Gelebt sehe ich hier nichts.
Gehalt/Sozialleistungen
In den letzten Jahren brauchte man dringend Personal und hat hier viele für (sehr) teuer Geld eingekauft. Das dabei der ein oder andere "Fehlkauf" dabei war, ist kein Geheimnis.
Manche Leistungsträger krebsen z.T. seit Jahrzehnten bei ihrem Einstellungsgehalt herum, weil jegliche Gehaltsverhandlung oder gar Hochgruppierung konsequent abgeschmettert wurde/wird.
Es gibt (bewußt) keine Jobprofile und da selbst in unserer Abteilung keiner die selben Aufgaben wie der Andere hat, daher kann sich natürlich das Gehalt auch nur schwer vergleichen.
Fakt ist aber leider, dass Mehrarbeit (Wochenende, Urlaub, Krankheit), zusätzliche Aufgaben, Führungsthemen, außerordentlicher Einsatz, Innovationen und proaktive Verbesserungen kein Grund für monetäre Anerkennung sind.
Fakt ist auch, dass es enorm frustriert, wenn neue KollegInnen mit kleinem Aufgabenpool, sehr einfachen Themen und ohne jegliche Verantwortung, deutlich mehr verdienen als langjährige Wissensträger mit Verantwortung.
Image
Wir sind ganz offiziell ein Great place to work.
Es scheint also Bereiche zu geben, in denen Leute gerne arbeiten. Oder zumindest so bewerten. ;)
Unsere Kunden und auch viele KollegInnen sehen das leider oftmals nicht ganz so euphorisch.
Karriere/Weiterbildung
Weiterbildungen sind sogar Pflicht, auch wenn man sie dann oft wegen zu viel Arbeitspensum nicht besuchen kann. Karriere macht man damit aber leider nicht.
Es wird demnächst eine Fachkarriere für eine Handvoll Leute geben. Man darf gespannt sein.