Wenige Freiheitsgrade, viel Mikro-Management
Gut am Arbeitgeber finde ich
Gehälter wurden pünktlich überwiesen. Zeugnis zum Abschluss war gut formuliert und schnell fertig.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Capgemini ist ein Konzern und ein Konzern braucht Prozesse, schon klar. Dennoch gibt es hier großen Optimierungsbedarf in vielen Bereichen (Zeiterfassung, Forecasting, Rechnungstellung uvm).
Entscheidungen werden langsam und übervorsichtig getroffen (spöttischer Satz: "hier gilt Legal first!"). Kein Mut für vielleicht mal notwendige unkonventionelle Entscheidungen.
Verbesserungsvorschläge
Der Zielerreichungsprozess (Calibration Prozess) sollte aus meiner Sicht dringend geändert werden. Entsprechende Anregungen meinerseits wurden ignoriert.
Insgesamt herrscht viel zu viel Mikro-Management. Jeder ist bestrebt, dass in "seinem Bereich" keine rote Ampel leuchtet. Das große Ganze wird nur selten von wenigen Kollegen betrachtet.
Arbeitsatmosphäre
Ich habe die Atmosphäre als angespannt wahrgenommen, da bei den Consultants ein großer Faktura-Druck herrscht. Optionen zur Verbesserung der Atmosphäre (zum Beispiel ein onsite Team-Meeting) werden aufgrund von entstehenden Kosten nicht wahrgenommen.
Informelle Meetings werden bewußt in die Mittagspause gesetzt, damit in der Regel-Arbeitszeit auf Kundenprojekte fakturiert werden kann.
Kommunikation
Aus meiner Sicht verbesserungswürdig. Entscheidungen des Top-Management werden straff nach unten delegiert, wenig Erklärungen. Insgesamt ist der Alltag sehr Meeting-lastig (Teams). Es wird viel Mikro-Management betrieben.
Kollegenzusammenhalt
Da kann ich nur für den Standort Ratingen und die Projekte sprechen, in die ich involviert war. Hier war der Zusammenhalt gut, freundlich, zugewandt.
Work-Life-Balance
Geregelte Arbeitszeiten waren für mich die Regel (also nicht mehr als 10 Stunden pro Tag, keine Arbeit am Wochenende). Liegt vermutlich auch am Betriebsrat, den ich als stark empfunden habe.
Wer eine ruhige Kugel schieben und unter dem Radar fliegen möchte, hat gute Chancen auf Erfolg.
Vorgesetztenverhalten
Hängt natürlich vom Vorgesetzten ab. Ich persönlich habe wohl Glück gehabt, aber es gibt auch Kollegen mit Personalverantwortung, die uninteressiert oder schlicht ungeeignet sind. Insgesamt habe ich eine starke "Top-Down nach unten Kommunikation" vom Management erlebt. Das geht sicher besser.
Interessante Aufgaben
Im Consulting Bereich hängt vieles von den Projekten ab, in die man involviert ist. Das ist sehr ungleich verteilt. Es gibt viele Kollegen, die kein Projekt haben und dann Kollegen, die "Land unter" sind. Interne Themen, die interessant sein könnten, werden maximal halbherzig behandelt, da im Zweifel ein Geld bringendes Kundenprojekt immer (!) Vorrang hat.
Gleichberechtigung
In dieser Hinsicht empfinde ich Capgemini als hervorragend. Diversität ist ein wichtiges Thema und wird auch gelebt.
Umgang mit älteren Kollegen
Grundsätzlich OK, ich hatte allerdings ein oder zweimal den Verdacht, dass im Zweifel der jüngere Kollege für eine Führungsposition ausgewählt wird.
Arbeitsbedingungen
Grundsätzlich ist Home Office Trumpf, man ist ca. 1 Tag die Woche im Büro. Das Büro in Ratingen ist ok, man kann dort gut arbeiten, wenn man mit Clean Desk Policy und Großraum-Büro zurecht kommt. Die ganz kleinen Besprechungsräume sind leider gesperrt, das erschwert ein konzentriertes Arbeiten.
Zu den Arbeitsbedingungen gehören für mich auch die (administrativen) Systeme. Diese sind umständlich, nicht miteinander vernetzt, schwerfällig. Kurz gesagt: eine Zumutung für Mitarbeiter einer Firma, die mit dem Schlagwort "Innovativ" wirbt.
Gehalt/Sozialleistungen
Ich würde mein Gehalt als branchenüblich bezeichnen. Gehalt kam immer pünktlich, Sozialleistungen werden angeboten.
Die Bestimmung des variablen Gehalts erfolgt im Rahmen sogenannter "Calibration Meetings", wo ein im Vorfeld definiertes Budget auf Mitarbeiter einer Kohorte (Cluster) verteilt wird (und kein Cent mehr). Will man also viel vom Kuchen abhaben, so braucht es Kollegen, die unter-performt haben im Vergleich. Dies war einer der maßgeblichen Kündigungsgründe, da dieses Verfahren sicherlich nicht zu Team-Zusammenhalt usw. führt. Ganz im Gegenteil.
Image
Intern hat das Unternehmen keinen guten Ruf. Ich habe viel Zynismus und Galgenhumor erlegt.
Karriere/Weiterbildung
Weiterbildung? Nicht vorhanden. Für externe Weiterbildungen oder Zertifikate ist kein Geld vorhanden, der Besuch von Veranstaltungen (die ja durchaus mal lehrreich und mehrwertstiftend sein könnten) ist untersagt (strikte Reiseverbote für non-customer Themen). Wer kein Projekt hat, kann vielleicht mal eine interne Schulung nutzen (qualitativ sehr unterschiedlich). Wer fulltime auf Projekten ist, hat kaum Chancen (es gilt immer: Customer first)