Interessante Branche, schwieriger Arbeitgeber
Gut am Arbeitgeber finde ich
- gute Kollegen und (direkte) Vorgesetzte
- interessante Tätigkeiten und Technologien
- Freiheiten bei der Arbeitsgestaltung in der Entwicklung
- die Möglichkeit auf Home-Office
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
- unterdurchschnittliches Gehalt / keine Tarifbindung
- instransparente oder fehlende Entwicklungsmöglichkeiten
- schwache Kommunikation der Geschäftsführung
- 39,5 Stunden pro Woche Arbeitszeit sind nicht zeitgemäß
- die Belastungsgrenzen der Mitarbeiter werden ausgereizt ("Fachkräftemangel")
Verbesserungsvorschläge
- Entscheidungen z.B. zu Gehaltsanpassungen und Sonderzahlungen transparent kommunizieren
- Gehaltsbänder offenlegen
- Anforderungen für Karriereentwicklung offenlegen
- entweder selbstständig die Gehälter fairer gestalten oder einen Tarifvertrag eingehen
- mehr Mitarbeiter einstellen, um die Arbeitslast der Kollegen auf ein nachhaltiges Niveau zu reduzieren
- der Belegschaft konkrete Wertschätzung zukommen lassen (insbesondere durch bessere Gehälter); tausend Mal "Danke" sagen und dann trotzdem die Merit-Runde ausfallen zu lassen passt einfach nicht zusammen
- die Vollzeit auf 35 Stunden pro Woche reduzieren (bei gleichem Gehalt), um die Work-Life-Balance zu verbessern
Arbeitsatmosphäre
Innerhalb der einzelnen Abteilungen bzw. Teams sicherlich angenehm, aber insgesamt gesehen kommt es öfter zu (Interessen-) Konflikten. Insbesondere gewisse Entscheidungen der Führungsebene bezüglich der Gehälter, Auszahlungen von Sonderzahlungen und der Umgang mit der Belegschaft sowie dem Betriebsrat sorgen zur Zeit für recht große Spannungen.
Kommunikation
Sehr viel Flurfunk. Zwar gibt es regelmäßige E-Mails zu aktuellen Themen (sowohl von der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat und der CEO-Ebene), aber viele der getroffenen Entscheidungen - vor allem die der Geschäftsleitung - sind intransparent und sorgen für eine aktive Gerüchteküche. Auch die Arbeitsatmosphäre leidet dadurch, dass nur wenige verstehen, aus welchen Gründen bestimmte Entscheidungen getroffen werden.
Beispiel: Ein großer Teil der Belegschaft hat eine Gehaltserhöhung bekommen. Es wurde aber zu keinem Zeitpunkt kommuniziert, wie diese Anpassungen zustande kommen, was die Kritieren für eine Gehaltsanpassung überhaupt sind und warum der andere große Teil der Belegschaft diesbezüglich nicht berücksichtigt wird. Im Hinblick darauf, dass die letzte Gehaltsrunde aufgrund von mangelndem Budget - so die Aussage der Geschäftsleitung - ausgefallen ist, verwundert es, dass nun doch Geld freigeworden ist. Hier wird einfach viel zu wenig und intransparent kommuniziert, weswegen die entstandenen Spannungen wirklich nachvollziehbar sind.
Kollegenzusammenhalt
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen, insbesondere im eigenen Team oder auch in der Abteilung, macht Spaß. Reibungen entstehen manchmal durch unterschiedliche Arbeitsprioritäten der Abteilungen - die einen müssen sich Zeit für Entwicklung nehmen, die anderen stehen unter Zeitdruck für eine laufende Produktion. Manchmal ist es schwierig einen Mittelweg zu finden und gemeinsam daran zu arbeiten.
Ansonsten kommt im Betrieb oft ein Zusammenhalt durch eine "Wir-gegen-die-da-oben"-Mentalität zustande. Das ist nicht gesund für den Betrieb, schürt aber zumindest Gemeinschaftlichkeit.
Work-Life-Balance
In der Entwicklung 39,5 Stunden in der Woche mit Gleitzeit und mittlerweile 30 Urlaubstagen. Home Office ist eine Möglichkeit und kann mit dem Vorgesetzten besprochen werden - ist aber nicht direkt Teil des Vertrags. Manchmal muss die Arbeit auch technisch bedingt vor Ort stattfinden, aber das funktioniert schlichtweg nicht anders.
39,5 Stunden sind allerdings nicht mehr zeitgemäß, gerade wenn man eine Familie hat und beide Elternteile aufgrund der explodierenden Preise vollzeit arbeiten müssen. Viele Unternehmen in ähnlichen Branchen werben daher bereits mit 35-Stunden-Wochen, was den Arbeitnehmern entgegenkommt. In diesem Betrieb sehe ich es nicht kommen, dass die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt reduziert wird.
Eine andere Stellschraube für die Work-Life-Balance ist das Gehalt. Z.B. würde mehr Gehalt es einer Familie idealerweise erlauben, dass nur ein Elternteil vollzeit arbeiten müsste. Das Gehalt in diesem Unternehmen ist nicht tariflich geregelt und scheint zwischen den einzelnen Arbeitnehmern ziemlich stark zu fluktuieren. Meiner Beobachtung nach verdienen viele jedoch unterdurchschnittlich, was das Leben schlichtweg schwieriger macht.
Vorgesetztenverhalten
Ich habe gute Erfahrungen mit meinen (direkten) Vorgesetzten gemacht. Bei Konflikten wurde ich immer in irgendeiner Form in Schutz genommen bzw. aus manchmal auch persönlichen Spannungen aus der Schusslinie genommen. Die (direkten) Vorgesetzten reden direkt und nehmen sich Zeit, falls man Anliegen hat. Allerdings habe ich auch schon andere Vorgesetzte erlebt, die ihre Arbeit und Führungsposition wesentlich hierarchischer angehen.
Interessante Aufgaben
Die Aufgabengebiete an sich sind interessant - hier gibt es viele verschiedene Themen, denen man sich potenziell widmen kann. Besonders in der Entwicklung werden einem Freiheiten eingeräumt, was beispielsweise Problemlösung, Auswahl von Hardware, Auswahl von Tools, usw. angeht. Jedoch scheint gerade jeder Kollege - egal, ob in der Produktion, Entwicklung oder sonst wo - an der Belastungsgrenze zu arbeiten. Es werden neue Projekte angenommen und versucht voranzutreiben ohne die notwendigen Kapazitäten dafür zu stellen. Dadurch leiden die besagten Freiheiten, da man oft versucht das Tagesgeschäft in den jeweiligen Projekten abzuarbeiten. Der Fokus liegt dann nicht mehr auf innovativer und zukunftsweisender Arbeit, sondern darauf im Status Quo zu überleben. Mehr Kollegen könnten diesem Problem entgegenkommen, um die jetzigen Kollegen zu entlasten.
Gleichberechtigung
Bisher habe ich keine Form der Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht oder Ethnizität direkt wahrgenommen. Da bin ich aber auch in keiner sinnvollen Position, um das beurteilen zu können.
Umgang mit älteren Kollegen
Es wäre dem Unternehmen ein Anliegen, langjährige Kollegen durch Wertschätzung zu motivieren und im Betrieb zu halten. Das sind die Mitarbeiter, die geholfen haben, den Betrieb aufzubauen und zu dem zu machen, was er heute ist. Und das sind die Kollegen, die großes Expertenwissen angesammelt haben und an die jüngeren Kollegen weitergeben. Ich habe bisher keine angemessene Form der Wertschätzung miterlebt. Ältere Kollegen werden wie alle anderen Kollegen auch behandelt - als wären sie leicht ersetzbar.
Arbeitsbedingungen
Die Arbeitsplätze sind in der Entwicklung angenehm eingerichtet. Es gibt höhenverstellbare Tische und Stühle, hochauflösende Bildschirme und eine moderne technische Ausstattung zum Arbeiten. Die Büros der Entwicklung sind durch Glaswände vom Flur getrennt und bieten eine Kapazität von vier Plätzen. Rückzugsmöglichkeiten für ein konzentriertes Arbeiten sind nicht vorhanden, d.h. man muss sich mit den Büronachbarn arrangieren oder sich ein anderes Büro suchen (freie Platzwahl).
Die Computer sind technisch gesehen hochmodern ausgestattet, jedoch scheitert es oft an der installierten Software oder an den Systemkonfigurationen. Insbesondere durch gefühlt wahllose Umstellungen der Administratorenrechte kam es bereits einige Male für Entwickler zu Frust.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Das Gebäude hat Solarpanele auf dem Dach, das Licht in den Räumen und auf den Toiletten wird per Bewegungssensor ein- und ausgeschaltet, Wasserhähne laufen nur für ein paar Sekunden nach Sensoraktivierung, usw. Insgesamt macht das alles wahrscheinlich keinen großen Unterschied, weil die Laserproduktion z.B. durch die Verwendung von Reinräumen energieintensiv ist. Genaues kann ich zu diesem Thema jedoch nicht sagen.
Gehalt/Sozialleistungen
Die Gehälter sind nicht tarifgebunden, d.h. jeder bekommt das, was er oder sie bei der Bewerbung ausgehandelt hat. Es gibt laut Aussage der Personalabteilung Gehaltsbänder für jede Gruppierung, welche aber meines Wissens nach nicht öffentlich einsehbar sind. Auch ist es nicht nachvollziehbar, wodurch Gehaltserhöhungen ausgelöst werden. Es werden keine konkreten Anforderungen genannt oder darauf hingewiesen in welche Richtung man sich entwickeln sollte, damit ein Fortschritt in der Karriere vonstatten gehen kann.
Die letzte Merit-Runde ist ausgefallen. Anstelle einer kleinen Gehaltserhöhung wurde eine Inflationsausgleichsprämie von maximal 1100€ für jeden Mitarbeiter ausgeschüttet. Auf den ersten Blick mag das in Ordnung wirken, aber für langjährige Mitarbeiter oder Mitarbeiter, die sich ein langjähriges Arbeitsverhältnis wünschen, setzt das ein negatives Zeichen - nämlich, dass das Gehalt stagniert. In der heutigen Zeit von explodierenden Preisen funktioniert das so nicht.
Mein Vertrag sieht vor, dass ich mit Kollegen nicht über die Höhe meines Gehalts reden darf. Das ist natürlich nicht rechtens, aber es sagt viel über die Kultur dieses Unternehments aus.
Image
So wie ich es mitbekomme, hat Coherent nach außen hin ein gutes Image von Innovation und Zuverlässigkeit. Das interne Image wirkt mittlerweile sehr amerikanisch - hauptsache den Shareholdern geht es gut.
Karriere/Weiterbildung
Wie im Punkt "Gehalt/Sozialleistungen" schon beschrieben, sind die Voraussetzungen für Karrieresprünge oder Gehaltsanpassungen völlig intransparent. Es gibt meines Wissens nach keine Möglichkeit Gehaltsbänder oder Aufstiegschancen einzusehen. Das heißt nicht, dass es diese Möglichkeiten nicht gibt, sondern dass nur sehr wenige (die höheren Vorgsetzten und HR vielleicht?) die relevanten Daten kennen und auch offen weitergeben würden.
Es werden alle paar Monate Weiterbildungen auf Kosten des Betriebs angeboten, darunter allerdings vorwiegend zu Soft-Skills wie Konfliktlösung, Kommunikation, Englischkenntnisse erweitern, etc. Eine technische Fortbildung ist so wie ich es gesehen habe kaum möglich.