Geiz ist Geil - Asterix hat es schließlich auch geschafft.
Gut am Arbeitgeber finde ich
Grundsätzlich wird das wichtigste auch als Nr 1 priorisiert: Erstmal genug Geld verdienen und dann alles andere. In der F&E findet man seinen Platz und sein Netzwerk.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
... dass das viele gut verdiente Geld nicht als hohe Dividende und gute Mitarbeiterbeteiligung UND als Invest in die Zukunft verwendet wird/wurde, sondern für Eskapaden als globaler Automotivezulieferer verbrannt wurde und wird. ... und das alles aus Angst, dass man im Reifen/Gummibereich mit mehr Invest nicht mehr die hohen Traummargen einer cash cow zurückbekommt.
Verbesserungsvorschläge
1) Legt Wert auf Erfahrung und ältere Mitarbeiter - auch wenn diese schwieriger zu handeln sind. Dies ist auch KEIN Widerspruch zu neuen, weiblichen Chefs. F&E Personal ist ein Schlüsselaspekt für die Zukunft der Firma - berücksichtigt dies im Handeln.
2) Wann beginnt man endlich die Zukunft von Continental im Bereich Reifen wiederzuentdecken und entsprechend zu investieren? Personal, Produktionsanlagen, neue Technologien?
3) Produktion und Entwicklung in low cost Standorten (intern "best cost" genannt) ist nicht immer die beste Option, um in einem aggressiven Wettbewerberumfeld voranzugehen.
Arbeitsatmosphäre
Alle bemühen sich nett und fördernd zu sein ... und kollegial. Oft klappt das. Besonders gelobt wird der Erfolg im Produkt und eben die Marge - auch wenn man sich an allen Stellen Mühe gibt über Qualität zu sprechen, über "new office", über AI etc. letztlich gibt es exakt eine Währung der Anerkennung: Gewinn und alles was dabei hilft. Harte Arbeit in der Vorentwicklung und an technischen Detail wird da selten gelobt, da der eher dünn besetzten Führungsriege diese Aspekte eher verborgen bleiben. Wenn man dies akzeptiert, kann man es sich sehr gut einrichten.
Kommunikation
Es gibt immer wieder große Veranstaltungen von Betriebsrat und Management. Leider werden diese Gelegenheiten nicht genutzt, um Inhalte zu teilen, sondern um Wohlfühlbotschaften abzusetzen. Die echte Lage des Konzerns wird nicht geteilt - das liest man in der Presse oder als Investor besser selbst nach. Die echte Strategie um Geld zu verdienen, tritt nicht in den Vordergrund, sondern je nach Lage und Mode werden andere Themen in den Vordergrund gestellt: Qualität, wie arbeiten wir zusammen, new office, ...
Kollegenzusammenhalt
Die F&E Reifen ist so gross, dass jede(r) ein gutes Netzwerk aufbauen kann, um notwendige Infos zu bekommen und sich dabei auch wohlzufühlen. Den wenigen unangenehmen Leuten kann man meist gut aus dem Weg gehen.
Work-Life-Balance
ok. Als Entwickler in der F&E hat per se schon sehr viele Freiheiten, die man in der Produktion oder im Handwerk so nicht einrichten kann. Allerdings stellt man sich für eine F&E, die sich einen modern, dynamischen Anstrich geben möchte dann doch ungewöhnlich ungeschickt an. Ja, es gibt es gibt remote work, aber im Detail scheitert man an den drei Pflichtanwesenheitstagen pro Woche, und daran dass man im Zweifel doch nicht vier Wochen aus dem Elternhaus in Italien arbeiten kann ... ein Sabbatical zwar angeboten wird, aber doch umständlich verhandelt wird. Da ist Luft nach oben ... und eigentlich wird ja auch "trust in your employee" gepredigt. Die Chefs fühlen sich halt im persönlichen Kontakt noch wohler ... teams, remote work etc hin und her. Eigentlich ist es doch egal wie man seine Leistung bringt ... den Chefs fällt es aber sichtlich schwer Leistung objektiv und vor allem remote zu bewerten / messen. Dies ist schlicht auch zeitintensiver, als den Mitarbeiter nebenan im Büro sitzen zu wissen.
Vorgesetztenverhalten
Mein direkter Vorgesetzter ist fair, freundlich und an meiner Meinung interessiert. Er versucht Zeit und Leistungsdruck auf ein zwar anspornendes aber erträgliches Mass zu moderieren - was meist gelingt. Die Managementstruktur ist eher dünn gestaltet, was zwar viel Verantwortung für alle bringt - einschließlich bei den Mitarbeitern ... aber der Anerkennungsteil fällt dann eben hinten runter, weil die Chefs nach 40 h auch schlicht und einfach platt sind.
Interessante Aufgaben
Kaum jemand hat im Studium mit Reifen und Gummi zu tun. Und so dröge ein schwarzer Reifen erstmal wirkt, so spannend sind die dahinter auftauchenden Fragen, die meist ein gutes kombiniertes Verständnis aus den Bereichen Ingenieur, Chemie, Physik und Marktwirtschaft benötigen. Man lernt auch nach 20 Jahren jeden Tag neues. Man kann in diesem Umfeld auch eigene Initiativen vorschlagen und vorantreiben - sofern man auf die eigene Arbeitszeit nicht zu strikt achtet ...
Gleichberechtigung
Der Frauenanteil in der Führungsriege liegt niedriger als bei den Beschäftigten. Es gibt inzwischen einige Abteilungen, die gleichberechtigt geführt werden - allerdings findet man auch immer noch Abteilungen, in denen man besser kein Kind bekommt, Elternzeit nimmt oder zu lange krank ist. Die eher verzweifelt wirkende Gegenmassnahme ist eine starke Bevorzugung von Frauen auf der ersten Karrierepositionen.
Umgang mit älteren Kollegen
Über 60 Jährige im Management wurden aktiv zum Rückzug in die Rente gedrängt. wer sich wehrt wird mit neuen Aufgaben belohnt.
Prinzipiell: spezielle ältere Kollegen leiden auch unter planlosen Neueinführung zahlloser Softwaretools, die dann nach zwei oder fünf Jahren wieder durch neue ersetzt werden. Effekt: marginale Optimierung, weitverbreitete Ahnungslosigkeit, wie man in welchem Tool was machen soll und entsprechende Kreativität in der "Problemlösung".
Arbeitsbedingungen
ok.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Stromsparen etc wird am Standort gerade gross geschrieben - schlicht und einfach, weil Strom und Gas soviel kosten ... in der Entwicklung wird nun ein Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit gesetzt, weil nun nach Jahren endlich die Zeit gekommen scheint, dass man damit im Markt erfolgreicher sein kann. Fazit: sobald es finanzielle Vorteile für den Konzern bringt oder per Regulierung hart eingefordert wird, beginnt man Umwelt und Sozialverhalten zu zeigen - Sozial und Umweltinitiativen, die im Widerspruch zu Finanzzielen stehen gibt es nicht.
Gehalt/Sozialleistungen
Persönlich liege ich als langjähriger Mitarbeiter ohne Karriereaufstieg in den unteren 10 % der in Deutschland beschäftigten Chemiker meines Abschlussjahrganges (GdCH Umfrage). Für Neueinsteiger werden überdurchschnittlich hohe Einstiegsgehälter geboten, die Gehaltsentwicklung ist dann jedoch unterdurchschnittlich. ein Grund liegt in den für die Chemieindustrie eher sehr begrenzten Aufstiegsmöglichkeiten: ein dünn strukturiertes F&E Management hält da nicht viele Plätze bereit und die klassische Karriere des Chemikers aus der F&E in Marketing, Werk, etc. gibt es bei Continental so nicht. Die Werke sind fast nur in best-cost Standorten und dort werden lokale Manager bevorzugt.
Image
In meinem Arbeitsumfeld kennt man die Schwächen der Firma, aber auch die Stärke: Reifen schafft immer genug Gewinn heran, um den Rest des Ladens zu Finanzieren - was auch immer da wieder getrieben wird. Immerhin ein Daxkonzern ... und dann reiben wir uns anhand von Performance und Qualität am Wettbewerb - mal als Nr. 1. dann wieder nicht... und hoffen, dass die F&E Reifen noch ein paar Jahre in Deutschland bleiben darf.
Karriere/Weiterbildung
Gezielte Karriereentwicklung habe ich nicht kennengelernt. Es waren eher individuelle Bastelversuche, da die Personalabteilung auch meist nur mit sehr unerfahrenen und jungen Einsteigern besetzt ist und ich den Eindruck bekomme, dass man dort als 1. Priorität aufs Rekrutieren setzt.