Schwerfälliger Koloss
Gut am Arbeitgeber finde ich
Gehalt und Abrechnung erfolgen pünktlich. Wird einmal ein Fehler gemacht, wird der auch zuverlässig berichtigt. Die Zeiterfassung erfolgt akkurat und wenn die eigene Schicht vorbei ist, lässt man in unserer Abteilung wirklich den Stift fallen - alles andere wird nämlich, wenn nicht angeordnet, auch nicht angerechnet/bezahlt. Überstunden können abgelehnt werden.
Dienst nach Vorschrift kann natürlich für einige zu unsensibel sein, allerdings weiß man eben auch genau, woran man ist.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Die oberen Etagen reagieren auf sachliche Kritik persönlich beleidigt. So geht Mitarbeiterführung leider nicht. Die direkten Vorgesetzten sind extrem neutral, aber auch gerecht. Empathie darf man sich allerdings nicht erwarten.
Investitionen werden an den falschen Stellen oder aber nicht ausreichend getätigt.
Begründete Verbesserungsvorschläge werden nur schleppend umgesetzt oder trotz Zusage einfach schweigend ausgesessen, "bis man sich daran gewöhnt hat".
Home Office, aufgrund des Tätigkeitsfeldes im Grunde möglich, wird nicht gewährt oder umgesetzt, weil das Equipment zu veraltet ist, um die Datensicherheit außerhalb eines geschlossenen Netzes zu gewährleisten.
Die immer wieder erfolgenden Befristungen sind für weniger selbstbewusste Arbeitnehmer oder Angestellte mit weniger breitgefächerter/gut anerkannter Ausbildung eine psychische Belastung und führen früher oder später zur Abstumpfung ursprünglich motivierter und engagierter Mitarbeiter.
Die Betriebsküchen sind mangelhaft ausgestattet (keine Möglichkeit zu Kochen, lediglich Mikrowelle).
Verbesserungsvorschläge
Wenn man von einem Vollzeitgehalt nicht mehr leben kann, ist es leider traurig. Ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung / Absicherung / Nebenjobs ist es leider kaum machbar, in einer Stadt in Süddeutschland das eigene Auskommen zu sichern. Der Postmanteltarifvertrag ist an sich stark und eine gute Sache, jedoch sollte hier über Lagezuschläge für teure Orte in Deutschland nachgedacht werden. Es ist begrüßenswert, dass alle dasselbe verdienen: Leider macht es in der Praxis allerdings durchaus einen Unterschied, ob ich im günstigeren Osten Deutschlands lebe oder im teureren Süden. Daher finden sich hier oft prekäre Arbeitsbedingungen oder auch Anstellungen in Teilzeit, die scheinbar sogar bevorzugt werden.
Sehr bedenklich sind die vielen Befristungen. Die erste mag man noch verstehen, da man sehen möchte, ob man zusammen passt. Bei der zweiten stellt sich dann vielleicht noch ein Fragezeichen, aber die dritte ist wirklich nicht mehr gerechtfertigt - vor allem, wenn die Arbeit schon über die letzten Jahre nicht weniger wird und damit der Sachgrund äußerst fraglich ist.
Eine Möglichkeit, selbst und eigenständig in die Stunden- und Urlaubsabrechnung blicken zu können - etwa mit einer App oder einem persönlichen Zugang ins Zeitabrechnungssystem - wäre wirklich ein Gewinn. Wir schreiben das Jahr 2024 und noch immer kommt einmal im Monat ein Brief mit der Aufstellung der Überstunden oder man muss ins Personalbüro rennen, um den neuesten Stand abzufragen. Selbes gilt für Urlaubsanträge, die so besser nachvollziehbar wären. Das wäre doch wirklich ein Projekt für das nächste Jahrzehnt.
Arbeitsatmosphäre
Von Abteilung zu Abteilung höchst unterschiedlich. Bei uns im Allgemeinen bei den jüngeren Mitarbeitern durchwegs gut, bei denen, die schon länger im Unternehmen sind, eher weniger. Offenbar verpasst die Post, ihre länger gedienten Mitarbeiter noch zu begeistern, was sehr schade ist, denn die leisten wirklich einiges.
Kommunikation
Wöchentliche Kurzmeetings (10 Minuten) sollen über das Unternehmen und dessen Ziele informieren. Netter Gedanke, aber wenn dann doch mal eine Nachfrage kommt, steht das Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Insgesamt weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut und umgekehrt. Arbeitsabläufe und Zusammenhänge werden bei Einschulungen nicht ausreichend erklärt, obwohl das durchaus die abgelieferte Qualität stark verbessern würde.
Kollegenzusammenhalt
Der ist wirklich gut. Wäre ohne wahrscheinlich nicht zu schaffen. Natürlich gibt es immer einige Ausnahmen, aber auch die werden toleriert. Im Grunde kann hier jeder sein eigenes Ding machen, viele tun das auch. Machen ihre Arbeit und gehen wieder nach Hause.
Work-Life-Balance
In unserer Abteilung gut. Es wird keine Verantwortung gegeben, dafür aber auch kein Engagement erwartet. Im Grunde monotones Abarbeiten, knapp an der Fließbandarbeit vorbei. Man weiß genau, was auf einen zukommt und nimmt nicht den Deut eines Gedankens mit nach Hause. Man arbeitet minutengenau seine Schichten.
Nur jede 6. Woche zwei zusammenhängende Tage (Samstag + Sonntag) frei zu haben, erschwert die Freizeit- und Familiengestaltung und ermüdet auf Dauer. Hier könnte der Schichtbetrieb besser gestaltet werden.
Vorgesetztenverhalten
Monoton und neutral. Manchmal hat man das Gefühl, man kooperiert mit Robotern. Vorteil daran: Man weiß genau, was einen erwartet, persönliche Befindlichkeiten sind von allen Seiten ausgeklammert. Nachteil: Individuelle Förderung findet nicht statt.
Interessante Aufgaben
Nicht vorhanden.
Gleichberechtigung
Ich habe keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder Nationalitäten feststellen können.
Umgang mit älteren Kollegen
Ist in Ordnung. Auch Neueinstellung von älteren Kollegen.
Arbeitsbedingungen
Die Ausstattung muss sich dringend verbessern. Die Räumlichkeiten sind teils stark verschmutzt, es gibt Stellen an denen fingerdick der Staub liegt. Nager oder anderes Krabbeltier sind keine Seltenheit.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Auf Mülltrennung wird dem Protokoll nach Wert gelegt, allerdings sind die Behälter oft dermaßen verschmutzt, dass man sich wirklich überlegt, welchen Mülleimer man nun benutzt. Es gibt eigene Schulungen zum Kraftstoffverbrauch und zur Nachhaltigkeit im Rahmen der Iso-Normen und Arbeitssicherheit. Anstrengungen werden also durchaus unternommen, die Umsetzung ist fallweise lückenhaft.
Gehalt/Sozialleistungen
Wenn man von einem Vollzeitgehalt nicht mehr leben kann, ist es leider traurig. Transparente Entlohnung dank des Postmanteltarifvertrages. Starker Betriebsrat (eigentlich).
Image
Zwiegespalten: einerseits die Post als lange, beständige Institution, die es in einer Form immer geben wird. Andererseits verstauber, schwerfälliger Koloss, der sich selbst überlebt hat. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen.
Karriere/Weiterbildung
So gut wie nicht vorhanden. Auch keine individuelle Mitarbeiterförderung. Zwar bemüht, alle Sprachen abzudecken in Schulungsunterlagen, was begrüßenswert ist. Sprachkursangebote in Deutsch. Sobald diese Grundlagen erfüllt sind, endet es aber. Allein aufgrund der schieren Masse an Beschäftigten ist und bleibt man eine Nummer. Dennoch könnte abteilungsintern die Qualifizierung ein Ziel sein. So verstaubt man jahrelang am selben Arbeitsplatz ohne Perspektive. Wer also ein sicheres Auskommen haben will, ist hier gut aufgehoben. Wer etwas oder auch sich selbst voranbringen will, eher nicht.