Lokführer im Metropolverkehr bei der DB - Abwechslungsreich und Spaßig mit Dämpfer
Gut am Arbeitgeber finde ich
Die Arbeit als Lokführer bei der S-Bahn München kann ich empfehlen, wenn:
- es dir wichtig ist, dass dein Gehalt garantiert vollständig und pünktlich kommt.
- du gerne nach einen klaren Plan arbeitest .(auch bei Abweichungen gibt es Vorgaben und "Checklisten")
- du gerne viel von der Landschaft siehst.
- du beim Arbeiten gerne frische Luft um die Nase hast.
- du gut und gerne mit Menschen umgehst (falls nicht, schau dich auf dem Markt um. Es gibt viele Lokführerstellen in Unternehmen die völlig ohne Kundenkontakt sind)
- du gerne allein und eigenverantwortlich arbeitest.
- du gerne Verantwortung trägst. (Vorsicht: Fehler können lebensgefährlich sein)
- du mit vielen gleichzeitigen Anforderungen sortiert umgehen kannst.
- du gerne nach der Arbeit nicht mehr an Arbeit denken willst. Schicht vorbei, Arbeit erledigt.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Von der Arbeit als Lokführer bei der S-Bahn München rate ich dir dringend ab, wenn:
- es dir wichtig ist, jeden Abend mit der Familie zu essen/einen bestimmten Tag der Woche in den Verein zu gehen/einer regelmäßigen Freizeittätigkeit nachzugehen.
- dir ein gleichbleibender Schlafrhythmus wichtig ist.
- du nicht gerne alleine arbeitest.
- es dir wichtig ist, dass deine Ideen und Vorschläge ernst genommen werden.
- du nicht gerne bei jedem Treffen mit Freunden und Bekannten ihre neuste Horrorstory mit der DB zu hören bekommen möchstest.
- du dein Unternehmen voranbringen möchtest.
- du nicht gerne öffentlich von deinem eigenen Unternehmen kritisiert wirst.
- du gerne das Gefühl hast eine Bereicherung für dein Unternehmen zu sein.
Verbesserungsvorschläge
Der DB Konzern bedarf einer echten Reform. Die Struktur einer Aktiengesellschaft führt zu einer Ausrichtung auf Quartalszahlen und Jahresbilanz (und damit verbundener Boni für die Konzernspitze). Das bewirkt eine völlige Ignoranz bezüglich der mittel- und langfristigen Entwicklung. Die DB darf den Kampf gegen ihre eigenen Mitarbeiter einstellen und beginnen sie mit Respekt zu behandeln. Nur so wird sie genügend Fachkräfte binden können um ihren Anteil einer echten Mobilitätswende zu leisten.
Arbeitsatmosphäre
Der Konzern DB diffamiert in regelmäßigen Abständen öffentlich seine eigenen Mitarbeiter. Durch ihre Tarifpolitik spielt der Konzern die eigenen Mitarbeiter gegeneinander aus.
Bei der S-Bahn München gilt: nicht geschimpft ist genug gelobt. Ich empfinde den Umgang durch HR als undurchsichtig. Entscheidungen werden nicht begründet. Es wird das Gefühl vermittelt ich sei eine Zahl im Computer.
Kommunikation
Die für die Arbeit notwendigen technischen und betrieblichen (!) Informationen sind zu 95% vorhanden. Und wenn nicht, ist die Beschaffung schnell und einfach möglich.
Die für die Servicearbeit erforderlichen Informationen erreichen einen mit etwa 20%. Bei Betriebsstörungen sind die Kunden über entsprechende Apps besser über die Betriebssituation informiert als die Mitarbeiter. Manchmal gebe ich versehentlich Falschinformation an Kunden, weil mich mein Unternehmen nicht über Abweichungen informiert. Viele Kollegen sind deshalb dazu übergegangen garkeine Informationen an Kunden zu geben.
Die Schnittstellenkommunikation innerhalb des Unternehmens funktioniert zu nahezu 0%. Egal was man an seinen Vorgesetzten heranträgt, es erreicht fast nie die richtige Abteilung. Wenn man etwas erreichen möchte ist man gezwungen den offiziellen Meldeweg zu ignorieren und die Verantwortlichen zu eruieren und direkt anzusprechen.
Kollegenzusammenhalt
Leider durch den Konzern torpediert, indem er die unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiter gegeneinander ausspielt. Die meisten Kollegen sind sehr nett. Mache erschweren einem die Arbeit, indem sie sich nicht an Vorgaben halten (Hinterlassen des Arbeitsplatzes). Einzelne sabotieren den Laden, indem sie Arbeitsmittel und Einrichtungen zerstören.
Work-Life-Balance
Wer einen Beruf im Wechselschichtdienst wählt weiß um die Auswirkungen auf Sozialleben und Familie. Das kann man der S-Bahn also nicht vorwerfen. Im Gegensatz zu vielen anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen geht die S-Bahn München aber auf die Schichtwünsche der Arbeitnehmer ein und mit 80% Chance wird der Arbeitsplan so gestaltet, dass private Termine wahrgenommen werden können.
Vorgesetztenverhalten
Das MA-FK Verhältnis ist ein klassischer, ausschließlich autoritärer Führungsstil. Was aber auch OK ist bei der sehr prozeduralen, sicherheitsrelevanten und zeitkritischen Tätigkeit der Mitarbeitenden.
Das bedeutet natürlich, dass MA in Entscheidungen nicht einbezogen werden. Die meisten Entscheidungen werden aber nachvollziehbar begründet und die MA darüber zeitnah informiert.
Die Teamleiter sind nicht verantwortlich für die Konzernstruktur und die fehlende Schnittstellenkommunikation. Mit einem sehr hohen Betreuungsschlüssel sind sie leider nicht in der Lage auf den einzelnen MA einzugehen. Kontakt zur Führungskraft gibt es selten; in der Regel, wenn es was zu organisieren gibt, oder wenn es ärger gibt.
Interessante Aufgaben
Die S-Bahn München hat ein großes, sehr abwechslungsreiches Streckennetz. Durch den Wechselschichtdienst erlebe ich jede Tages- und Nachtzeit und jeden Betriebszustand. (Das Wetter, die Sonnen Auf-/Untergänge, enger Taktverkehr im Metropolbereich, entspanntes Fahren durch die Dörfer, Schüler, Pendler, Ausflügler, Feiernde, und auch Mal ein leerer Zug, Normaler Takt, Betriebsstörungen, Bauarbeiten.. alles für sich eine Herausforderung) Die Arbeit besteht zu Teilen aus betrieblichen Aufgaben, technischen Aufgaben und Serviceaufgaben. Ich empfinde die Arbeit als ausgewogen und sehr abwechslungsreich.
Gleichberechtigung
Das Unternehmen ist nach Außen sehr um Gleichberechtigung bemüht. Diskrimierende Bemerkungen gibt es leider von wenigen Kollegen trotzdem. Quereinsteiger werden gleich behandelt, wie MA mit Berufsausbildung. Es zählt das Arbeitsergebnis und nicht die Eingangsqualifikation. Ich habe nicht den Eindruck, dass im Unternehmen Frauen benachteiligt werden. Allerdings kann ich das nicht abschließend Bewerten, da ich den Umgang des Unternehmens mit den Kolleginnen nicht im Detail mitbekomme.
Umgang mit älteren Kollegen
Überwiegend respektvoll.
Arbeitsbedingungen
Überwiegend gut. Manchmal sind Arbeitsmittel verschlissen, und dessen Tausch dauert zum Teil relativ lange. Wenn man an sabotierte Einrichtungen gerät ist das unangenehm. Dafür kann der Arbeitgeber aber nichts. Belüftung, Beleuchtung und Lärmbelastung sind für den Einsenbahnverkehr angemessen. Einige Arbeitsmittel sind für kleine und große Menschen unangenehm zu bedienen. (Zwischen 1,65m und 1,90m ist's angenehm. Außerhalb ist es machbar aber zum Teil unergonomisch.)
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Als Eisenbahnunternehmen an der Spitze der Verkehrswende. Die S-Bahn ist sich dieser Funktion bewusst und bemüht sich sehr diesen Anforderungen gerecht zu werden.(Sie stößt dabei mit frustrierender Regelmäßigkeit an die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur. Bei dem Versuch innovative Lösungen zu finden scheitert das Unternehmen oft an Konzernvorgaben- und strukturen.)
Gehalt/Sozialleistungen
Gehalt kommt immer pünktlich und ist angemessen. Sozialleistungen gibt es theoretisch. Der Konzern hat aber entschieden einem großen Teil seiner Mitarbeiter den Zugriff darauf zu entziehen. Gerichtsverfahren dazu sind derzeit anhängig.
Image
DB - mehr muss ich nicht schreiben.
Wobei ich den Eindruck habe, dass die S-Bahn München im Vergleich noch schlechter abschneidet. Das Image der Eisenbahn als Gesamtsystem ist gerechtfertigt. Besonders der Informationsfluss im System und an den Kunden ist genau so katastrophal wie sein Ruf.
Karriere/Weiterbildung
In einem engen Rahmen möglich. Stellenausschreibungen für Aufstiegspositionen sind transparent. Für die meisten Positionen wird Berufserfahrung im System höher gewichtet als Abschlüsse. Die notwendigen Qualifikationen führt das Unternehmen selbst durch oder unterstützt dabei. Großes ABER: Aufstiegsweiterbildungen (wie zB. ein Abendstudium oder das Nachholen des Abitur) werden nur unterstützt, wenn es einen direkten Zusammenhang mit einer angestrebten Stelle hat UND das zuvor vertraglich vereinbart wurde. "Private" Fortbildungen werden ausdrücklich nicht unterstützt, auch wenn sie einen thematischen Zusammenhang mit dem Beruf haben. (Teilzeit geht nicht unter 20h-Woche!)