Für alle die mit wenig zufrieden sind (oder sich gut auf Schmeicheln verstehen)
Gut am Arbeitgeber finde ich
Kollegen.
Einmal im Jahr Betriebsfest.
Gute Lage, um nach der Arbeit Shoppen zu gehen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Dröge Arbeit, die von einem Heer von "wichtigen" Menschen und Führungskräften noch dröger gemacht wird.
Null Vertrauen den Führungskräften (Gruppenleiter aufwärts) möglich.
Arbeitsatmosphäre
Wenn man unauffällig in der Masse abtaucht, ist es okay. Dröge Arbeit.
Die direkten Vorgesetzten sind in aller Regel im persönlichen Umgang in Ordnung (Alphas sind selten). Devot der Geschäftsleitung ergeben (werden so ausgewählt), die allmächtige Personalabteilung fürchtend, setzten sie sich aber 0,0 für die eigenen Mitarbeiter ein. Im Konfliktfall steht man allein da (Betriebsrat ist handzahm erzogen, bzw. die nächste Beförderung erhoffend).
Es wird viel vermeintliche Dankbarkeit von oben geheuchelt und die "Oben" meinen, dass die "unten" das wirklich glauben; die Aktionen zeigen aber das Misstrauen (bis Verachtung) für die Anonymen
Untereinander verstehen sich die "unten" dafür idR ausgezeichnet. Da funktioniert der Zusammenhalt meist. Der Laden läuft, nicht wegen, sondern trotz der Führungskräfte.
Kommunikation
In vielen, vielen Meeting wird viel, viel informiert. Inzwischen in gefühlt dreistelliger Zahl beschäftigt sich eine weiter wachsende Masse an Leute mit sich selbst und mit vermeintlich wichtigen Themen und informiert genau so intensiv über diese vermeintlich wichtigen Themen und die "Erfolge".
Die wirklichen Entscheidungen passieren dann still und leise hinter den Kulissen bzw. von den Rauchschwaden der Tarnveranstaltungen verborgen, und weit weniger informativ verarbeitet.
Kollegenzusammenhalt
Der große Vorteil. Dass Fußvolk hält zusammen und unterstützt sich. Das ist von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich ausgeprägt, aber in aller Regel hilft man sich den Arbeitsalltag erträglich zu gestalten. Es ist wenig/kein Konkurrenzdenken und entsprechendes Verhalten vorhanden, außer bei den "Nassforschen" die in die Führungspositionen streben. Denen muss man einfach aus dem Weg gehen, dann lebt es sich ganz angenehm.
Es gibt eine deutliche Trennung zwischen den Kollegen in der "Produktion", die wirklich an den Normen arbeiten, und dem "Wasserkopf", den wirklich Wichtigen. Da ist eher weniger Zusammenhalt.
Work-Life-Balance
Als anonymer Normer kann man gut leben. Man macht seine Arbeit (nur nicht zu gut, sonst wird man mit 115% verplant; nicht belohnt, nur zusätzlich belastet), fällt möglichst nicht auf und kann sein Leben gut eintakten. Durch Corona ist die Dienstreisebelastung auch zurückgegangen. ("Reisezeit ist keine Arbeitszeit"; man war sehr viel unterwegs, was aber praktisch nicht vergütet wurde)
Man sollte nicht zu viel erwarten. Man parkt in einer Position und wenn man nicht gerade im Betriebsrat oder ein begnadeter Strippenzieher ist, war es das auch (ein/zwei Gehaltssprünge sind möglich, dann ist Ende). Wenn man damit leben kann und/oder wenig Ambitionen hat und/oder das nur macht, um die Rechnungen zu bezahlen, ist der Job okay. Eine persönliche Befriedigung/Entwicklung oder sowas, wird man nicht erleben.
Vorgesetztenverhalten
Oh Gott, wo anfangen?!
Die Palette reicht von "geht" bis "wie hat der das bloß geschafft?".
Viele der Vorgesetzten sind überfordert. Überfordert mit den Themen, mit der Situation etwas entscheiden zu müssen (Horror für manche!), sich mit Menschen und ihren Problemen auseinander setzten zu müssen, etwas Kontroverses nach "oben" tragen zu müssen, für die eigenen Leute etwas "durchzuboxen" (unangenehm bei HR auffallen, undenkbar).
Also tut man was man kann, um nicht greifbar zu sein. Entscheidungen werden vertagt und/oder ausgesessen (haben auch schon Kanler_innen getan) und/oder in alle Richtungen abgeschoben (dafür sind die Teamkoordinatoren als Ziel prädestiniert), um sich im Konfliktfall nur nicht als Schuldiger dazustehen, sondern sich rausreden zu können.
Tendenziell sind die älteren Vorgesetzten (m/w) die besseren Führungskräfte. Die stammen aus anderen Zeiten, als offenbar andere Kriterien ausschlaggebend waren.
Interessante Aufgaben
Nein, es ist nicht wirklich interessant. Abhängig von der Gruppe, der man zugeordnet wird, hat man eine mehr oder weniger uninteressante Aufgabe. Man arbeit wenig kreativ, ist Dienstleister für die wirklich Arbeitenden und agiert nach (inzwischen) streng festgelegten Prozessen. Kreativität ist schlecht und deshalb verboten.
Früher gab es, abhängig davon wo man arbeitet, ab und an eine schöne Dienstreisen nach Übersee (Economy für das Fußvolk). Inzwischen läuft aber sehr viel virtuell.
Verschrien sind die großen Normungsgruppen (viel Arbeit, nur Ärger, kein Ansehen/Anerkennung, keine Beförderungen), alles strebt in die Stabsstellen (nahe an der Geschäftsleitung, kleineste Ergebnisse gut sichtbar -> gut für Strippenzieher).
Ansonsten: innerhalb von 2-3 Jahren ist man Profi und arbeitet im Autopiloten-Modus. "keine Rocket-Science"
Man kann sein Studium (so man den als Projektmanager_in einsteigt) wegschmeißen. Braucht man nicht wirklich. Inzwischen gibt es auch keine Prüfung zum Normungsexperten (ja, gab es wirklich) und keine befristeten Verträge mehr. 6 Monate überstehen und willkommen an Bord.
Gleichberechtigung
Belegschaft zu 55% weiblich. In den Führungsetagen noch eher männlich, ändert sich aber.
Umgang mit älteren Kollegen
Gibt sehr wenig Ältere >55. Mit Ende 40 ist man offiziell alt und wird dauerhaft irgendwo geparkt. Einstellungen von >40 sind selten.
Arbeitsbedingungen
Das Gute zuerst: man hat noch einen eigenen Arbeitsplatz. Man kann verdunkeln, außenliegender Sonnenschutz (war auch nicht immer so).
Großraumbüros. Man teilt sich die Fläche mit den Führungskräften (die immer ein offenes Ohr haben, für alles). Gebäude wurde renoviert, Lüftung funktioniert nicht. Es ist stickig, Luft ist trocken, es stinkt teilweise recht unangenehm. Es ist aber im Sommer inzwischen erträglich warm.
In den Sitzungsräumen gibt es eine Klimaanlage, die aber nie wirklich funktioniert hat.
Man kann sich seine Arbeitszeit als normale Arbeitseinheit halbwegs selber einteilen (Kernzeit 10-14). Homeoffice-Modell ist aktuell auch möglich; 100 Tage im Jahr darf man von zuhause arbeiten. Alles aber sehr bürokratisch und steif organisiert.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Ja, macht man alles.
Man ist Sozial.
Gehalt/Sozialleistungen
Man steigt niedrig ein, und bleibt auch so.
Betriebsrente gibt es nicht mehr. Man kann Entgeltumwandeln, bringt aber praktisch nichts.
Man hat ein Zulagensystem (auf Freiwilligkeit basierend, bei Teilnahme aber lebenslang) installiert. Das ist so gut, dass man selbst mit einer guten Bewertung netto zweistellig oder niedrig dreistellig dazubekommt (theoretisch ist eine Gehaltsstufe drin, die Herkules-Aufgabe hat aber bislang niemandem annähernd geschultert).
Dazu gibt es
- Zuschlag für das U-Bahnticket (etwas)
- Bezuschussung zur Kantine (sehr woke; vegan oder vegetarisch)
- Physio-Zentrum
- Job-Bike (man kann Räder leasen)
- schicke Dienstwagen für die Führungsriege
- Parkplatz in der TG für 75€ im Monat (!)-> Umwelt und so...
Image
Man hält uns 2draußen" für eine Behörde. Wir agieren wie eine, sind es aber nicht.
In der Behörde wäre man Beamter, sind wir nicht (Schade).
Alle kennen nur DIN A4.
Karriere/Weiterbildung
Vermutlich wie in jedem Unternehmen. Einfach sehr gut arbeiten, hilft nichts. Ein/zwei Sprünge (mit etwas Gehaltszuwachs) und Ende.
Weiterbildungen? Ein/zwei mindernützliche Veranstaltungen zur Selbstorganisation und das unvermeidbare Konfliktmanagement; das wars.
Wenn man aufsteigen will, muss man schnellstmöglich aus der Normungsarbeit aussteigen und in die Zentralbereiche wechseln. Mentor suchen. Dann läufts.
Die Führungspositionen sind tendenziell mit Jüngeren (35-40, deutsch) besetzt. Da wird selten etwas frei.