Invasive "Familien"-Kultur, toxische Positivität, erzwungene Intimität und diverse "freiwillige" Teamevents
Gut am Arbeitgeber finde ich
Die Menschen, die Bezahlung und das Beraterbusiness an sich. Und mit Menschen meine ich nicht das gekünstelte Social Media Marketing-Bild mit den grinsenden Geschäftsmenschen, sondern die echten dahinter!
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Dass dieses Unternehmen die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben zu verwässern versucht.
Verbesserungsvorschläge
Weniger Friede-Freude-Eierkuchen und Corporate Bulls**t bitte. Versucht Verständnis dafür aufzubringen, dass viele fachlich sehr gute Menschen keine neue Familie suchen, sondern einfach nur einen Job. 8 Stunden Lebenszeit gegen Bezahlung und mehr nicht.
Arbeitsatmosphäre
Für mich ziemlich gruselig, fast schon dystopisch. Alle sind permanent supi drauf, alles ist prima, "es gibt bei uns kein Work Life Balance, sondern nur Life". Es gibt mindestens 1x pro Quartal irgendeine "Spaßveranstaltung", die mit Übernachtung vor Ort verbunden ist und in der Regel in der persönlichen Freizeit aka nicht abrechenbaren Zeit stattfindet. Dabei umarmen sich die meisten zur Begrüßung und Verabschiedung, selbst wenn man sich erst seit 3 Tagen kennt. Es wird Wert auf die Außendarstellung (Kleidung mit großen Firmenlogos drauf) gelegt und es werden bei jeder Gelegenheit Foto- und Videoaufnahmen für Social Media Werbung gemacht. Dafür bekommt man extra zusammen mit dem Arbeitsvertrag eine Zusatzvereinbarung zum unterschreiben, mit der man die Rechte am eigenen Bild abtritt.
So wie ich das Unternehmen wahrgenommen habe, wird das Modell gefahren regelmäßig junge Absolventen oder Quereinsteiger in ca. einem Monat durchs Bootcamp zu schicken, um diese anschließend mit den zwei mindestens erforderlichen Zertifizierungen direkt zum normalen Tagessatz im Projekt zu monetarisieren. Frei nach dem Motto: alle direkt ins kalte Wasser und behalten, wer schnell genug schwimmen lernt.
Kommunikation
Generell wird oft versucht, den Kommunikationsfluss zu regulieren. Man bekommt stets nur so viel mit, wie man wissen muss. Wenn zu viele Leute gleichzeitig kündigen, wird dies z.B. in Häppchen kommuniziert, um die Herde nicht scheu zu machen. Es wird wenn nötig framing betrieben und klare Sachverhalte werden z.T. umgelabelt, sodass man irgendwann selbst nicht mehr sicher ist, was man glauben soll.
Es wird stets nur positiv kommuniziert und teilweise ein eigenes Vokabular verwendet (z.B. Mitarbeiter werden Engagierte genannt, Teams sind keine Teams, sondern Zellen, Kündigungen sind Selbstreinigungsprozesse etc.). Das Firmeneigene Wertekonstrukt wird als Heiligtum behandelt, Werteverstöße werden als Kündigungsgrund propagiert. Die Deutungshoheit darüber, was ein Werteverstoß ist, hat natürlich die Company.
Die Verträge enthalten neben der Zusatzvereinbarung mit den Bildrechten Formulierungen, die man als Hintertüren zugunsten des Arbeitgebers deuten kann. Man hat das Gefühl, dass hier jemand den Anwalt angewiesen hat stets einen Trumpf oder längeren Hebel für sich einzubauen, falls der Mitarbeiter mal ungemütlich werden sollte.
Kollegenzusammenhalt
Hier habe ich nichts zu meckern. Die Kollegen, mit denen ich zusammen gearbeitet habe waren super und ich glaube wir haben uns toll verstanden.
Work-Life-Balance
Ich habe in keinem anderen Job so viel meiner Lebenszeit mit Arbeit verbracht. Und ich zähle da die "Spaßveranstaltungen" dazu. Aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl der Firma gibt es zudem auch wenig Redundanzen für die Projekte. D.h. man wird teilweise dadurch angetrieben, weil man weiß, es gibt keinen Ersatz und das Projekt würde nicht weiter gehen.
Vorgesetztenverhalten
Ausbaufähig. Unterhalb der Geschäftsleitung gibt es so gut wie keine Hierarchie. Projektleitung vom Stil her sehr unterschiedlich. Wenn man Glück hat, bekommt man eine gute Projektleitung, die mit einem zusammen als Team agiert. Wenn man Pech hat, bekommt man einfach nur die ganze zu erledigende Arbeit einschließlich Aufgaben, die eigentlich von der PL zu erledigen werden müssten und wird damit alleine gelassen. Eine Bewertung der persönlich geleisteten Arbeit von Vorgesetzten, mit denen man das ganze Jahr über nicht wirklich zusammen gearbeitet hat, kann ich nicht ernst nehmen.
Interessante Aufgaben
Die Aufgaben sind beratungstypisch sehr unterschiedlich und auch spannend. Es wird auch inhouse einiges an neuen Lösungen selbst entwickelt und wenn man spaß daran hat, kann man sich auch einbringen.
Gleichberechtigung
Konnte nichts negatives feststellen
Umgang mit älteren Kollegen
Ebenfalls okay
Arbeitsbedingungen
Man bekommt alles, was man zum Arbeiten braucht und kann zwischen Windows und Mac frei wählen. Mobilität läuft nur über Bahncard oder Pauschale. Es gibt grundsätzlich keine Dienstwagen, wie z.T. in anderen Unternehmen üblich.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Einerseits will man Umweltbewusst auftreten, andererseits wurde in der Vergangenheit schon 2x die gesamte Belegschaft nach Teneriffa zum Kickoff-Event eingeflogen. Das passt nicht ganz zusammen.
Gehalt/Sozialleistungen
So weit ich das beurteilen kann, liegen die Gehälter im Durchschnitt der Branche und es gibt betriebliche Zusatzkrankenversicherung- und Altersvorsorge, wenn man das möchte. Ansonsten gibt es entweder eine Mobilitätspauschale oder Bahncard. Reisekosten werden sehr pünktlich ausgezahlt, das möchte ich positiv erwähnen. Allerdings wurde seinerzeit der Genehmigungsprozess dazu wiederum durch Berater nebenbei mit erledigt, was zeigt, dass dieses Unternehmen noch in der Bootstrapping Phase steckt.
Image
Ich glaube bei den wichtigen Partnern wird das Unternehmen sehr positiv wahrgenommen. Wie es bei den Kunden aussieht weiß ich nicht genau, da die Firma noch keine 5 Jahre alt ist und viele Projekte noch nicht final abgeschlossen sind.
Karriere/Weiterbildung
Notwendige Zertifizierungen direkt am Anfang werden selbstverständlich übernommen. Später ist Weiterbildung grundsätzlich erlaubt und wird auch finanziell gefördert, allerdings ist dafür im Alltag durch die Projekte stets wenig Zeit und man hat Schwierigkeiten, das noch on top einzubauen. Karriere machen ist hier sehr schwer, da es mangels Hierarchie kaum Aufstiegschancen gibt. Es gibt zwar eine Einteilung in sogenannte Zellen und man kann darin verschiedene Rollen (Zellkern, Themen-Coach, Reisekosten etc.) annehmen. Aber das bringt einem streng genommen nur mehr Aufwand und Verantwortung aber nicht automatisch mehr Gehalt. Eine Karriere-Treppe (Junior, Senior, Teamleiter, Manager etc.), mit der man seine Berufliche Zukunft vorausplanen kann, existiert hier meines Wissens nach nicht.