Im tiefen See sinkt ein Schiff
Gut am Arbeitgeber finde ich
- Die Kantine
- Gehalt
- Hilfsbereites Kollegium mit gutem Know-How, allgemein freundlicher Umgang.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
- Realitätsfremdes Top-Management
- Fehlende Investitionen in den Standort, das Personal und in F&E
- "Haben wir schon immer so gemacht" Mentalität vieler Führungskräfte
- Veraltete und der heutigen Zeit nicht mehr angemessene Prozesse, Arbeitsmittel und Softwarelösungen
- Verschwenderischer Umgang mit dem eigenen Personal
Verbesserungsvorschläge
- Mehr Anwesenheit des Top-Managements am Standort
- Mehr Investitionen in den eigenen Standort sowie in F&E. Wachstum durch Innovation und nicht durch Akquise.
- Das Unternehmen nicht weiter künstlich zum "globalen Konzern" aufblasen. Ein Unternehmen mit 3000 Mitarbeitern wird durch Powerpoint-Präsentationen mit vielen vollgestopften Tabellen und bunten Bildern zur Zukunftsvision und zur hochkomplexen Management-Organisation nicht plötzlich zum Weltkonzern. Muss es auch nicht.
- Anstatt den zigsten CXO einzustellen das Geld lieber in das eigene Personal auf der Wertschöpfungsebene investieren. Den Leuten zuhören und vorhandenes Potential fordern und fördern.
- Verbesserung der Unternehmenskommunikation. Dabei berücksichtigen dass nicht jeder der englischen Sprache mächtig ist. Inhalte an den angesprochenen Personenkreis anpassen. Ist es zielführend die Produktionsmitarbeiter mit einer Hoshin Kanri Matrix zu konfrontieren, die so mancher Ingenieur nicht richtig verstanden hat?
Arbeitsatmosphäre
Im Allgemeinen freundlicher und hilfsbereiter Umgang unter den Kollegen. Im Zuge der Fusion mit Brüel & Kjaer machte sich allerdings zunehmende Frustration und Resignation breit. Man bekommt oft die Aussage zu hören, dass man früher gerne für HBM gearbeitet hat und stolz auf seinen Arbeitgeber war. Davon ist gerade im Produktionsbereich nicht mehr viel übrig mit den entsprechenden Auswirkungen auf Motivation und Engagement. Als maßgebliche Gründe hierfür sehe ich:
- Völlige Entfremdung zwischen Top-Management und der Realität am Standort. In unternehmensweiten Meetings mit dem Management hatte man sich oft die Frage gestellt, ob man für das gleiche Unternehmen arbeitet oder ob da von einer anderen Firma die Rede ist.
- Mangelnde Präsenz des Top-Managements am Standort. Einstellungskriterium schien hier eine möglichst große Distanz des Wohnorts zum Standort zu sein, gerne auch im Ausland und nur per Flugzeug erreichbar. Wenn dann doch mal hoher Besuch kam wurde schnell alles aufgeräumt und aufpoliert, damit sicher kein Eindruck vom realen Arbeitsumfeld entsteht. Gerne wurde sich dann auch in Meetingräumen verschanzt, um fancy Kaizen-Workshops durchzuführen.
Kommunikation
Ein ehemaliger und verdienter Kollege hat die Sachlage mal folgendermaßen zusammengefasst: Früher hat man vieles aus Selbstverständlichkeit heraus gemacht, ohne darüber zu reden. Heute hängt man alles an die große Glocke, macht es am Ende aber nicht mal.
Ein kurzes Beispiel hierfür: Bei diversen Gelegenheiten wurde die Durchführung von "exit-Gesprächen" für kündigende Mitarbeiter angekündigt. Dieses hat bei mir allerdings nie stattgefunden, obwohl hierfür mehr als genug Zeit gewesen wäre. Eigentlich nicht mein Problem, sollte es doch vor allem im Interesse des Unternehmens sein warum junge, gut qualifizierte Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Für mich aber symptomatisch für die Gesamtsituation.
Zur Entfremdung zum Produktionspersonal hat maßgeblich auch beigetragen, dass die allgemeine unternehmensweite Kommunikation nur noch auf Englisch stattgefunden hat. Insbesondere die älteren "worker" auf "shopfloor-ebene" haben die Welt im wahrsten Sinne des Wortes zum Teil nicht mehr verstanden.
Kollegenzusammenhalt
Sicherlich stark abhängig von der Position im Unternehmen. Ich habe hier in aller Regel auch abteilungsübergreifend sehr gute Erfahrungen gemacht. Es arbeiten (noch) viele talentierte Leute mit großem Wissensschatz für das Unternehmen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch immer gerne und zielführend zur Seite standen.
Durch die offensichtliche Reduzierung des "head-counts" wurde die Arbeitslast allerdings auf immer weniger Schultern verteilt und an einem gewissen Punkt haben die Kollegen dann verständlicherweise keine Lust mehr, sich mehr Arbeit als unbedingt nötig auf den Schreibtisch zu ziehen.
Work-Life-Balance
Die Arbeitszeit kann in aller Regel flexibel eingeteilt werden, mobiles Arbeiten wird nach Möglichkeit angeboten. Zwischendurch ein früher Feierabend oder ein privater Termin am Vormittag sind kein Problem.
Allerdings werden selbst für Mitarbeiter ohne Personalverantwortung gerne Verträge mit Vertrauensarbeitszeit abgeschlossen, damit die geleisteten Überstunden am Ende des Jahres vom Tisch fallen. Manche behalten ihre Stunden im Auge und sorgen selbst dafür, dass die Arbeitszeit im Rahmen bleibt, andere schieben massenhaft Überstunden ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten. Gleittage sind ohne Zeiterfassung entsprechend nicht vorgesehen.
Vorgesetztenverhalten
Sehr subjektives Kriterium, ich persönlich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ich habe allerdings auch Dinge mitbekommen, die ich alles andere als gut fand und die meinen Eindruck im Laufe der Zeit schwer eingetrübt haben. Statt gemeinsam und lösungsorientiert an Herausforderungen zu arbeiten wurde gerne mit dem Finger auf einzelne gezeigt und "Schuld" zugewiesen.
Mein Eindruck war, dass vom zahlenfixierten Topmanagement großer Druck ausgeübt wurde, der dann in einem großen Maß nach "unten" durchgereicht wurde.
Interessante Aufgaben
Grundsätzlich interessante und herausfordernde Aufgabenstellungen. Durch den zunehmenden Margendruck wurde der Fokus bei der Wertschöpfung aber immer stärker auf das "schnell verdiente" Geld gelegt.
Nach meinem Eindruck kaum mehr Investitionen in F&E, die Entwicklungsarbeit beschränkte sich in weiten Teilen auf Produktpflege und Sustaining. Es wird sich sehr stark auf den Errungenschaften der Vergangenheit ausgeruht, in meinen Augen eine sehr gefährliche Entwicklung für ein hochpreisiges "Technologieunternehmen".
Die neu eingestellten Manager hatten oftmals keinen technischen Hintergrund und hätten genauso gut Waschmaschinen verkaufen können. Relevanz hatten nur noch klinisch ermittelte Kennzahlen auf unzähligen Powerpoint-Präsentationen und Excel-Tabellen, gerne auch redundant. Sicherlich ist die Erhebung und Analyse von Kennzahlen in der heuten Zeit ein wichtiges Thema, wenn vor lauter Datenerhebung aber keine Zeit mehr übrig bleibt um die Probleme dann auch nachhaltig zu lösen stimmt irgendetwas nicht mehr.
Gleichberechtigung
Nichts Negatives mitbekommen.
Umgang mit älteren Kollegen
Auch hier nichts Negatives mitbekommen. Zumindest in meinem Bereich hatte ich schon den Eindruck, dass auf ältere Kollegen Rücksicht genommen wird und diese gut in den Arbeitsalltag integriert sind. Ich selbst bin von der Thematik allerdings nicht betroffen und kann nur als außenstehender bewerten.
Arbeitsbedingungen
Viele neue und vom Mobiliar her gut ausgestattete Großraumbüros. Hervorragende Kantine mit abwechslungsreicher Speisekarte (auch vegetarisch und z.T. vegan), angemessenen Preisen und freundlichem Personal. Habe woanders schon billiger gegessen, dafür war das Essen dann aber auch schlechter. Sehr gute Kaffeemaschinen zum fairen Preis.
Warum also nur zwei Sterne? Bringt mir alles nichts wenn ich mich jeden Tag mit mangelhaften Arbeitsmitteln rumärgern muss. Wenn am ersten Arbeitstag erstmal ein alter und der Arbeitsaufgabe nicht angemessener Laptop aus dem Schrank gekramt wird weiß man wenigstens gleich woran man ist. Für mich trotz coronabedingter Sparmaßnahmen absolut nicht nachvollziehbar. Statt sinnvolle Investitionen zu tätigen, wird versucht auf Biegen und Brechen mit den vorhandenen Mitteln zu arbeiten.
Viele alte Anlagen mit hohen Stillstandszeiten, die mechanische Produktion um Galaxien entfernt von Industrie 4.0 (eher 1.0) und völlig veraltete und unangemessene Softwarelösungen die einen tagtäglich in den Wahnsinn treiben. Insgesamt eine ziemlich schwache Vorstellung für ein "Technologieunternehmen".
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Gesetzliche Vorgaben werden sicherlich eingehalten, darüber hinaus gehende Initiativen waren aber eher Mangelware.
Gehalt/Sozialleistungen
Sehr ordentliches Gehalt mit guter Steigerung über die ersten Arbeitsjahre. Durch Tarifbindung zumindest für den Einstieg relativ klar und einheitlich geregelt. Elternzeit kein Problem und auch zusätzlicher unbezahlter Urlaub war in der Regel möglich.
Image
Hat durch die Fusion stark gelitten. Früher hoch angesehenes Unternehmen mit familiärem Charakter. In der Vermarktung hat der Name "Hottinger" sicher noch Gewicht, im Image als Arbeitgeber aber eher auf dem absteigenden Ast.
Karriere/Weiterbildung
Der Begriff Personalentwicklung war eher ein Fremdwort, keine klar definierten Karrierepfade. Es hat sich eher der Eindruck ergeben, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss um sich weiterzuentwickeln. Auf das Potential und die Ambitionen des einzelnen Mitarbeiters wird kein großes Augenmerk gelegt. Schulungen / Weiterbildung kosten leider Geld, weshalb dieses Privileg vor allem der oberen Führungsriege zuteilwurde. Dabei durfte natürlich kein agiles Managementsystem ausgelassen werden.
Allgemein extrem verschwenderischer Umgang mit dem eigenen Personal mit zunehmender Fluktuation, auch in gehobenen Positionen. Es herrscht das Credo "jeder ist ersetzbar". Grundsätzlich keine falsche Annahme, die Frage ist jedoch um welchen Preis. Bei der aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt eine sehr mutige Herangehensweise.
Mehrfach befristete Verträge für selbst ausgebildete Azubis mit Vertragsverlängerungen auf den letzten Drücker und am Ende wundert man sich dann, wenn sie plötzlich weg sind. Selbst bei letztendlicher Übernahme bleibt dies den Betroffenen mit Sicherheit für immer in guter Erinnerung.