Grauenvolle Zustände, unzumutbare Arbeitsbedingungen
Gut am Arbeitgeber finde ich
Kann ich hier "die Wohnortnähe" schreiben, damit hier überhaupt etwas steht?
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Eigentlich alles.
Besonders in der Negativ-Waagschale wiegen aber folgende Punkte:
1. Respektlosigkeit und mangelnde Wertschätzung. Wer Mitarbeiterführung des 18. Jahrhunderts betreibt, in jedem nur eine wertlose Personalnummer sieht, sieht eben auch zu, wie einer nach dem anderen kommt und geht.
2. Es gibt keine Führungskraft, die dieser Bezeichnung gerecht wird. Wer den Laden führen will, sollte mehr können, als irgendwas studiert haben. Im Idealfall hat man sich nach oben gearbeitet, weiß selbst noch wie Arbeit "schmeckt" und besitzt zudem die Kompetenz, die Bedürfnisse der jeweiligen Abteilungen/Mitarbeiter zu sehen und zu verstehen. Besitzt man sie nicht, sind Mitarbeitermeetings unerlässlich. Dabei ist Zuhören dann das Gebot der Stunde.
3. Scheuklappen, Ellenbogen, Gleichgültigkeit.
Wenn es an einem Standort die Leitungsebene nicht interessiert, dass Fahrzeuge nicht gepflegt und gewartet werden, weil es ja nicht die eigenen 90.000 € sind, die da vor die Hunde gehen, wirft das Fragen auf.
Wenn für den Mutterkonzern nur die reinen Umsatzzahlen und Bilanzen zählen, auch. Das es selbst an wenigen Euro für die gesetzlich vorgeschriebene PSA und Ladungssicherungsmittel scheitert, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Verbesserungsvorschläge
Die Liste ist lang:
Es geht schon mit dem Bewerbungsprozess los. Wie sinnhaftig ist es, in einer Stellenanzeige von "modernen Arbeitsmitteln" zu schreiben, wenn man einen Kraftfahrer für seinen betagten und verkehrsuntauglichen 12 Tonner sucht?
Wie sinnhaftig ist es, im Vorstellungsgespräch elementare Tatsachen (wie etwa das Puckeln der Ware per Sackkarre bis in den hinterletzten Winkel, oder das ewige Parken in Feuerwehrzufahrten etc, die Drangsalierungen der Vorgesetzten usw), zu verschleiern, Dinge zu beschönigen oder zu verschweigen? Merkt der neue MA doch ohnehin... und wirft das Handtuch. Macht es wirklich Sinn, einen MA unter Vorspieglung falscher Tatsachen ins Boot zu holen? So ein Bewerbungsprozess kostet das Unternehmen schließlich viel Geld. Und der MA hat seinen alten Job gekündigt...Bravo!
Dann geht es weiter mit dem Gehalt. Die Vorstellungen des Unternehmens sind nicht mehr zeitgemäß. Das Gehalt durch einen versprochenen Bonus aufzubessern, hilft dem Fahrer über die Runden zu kommen, grätscht ihm aber bei der Sozialversicherung richtig in die Beine. Zudem: Bonuszahlung = freiwillig und jederzeit kürzbar. Das übt aber den nötigen Druck aus, damit die Leute ja nicht aufmucken, gelle?
Für gewöhnlich erwartet einen neuen Mitarbeiter nicht nur ein aufgeräumter und gereinigter Arbeitsplatz, sondern auch eine adäquate Einarbeitung. Wenn beides nicht gegeben ist, braucht man sich über Fluktuation, in diesem Falle eher Flucht, nicht wundern.
Ein respektvoller Umgang sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist in Zeiten von Fachkräftemangel aber elementar. Hierzu zählt auch, dass man nicht nur selbst die Mitarbeiter anständig behandelt, sondern auch seinen Kunden nicht suggeriert, Mitarbeiter des Unternehmens hätten keinen Stellenwert und dürften entsprechend behandelt werden.
Abschließend treffe ich folgende Aussage:
Vielerorts wird heftigst darüber debattiert, dass es kaum noch Fachkräfte gibt und die Mitarbeitergewinnung eine immer größere Herausforderung wird. Und es wird geschimpft, dass Menschen inzwischen lieber Bürgergeld beziehen, anstatt einer Beschäftigung nachzugehen.
Die Firma Keerl hat mir deutlich vor Augen geführt, dass oftmals nicht die Mitarbeiter, sondern die Unternehmen der Grund dafür sind.
Arbeitsatmosphäre
Druck von oben und das Gefühl drangsaliert zu werden, prägen den Arbeitsalltag.
Kommunikation
findet quasi nicht statt - gelästert wird dafür aber reichlich... über den Betrieb geschimpft auch
Kollegenzusammenhalt
Gibt es nicht. Jeder trägt hier Scheuklappen. Und es herrscht Ellenbogenmentalität.
Work-Life-Balance
Just work - no life. Vereinbart sind 40 Std/Woche, geleistet wird deutlich mehr. Da es, trotz gesetzlicher Verpflichtung, keine digitale Zeiterfassung gibt - in meinem Fall wurden die Arbeitszeiten überhaupt nicht erfasst, leiste ich permanent unbezahlte Überstunden. Auch die EG Kontrollgeräte der Fahrzeuge, sowie die Fahrerkarten der Fahrer, werden nicht ausgelesen.
Vorgesetztenverhalten
Unterirdisch. Die Personalführung empfinde ich als absolut respektlos und ohne jegliche Menschenwürde und Anerkennung. Das gesamte Unternehmen scheint 30 Jahre in der Zeit stehengeblieben zu sein.
Interessante Aufgaben
Wenn man es interessant findet, sich von unfreundlichen Kunden wie ein Mensch 2. Klasse behandeln zu lassen, zudem Paletten voller Ware händisch dem Kunden bis ins Regal zu räumen, nachdem man die kaum auffind- und zuwegbaren Lieferstellen gesucht hat, findet man diesen Job möglicherweise toll.
Gleichberechtigung
Die Frage stellt sich gar nicht. Alles was nicht im Büro sitzt, erfährt hier keinerlei Wertschätzung. Da spielen Alter, Geschlecht oder andere Parameter keinerlei Rolle.
Umgang mit älteren Kollegen
siehe oben
Arbeitsbedingungen
Das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe. Es gibt immerhin statt üblicher Hubwagen elektrische Ameisen. Die taugen nur leider nichts. Die Anschaffung erfolgte offenbar durch Entscheidungsträger, die so ein Gerät nie bedienen müssen. In meinem Fall erhielt ich das sehr betagte und defekte Gerät eines Kollegen, der es "ausgemustert" in eine Ecke gestellt hatte. DANKE!
Die Fahrzeugflotte hat offenbar noch nie eine Innenraumreinigung erlebt. Es wird gefahren, getankt und abgestellt. Wie die Autos nach den zum Teil bis zu 780.000 Km nun aussehen, kann man kaum in Worte fassen. Selbst Landwirte haben gepflegtere Traktoren.
Auch technisch ist die Flotte durch die Bank dem Wartungs- und Reparaturstau unterlegen, die bei einigen Fahrzeugen die Verkehrssicherheit massiv gefährdet. Abgefahrene Sommerreifen im Winter, Ölverlust, defekte Motorsteuerung und ABS, Hebebühne beschädigt etc etc
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Gibt es nicht. Hier wird auch für einen 2 Euro Artikel bis nach Flensburg gefahren. Die Tourenplanung ist aber selbst innerstädtisch der blanke Hohn. Ein wirres Zick Zack ohne jeglichen Sinn und Verstand. Das kostet unnötig Sprit.
Gehalt/Sozialleistungen
Die Gehaltsverhandlungen führt natürlich jeder selbst. Grundsätzlich würd ich aber sagen: Üppig ist anders. (Das ist das neue "Geiz ist geil")
Ich bin mit einer realistischen, aber eher geringen Summe in die Verhandlungen gegangen. Vertraglich vereinbart ist deutlich weniger, was durch Bonuszahlung und Spesen ausgeglichen werden soll. Beides aber vertraglich nicht festgehalten und somit jederzeit durch den AG streichbar.
Somit war für mich von vornherein klar, dass Keerl nicht die Firma bis zur Rente sein wird. Das ich bereits nach 1 Woche an Kündigung dachte, hätte ich aber selbst nicht erwartet.
Ansonsten guckst du bei Sozialleistungen in die Röhre.
Fazit: Auch monetär spiegelt Keerl ganz klar, welchen geringen Stellenwert die Mitarbeiter haben und mit wie wenig Wertschätzung die geleistete Arbeit honoriert wird.
Image
Die Bewertungen ( auch anderer Standorte) spricht Bände. Selbst viele Kunden beklagen sich. Um Tage verspätete Lieferungen, falsch kommissionierte Ware, unfreundliche Innendienstler.... da muss ich mir als Fahrer oft auf die Zunge beißen, nicht in das Wehklagelied einzustimmen.
Karriere/Weiterbildung
Als BKF hast du hier kaum ne Chance zum Aufstieg. Wohin auch? Es gibt ja nicht mal einen Fuhrparkleiter, keinen Verkehrsleiter, keine Lagerleitung.
Die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebenen Weiterbildungsmodule, so wurde es mir zumindest versprochen (inzwischen glaub ich nix mehr), werden von Keerl übernommen. So ein Versprechen kann man natürlich leicht geben, wenn man weiß, dass kaum jemand die 5 Jahre lang im Betrieb bleiben wird.