Alles in allem sehr (!) empfehlenswertes Praktikum, trotz einiger (für Konzerne) typische Probleme
Gut am Arbeitgeber finde ich
Einiges:
- die Bezahlung für ein freiwilliges Praktikum
- die Kollegen und Führungskräfte in der Abteilung, in der ich tätig war
- die steile Lernkurve als Praktikant und die Einblicke in den Arbeitsalltag, die man als Student an der Uni vermisst
- die Aufgaben, die man als Praktikant bekommt (wobei das natürlich immer von der Abteilung und Betreuung abhängt)
- dass ich so viele Frauen in Führungspositionen kennengelernt habe und diese Karriere und Familie scheinbar gut vereinen können
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Die typischen Dinge halt:
- wie unterschiedlich manche Abteilungen und ihre Kulturen sein können
- Benefits für Praktikanten decken sich nicht unbedingt mit den Bedürfnissen
- Kommunikation ist (konzernübergreifend) ausbaufähig, da je nach Abteilung teilweise andere ungeschriebene Regeln herrschen
- ich wiederhole mich, aber: der Kaffee... bin irgendwann lieber zum Bäcker nebenan und dann waren die vergünstigen Preise für mich auch nicht mehr relevant (zumal auch die regulären Preise bezahlbar sind) und wenn man schon für den Kaffee zahlt, finde ich, dass er auch schmecken sollte
Verbesserungsvorschläge
Ein paar Dinge:
- Irgendeine Form von Zuschuss/Vergünstigung o.Ä. für das Bus- und Bahnticket für Praktikanten, insbesondere da Festangestellte die Möglichkeit auf ein Firmenabo haben und Praktikanten nicht. Gerade wenn man wegen des vielen Home Office und Online Uni kein Studententicket hat, ist das mMn sinnvoll
- konzernübergreifende Kommunikation ist ausbaufähig, wobei ich glaube, dass es bei der Größe schwer wird, da irgendwas zu vereinheitlichen, aber das heißt ja nicht, dass man es nicht versuchen sollte
Arbeitsatmosphäre
Sehr produktive Arbeitsatmosphäre, Arbeit wird geschätzt, sowohl im Team als auch allein kann man sehr gut arbeiten
Kommunikation
Je größer die Einheit bzw. je weiter weg der Adressat desto schwieriger gestaltet sich die Kommunikation.
Insbesondere in anderen Abteilungen bzw. Schwesterunternehmen läuft es dann entweder über mehrere Ecken oder gar nicht, sodass sich die Arbeit verzögert. Aufgrund des Aufgabenbereiches ist man aber auf Zusammenarbeit angewiesen. Generell ist bei mir der Eindruck entstanden, dass die Kommunikation dort teilweise sehr schlecht ist und sich das bei einer Zusammenarbeit leider überträgt und man die negativen Konsequenzen davon abbekommt, obwohl man nichts dafür kann. Das bezieht sich jedoch nicht allein auf Praktikanten, sondern generell alle Positionen sind davon betroffen.
Aber bezogen auf die Abteilung, in der ich war, gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Hier und da gab es mal Missverständnisse oder aufgrund von Zeitdruck wurde die Kommunikation mal etwas "grob", aber nichts, was sich nicht schnell klären ließ. Und "trotz" Corona und viel Home Office wurde man als Praktikant nie hängen gelassen, sondern hatte regelmäßige Gespräche und einen Ansprechpartner, auch wenn die eigentliche Betreuung krank oder im Urlaub war.
Kollegenzusammenhalt
In der Abteilung herrscht ein super Kollegenzusammenhalt.
Jeder ist am Erfolg der anderen interessiert (da es auch den Erfolg des Teams reflektiert), unterstützt wo er kann und auch die Führungskräfte repräsentieren das. Den Mitarbeitern und Praktikanten wird vertraut, Aufgaben je nach Auslastung der Person delegiert, Unterstützung zugesichert etc.
Abteilungsübergreifend ist das ähnlich: auch dort ist man meist daran interessiert weiterzuhelfen und auch wenn die Kommunikation nicht immer gut läuft, ist der Zusammenhalt doch da. (Schwarze Schafe gibt es jedoch auch hier, aber das lässt sich mMn nie vermeiden.) Daran merkt man eben doch, dass der Konzern eine Art familiären Zusammenhalt hat.
Diesen bekommt man als Praktikant zumindest in dieser Abteilung auch zu spüren, da man direkt aufgenommen wird, Unterstützung erfährt und überall (Team-Events, Mittagessen etc.) mitgenommen wird, was einem das Gefühl der Wertschätzung vermittelt. Auch nach dem Praktikum wird Kontakt gehalten, was ich als sehr positiv empfinde.
Work-Life-Balance
Durch Corona und Home Office gibt es die Möglichkeit sowohl zeitlich als auch örtlich sehr flexibel zu arbeiten.
Hat man bspw. einen privaten Termin während der Arbeitszeit, kann man entweder entsprechend Überstunden aufbauen, oder eine verlängerte Pause machen und die Stunden später am Tag nachholen. Als Praktikant führt man jedoch, im Gegensatz zu den Festangestellten, eine Excel-Liste mit Arbeitszeiten. Diese schaut jedoch keiner genauer an, sodass man (solange man sein Soll erfüllt) sehr flexibel ist. Urlaub bei einem freiwilligen Praktikum beträgt 2,5 Tage pro vollständigen Monat, den man relativ flexibel planen kann. Ist dieser aufgebraucht und man braucht doch spontan frei, kann man das immer mit der Betreuung klären - wurde mir so zumindest vermittelt.
Auch die Aufgaben waren absolut verhältnismäßig und sogar überraschend abwechslungsreich. Zum einen relative Standardaufgaben, aber auch komplett neue Sachen, die man ggf. noch nie gemacht hat. Kaffee holen und kopieren muss man nicht - tatsächlich glaube ich, dass öfter mir mal ein Kaffee mitgebracht wurde als anders herum...
Vorgesetztenverhalten
Im Team und in der Abteilung absolut positives Vorgesetztenverhalten.
Wie bei der Kommunikation erwähnt gibt es jedoch auch andere Abteilungen im Konzern, deren Vorgesetzte ganz anders ticken. Es kam vor, dass der Frust über schlecht laufende interne Prozesse und Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen an genau diesen ausgelassen wurde statt nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Umso deutlicher wurde der Unterschied zwischen den Abteilungen, wenn Führungskräfte und/oder Kollegen den "Betroffenen" Unterstützung bieten, den Rücken stärken und solch ein Fehlverhalten Anderer offen kritisieren.
Auch bei anderen problematischen Sachverhalten stärken einem die Führungskräfte den Rücken und bieten an bei kritischen Gesprächen u.Ä. durch ihre Anwesenheit zu unterstützen. Das gilt sowohl für Praktikanten als auch für Festangestellte - daher großes Lob an diese Abteilung!
Interessante Aufgaben
Liegt ja immer im Auge des Betrachters, aber die Aufgaben waren auf jeden Fall vielfältig, sodass man sich so ziemlich überall mal ausprobieren konnte.
Typische Praktikantenaufgaben wie Kopieren und Kaffee holen gab es, wie bereits erwähnt, absolut nicht. Es kam zwar vor, dass man mal Aufgaben übernommen hat, die vielleicht nicht 100%ig zum Aufgabenbereich passen, aber ich habe das als vollkommen in Ordnung wahrgenommen. Schließlich gehört das mMn auch dazu, wenn man den Arbeitsalltag möglichst genau kennenlernen möchte. Und als Praktikant war man damit definitiv nicht alleine: jeder hat mal Aufgaben übernommen, die vielleicht unüblich sind.
Direkt zu Beginn wurde mir gesagt, dass man über Arbeitspensum und Inhalt der Aufgaben immer sprechen kann - sprich wenn es zu viel/zu langweilig/zu wenig etc. wird, lässt sich das in Absprache anpassen. Das habe ich nicht in Anspruch nehmen müssen, allerdings fiel es manchmal schwer die Aufgaben zu priorisieren, was sich jedoch in einem Gespräch klären ließ.
Dass ich zum Ende des Praktikums viel anderes zu tun hatte und einige größere (zeitunabhängige) Aufgaben nicht mehr zu Ende bringen konnte, war schließlich auch kein Problem.
Gleichberechtigung
Viele Frauen in Führungspositionen aber kaum Diversität in anderen Bereichen.
Ich habe während meines Praktikums viele Frauen in Führungspositionen kennengelernt. Mag an dem Fachbereich liegen, aber ich denke auch in anderen Abteilungen haben Frauen gute Chancen. Interessant finde ich auch, dass diese Bereiche meist mehr Neues ausprobieren und zulassen und der Teamzusammenhalt stärker ausgeprägt zu sein scheint, als in anderen Abteilungen. Das kann man natürlich nicht immer genau oder objektiv beurteilen, aber zumindest ist bei mir dieser Eindruck entstanden...
Was mir jedoch auch aufgefallen ist, dass kaum Diversität in Bezug auf andere Eigenschaften als das Geschlecht (Herkunft etc.) herrscht. Ich denke hieran könnte man noch arbeiten.
Umgang mit älteren Kollegen
Da das Durchschnittsalter der Mitarbeiter generell eher hoch als niedrig ist, denke ich, dass der Umgang mit älteren Kollegen gut ist.
Auch die Besetzung der Führungspositionen im Konzern spiegelt das mMn wieder. Wobei ich auch sagen muss, dass viele der Führungskräfte deutlich jünger wirken und agieren, als man denken würde. Zumindest war ich oft überrascht, dass einige Personen älter sind als ich geschätzt habe. Ich kann mir aber vorstellen, dass auch das an dem Fachbereich liegt, da man von/über andere Abteilungen manchmal das Gegenteil hört.
Arbeitsbedingungen
Super Ausstattung auch im Home Office
Auch als Praktikant wird man mit Technik (Laptop, Maus, Tastatur etc.) ausgestattet, die man auch im Home Office verwenden kann. Gibt es mal Probleme ist die IT telefonisch sehr schnell erreichbar, hilfsbereit und hilft auch tatsächlich sehr gut. Dementsprechend waren die Arbeitsbedingungen im Home Office gut, auch wenn man natürlich lieber vor Ort oder im direkten Austauch mit Kollegen gearbeitet hat.
Nachdem das Büro quasi gerade erst renoviert und neu gestaltet wurde, habe ich sehr gerne dort gearbeitet. Generell gibt es offene Büroflächen mit Desk-Sharing, die aufgrund der Hygieneregeln jedoch nicht voll besetzt sein konnten. Es war aber nie ein Problem einen Platz zu finden. Für Meetings oder Termine via Videochat gibt es extra Räumlichkeiten, in die man sich zurückziehen konnte. In jedem Stockwerk gibt es eine gut ausgestattete Küche und sehr saubere Toiletten.
Kantine hatte die ganze Zeit offen, zu Beginn nur, um das Essen mit ins "eigene" Stockwerk zu nehmen, später auch, um vor Ort zu essen (was ich aber nie gemacht habe). Essen ist für den Preis vollkommen in Ordnung, mal gibt es bessere, mal schlechtere Tage - Geschmackssache ;)
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Man tut was man kann, aber die Möglichkeiten sind wohl begrenzt...
Als Energieunternehmen natürlich sehr an der Umwelt und einem grünen Image interessiert. Es wird auch viel auf umweltfreundliche Maßnahmen geachtet bspw. keine Plastikverpackungen in der Kantine, Bewegungsmelder statt Lichtschalter, Fairtrade-Kaffee etc. - es wird geschaut, was man tun kann. Aber da es nunmal ein sehr großer Konzern ist, kann man mMn nicht das ultimative Umweltschutzprogramm erwarten...
Gehalt/Sozialleistungen
Freiwillige Praktika werden wirklich sehr gut entlohnt und Sozialleistungen passen soweit.
Für ein freiwilliges Praktikum bekommt man je nach Abschluss/Kenntnis eine Vergütung (im Bachelorstudium 650€ monatlich, bei Verlängerung auf über 3 Monate wird auf Mindestlohn erhöht), Anspruch auf Urlaub (2,5 Tage pro vollständigen Monat, diesen muss man auch komplett nehmen), vergünstige Preise in der Kantine und am Kaffeeautomaten (Preise wären aber auch so bezahlbar).
Schön fände ich es einen Zuschlag o.Ä. zum Bus- und Bahnticket anzubieten, insbesondere, wenn man schon die VAG zum Schwesterunternehmen hat...
Image
Habe bis auf wenige Ausnahmen nur Gutes mitbekommen
Kann aber selbst nicht beurteilen, ob das auch der Realität entspricht, da ich nur weniger Monate vor Ort war und mir der Einblick in andere Abteilungen etc. fehlt...
Karriere/Weiterbildung
Für Praktikanten begrenzt, aber generell gibt es Möglichkeiten...
Ich hatte die Möglichkeiten bei externen Webinaren, Online Veranstaltungen etc. teilzunehmen und Input zu gewissen Themen von Außen zu bekommen, weiß aber nicht wie das in Zeiten von Präsenzveranstaltungen aussieht. Generell kann man sowas mMn auch nicht mit richtigen Weiterbildungen o.Ä. vergleichen aber da man als Praktikant meist eh noch studiert, hat man damit die perfekte Mischung aus Theorie und Praxis.
Für Festangestellte bestehen, soweit ich weiß, verschiedene Möglichkeiten zur Weiterbildung, was aber auch immer mit der Führungskraft abzusprechen ist.
Zum Thema Karriere kann man als Praktikant höchstens auf eine Stelle als Werkstudent hoffen, was schade, aber mit Hinblick auf Kapazitäten verständlich ist (man kann ja nicht jeden Praktikanten direkt in eine Festanstellung übernehmen).