Sackgasse
Gut am Arbeitgeber finde ich
Drumherum gibt’s viele gute Essmöglichkeiten.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
s.o.
Verbesserungsvorschläge
GF/CD in den Ruhestand schicken und mit Leuten aus der Gegenwart weitermachen.
Arbeitsatmosphäre
Grundsätzlich sind fast alle Kolleg*innen unterhalb der CD/GF-Stufe sehr nett, hilfsbereit, interessiert und kollegial. Die Kreativdirektion ist auch erstmal nett, arbeitet jedoch seit 15+ Jahren dort und ist für viele Dinge völlig betriebsblind und agiert zum Teil ziemlich selbstgerecht. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass interne Verbesserungsvorschläge und Kritik, die von Mitarbeiter*innen "nach oben" weitergegeben werden, verbal erstmal willkommen geheißen werden, am Ende aber nur heiße Luft davon übrig bleibt, die dann als catchy Satz in die "Agenturphilosophie"-Bibel geschrieben werden. Wirklich ernst nehmen tut dieses Heft niemand, ist ja auch nur zur Eigenwerbung der Agentur bei den Angestellten und nicht als belastbares Fundament der Agenturausrichtung in Gebrauch.
Insgesamt Entscheiden die Vorgesetzten (Boys Club!) vor allen Dingen nach ihrem eigenen Geschmack oder nach ihrer subjektiven Interpretation einer Strategie, von deren Entstehung und Sinn erstmal niemand etwas mitbekommt. Alle sollen aber Feuer und Flamme sein und Ideen entwickeln. Niemand weiß also eigentlich genau, wo die Reise hingehen soll, außer denen, die am Ende die Ideen abnicken.
Kommunikation
Die interne Kommunikation von "oben nach unten" ist von taktischem Charakter. Auf gleicher Ebene mit den Angestellten spricht es sich in der Regel offen und ehrlich, es gibt einen regen Austausch, wenn jemand mal Schwierigkeiten hat und es wird auch viel Agenturkritik laut. Die Hoffnung, dass sich da jemals etwas ändert hat aber niemand, weil die Strukturen geradezu verkrustet sind.
Kollegenzusammenhalt
Der Zusammenhalt ist grundsätzlich ganz gut unter den jüngeren Kolleg*innen. Es gibt ein paar Kolleg*innen, die die Zustände in der Agentur im Speziellen und der Branche im Allgemeinen so verinnerlicht haben, dass sie niemals Kritik daran formulieren würden. Das sind auch diejenigen, von denen man keine Solidarität erwarten kann, wenn man Kritik üben will.
Die Agentur will unbedingt Identifikationsfläche sein und ein Gefühl der Gemeinsamkeit und des Zusammenhalts wird den Mitarbeiter*innen von oben herab aufgedrängt. Das fühlt sich sehr befremdlich und unaufrichtig an. Als ob jemand unbedingt dein Freund sein will, egal wie eigenartig, unfair oder verlogen sich die Person verhält.
Work-Life-Balance
Dass es in manchen Agenturen immer noch üblich ist, die Arbeit wichtiger zu nehmen als alles andere, ist so klar, wie es von Gestern ist. Überstunden werden erwartet und nicht besonders gewürdigt. Wenn man länger als 20:30 arbeiten muss, darf man sich Pizza bestellen. Wow, danke. Nach einer Nachtschicht darf man auch mal später in die Agentur kommen. Puh. Viele Kolleg*innen berichten davon, dass sie Freundschaften außerhalb der Arbeit, besonders außerhalb der Werbeagentur-Blase nicht pflegen oder sogar halten können, weil sie keine Verabredungen einhalten können. Wer nicht länger bleibt, wird von einigen Kolleg*innen als unsolidarisch kritisiert, dabei ist es tatsächlich unsolidarisch, wenn alle die schlechten Arbeitszeiten einfach mitmachen, statt gemeinsam, solidarisch für eine bessere "Work-Life-Balance" sorgen.
Vorgesetztenverhalten
Es geht grundsätzlich erstmal freundlich zu. Man gibt sich oft Kumpelhaft. Das verschleiert natürlich das Machtgefälle zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter*innen, das natürlich existiert und ständig wirkt. Es wird versucht, Distanz abzubauen, wo sie Gesund wäre. Ein*e Arbeitgeber*in ist KEINE Familie, auch wenn viele Agenturen das gern so hätten und ständig versuchen, Familiarität zu erzeugen. Der Zweck ist natürlich Ausbeutung und das Erzeugen einer Bereitschaft der Mitarbeiter, sich leidenschaftlich für die Agentur selbst auszubeuten. Aber das ist wahrscheinlich auch ein grundsätzliches, branchenweites Phänomen, was es nur schlimmer macht. Wenn zwischendurch sexistische, homophobe, mitunter auch antisemitische Äußerungen von Vorgesetzten getätigt werden, stört das scheinbar auch nur diejenigen Mitarbeiter*innen, denen die Äußerungen gegolten haben.
Interessante Aufgaben
Die Agentur hat ihren kreativen Zenit lange überschritten und versucht selbst die ödesten Projekte noch als Gewinn zu verkaufen. Leider versteht fast niemand in der Agentur etwas von Umsetzung und Handwerk, was auch schon von Kolleg*innen geäußert wurde. Dazu wurden dann interne Workshops veranstaltet, bei denen ein Mitarbeiter den anderen ein paar Dinge gezeigt hat. Das war interessant und ganz hilfreich, hat aber auch gezeigt, wie wenig handwerkliche Fähigkeiten tatsächlich vorhanden sind. Die Projekte könnten viel interessanter sein, wenn alle so richtig gut im Umsetzen wären und man nicht nur tolle Ideen entwickelt, die man dann mit Ach und Krach fertigbastelt. Dadurch werden Projekte teilweise zum Horrortrip und man möchte sie auch nicht in seinem Portfolio haben.
Gleichberechtigung
Boys Club. Frauen machen sehr viel gute Arbeit und werden trotzdem noch anders behandelt als Männer. Teilweise müssen sie sich auch noch sexistische Sprüche anhören. Ihre Arbeit wird gewürdigt, aber dass mal eine Frau in die CD/GF aufsteigt, ist unvorstellbar.
Umgang mit älteren Kollegen
Ältere, männliche Kollegen (40+) sind in diesem Unternehmen Teil der GF. Die haben zumindest äußerlich erkennbar keine Schwierigkeiten. Ältere Kolleginnen sind in der Buchhaltung, am Empfang und im Sekretariat, den einzigen Abteilungen, die regelmäßig pünktlich Feierabend haben. Allerdings sind auch hier die leider üblichen Geschichten hinter den Personen: Kind bekommen, als nicht mehr qualifiziert genug eingeschätzt, herabgestuft, eins Kämmerchen verbannt. "Die kann so gut organisieren, die ist ja auch ’ne Frau" ist leider immernoch eine Job-Description in dieser Branche.
Arbeitsbedingungen
Technische Geräte vorhanden, aber leider in einem oft erbärmlichen Zustand. Das Atelier ist der chaotischste, unaufgeräumteste Ort, den ich je als Arbeitsplatz gesehen habe.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Fassade. Wenn man damit Geld verdienen kann, wird es proklamiert. Ansonsten wird es belächelt. Viva Con Agua als Hausmarke fürs Mineralwasser ist ja ok und wird mit Stolz gezeigt. Aber weil eine Person aus der GF gerne Coca Cola Light trinkt, ist der Kühlschrank voll mit dem Zeug. Das ist natürlich zusammen gesehen edgy und sehr Werber-like – Gut und Böse im selben Kühlschrank!
Sozialverträglichkeit ist dann gut, wenn sie werbewirksam in Szene gesetzt werden kann. Wenn man sie ernst nimmt (wenn man überhaupt etwas wirklich ernst nimmt), wird man belächelt.
Gehalt/Sozialleistungen
"Mit dem Gehalt sind Überstunden abgegolten" ist Vertragsbestandteil. Eine eigentlich unrechtmäßige und nicht rechtsgültige Klausel, die aber durchaus als Finanz-Philosophie der Agentur taugt.
Image
Wenn man erfahrenere Leute aus anderen Agenturen trifft und denen erzählt, man arbeite bei Nordpol+, heißt es oft: "Ach, die gibt’s noch?". Wenn man ehemalige Mitarbeiter*innen kennenlernt, hört man schonmal: "Mach, dass Du da wegkommst.".
Karriere/Weiterbildung
Man kann eigentlich nur innerhalb von Nordpol+ ein wenig aufsteigen. Was bei Nordpol+ richtig gut ist, ist bei anderen Agenturen so lala. Selbst- und Fremdwahrnehmung, sowie Alltagsrealität klaffen enorm weit auseinander.