Ein Unfall in Zeitlupe!
Arbeitsatmosphäre
Man ist ständig unterbesetzt, und die eigene Arbeit wird nicht wertgeschätzt. Geburtstage oder lange Betriebszugehörigkeiten (Jubiläen) werden mit viel zu langer Verspätung – nicht Tage oder Monate, sondern Jahre – angesprochen oder gar vergessen. Auf Nachfrage wird dies mit unnötigen Witzen heruntergespielt. Ein unprofessionelles Verhalten seitens des Managements und der Schichtleiter ist zu beobachten.
Kommunikation
Kommunikation erfolgt nur auf einer 'Need-to-know'-Basis, das heißt, Briefings seitens des Kunden oder des Managements werden sofort schriftlich oder mündlich weitergegeben. Eigene Wünsche und Anregungen werden ignoriert oder viel zu spät und halbherzig beantwortet. Arbeitsgesetze werden ebenfalls nur lax umgesetzt, da sie als unnötig erachtet werden, den Profit der Firma nicht fördern und somit unerwünscht sind.
Kollegenzusammenhalt
Der Kollegenzusammenhalt ist sehr gemischt: Einige sind sehr freundlich und versuchen, so gut wie möglich zu helfen. Für andere bist du nur ein Dorn im Auge, da du ihnen Schichten wegnimmst. Ich würde sagen, es hält sich die Waage mit 50/50. Es haben sich Gruppen gebildet, denen es wichtiger ist, so viel Geld wie möglich aus der Situation herauszukitzeln, ohne Rücksicht auf die Qualität zu nehmen, sprich: Sie leisten Überstunden ohne Ende (monatlich mehr als 250 Stunden). Wiederum gibt es eine Fraktion, die versucht, Work-Life-Balance und hochwertige sowie sichere Arbeitsumgebungen unter einen Hut zu bringen.
Work-Life-Balance
Wie bereits erwähnt, muss man sich selbst um alles kümmern und aktiv dem Vorgesetzten mitteilen, was man kann und zu tun bereit ist. Die Vorgesetzten kommen ihrer Fürsorgepflicht nicht nach, es ist ihnen zu viel Arbeit, und zudem fehlt es dem Supervisor an der nötigen Qualifikation, um fundierte und gute Entscheidungen zu treffen. Wenn man selbstbewusst ist und keine Scheu davor hat, der Firma die Stirn zu bieten, dann kann man relativ gut alles in Balance bringen. Vorausgesetzt, man hat einen Festvertrag, denn in der Probezeit ist Kritik oder gar der Aufbau einer guten Work-Life-Balance nicht erwünscht.
Vorgesetztenverhalten
Viele nehmen Dinge zu persönlich, was, wie gesagt, dem Mangel an notwendiger Qualifikation geschuldet ist; der Ausdruck 'den Bock zum Gärtner machen' würde hier perfekt passen. Sie werden auch nicht geschult, da Schulungen in diesem Bereich seit 2015 nicht mehr angeboten werden. Sie wurden als unnötig für den Profit wegrationalisiert. Ich spreche größtenteils vom Supervisor. Die Managementebene macht auch keinen besseren Eindruck, vermittelt aber zumindest den Anschein von Anteilnahme, ist im Grunde jedoch auch nicht besser.
Interessante Aufgaben
Anfangs ist es sehr interessant, weil ein großer, bunter Haufen an Leuten hier arbeitet. Später kommt die Ernüchterung, und man merkt, dass man, wie in vielen Firmen, nur eine Nummer ist, die funktionieren soll. Hier sogar bei allen Jahreszeiten, da man hauptsächlich draußen den Elementen ausgeliefert arbeitet. Wenn man sehr sozial ist und den Umgang mit vielen verschiedenen Kulturen interessant findet, dann kann man viel lernen. Karriere machen geht nur, wenn in der oberen Ebene ausgemistet wird und man genug Stunden gearbeitet hat, um auch in Zukunft viel Profit für die Firma zu generieren. Dann schafft man es zum Assistenten des Supervisors und vielleicht auch zum Supervisor. Unbedingter Gehorsam und das Aufgeben seines Privatlebens sind ein Muss für die Karriere. Wissen und Qualifikation sind eher zweitrangig oder gar unwichtig.
Gleichberechtigung
Alle werden gleich bezahlt, unabhängig davon, wie lange sie bereits in der Firma arbeiten, und auch unabhängig vom Geschlecht. Gleichberechtigung ist in den Grundzügen gegeben, jedoch stehen der Betriebsrat und die Chefetage gewissen Entscheidungen, wie zum Beispiel der Jahresurlaubsplanung oder der Vergabe von Schichten und Posten, sehr ambivalent gegenüber. Dies ist wohl auch auf fehlende arbeitsrechtliche Kenntnisse zurückzuführen, sowie darauf, dass im Betriebsrat größtenteils Supervisoren sind, die pro Firma eingestellt sind
Umgang mit älteren Kollegen
Die Firma versucht, ältere Kollegen zu behalten und sie bei der Arbeit zu entlasten. Dabei werden sie als Teilzeitkräfte eingestellt und können somit frei über ihre Freizeit verfügen. Es sind jedoch wirklich nur wenige, die meisten scheiden aus, da sie physisch nicht mehr in der Lage sind, den Sporttest zu bestehen (umgangssprachlich PT).
Arbeitsbedingungen
Ein Desaster, Stand der 70er Jahre: Die sanitären Anlagen sind größtenteils einfach ungenügend, nur wenige Posten sind modern, aber zum Großteil sind sie veraltet. Arbeitsgesetze werden mit Füßen getreten, es gibt keine Pausen; stattdessen wird die vorgeschriebene Pause mit einer halben Stunde extra vergütet. Dies wird jedoch so nicht kommuniziert, und man kommt oft viel zu spät nach Hause, sogar nach einer 8-Stunden-Schicht. 12-Stunden-Schichten werden auch nur mit einer halben Stunde extra vergütet, obwohl laut Gesetz hier eine Stunde Pause fällig wäre. Viele solche Dinge sind einfach illegal.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Fair Trade? Da es sich um ein reines Dienstleistungsunternehmen handelt, gibt es keinen Umwelt- oder Klimaschutz. Alle fahren mit ihrem eigenen Fahrzeug zur Arbeit; ein Bus-and-Collect-System wird nicht angeboten. Wir arbeiten viel mit Papier, das eigentlich sehr gut digitalisiert werden könnte. Das wäre eine gute Möglichkeit, der Umwelt etwas Gutes zu tun. Wird aber nicht gemacht.
Gehalt/Sozialleistungen
Es gibt keine Betriebsrente oder Sozialpläne seitens des Arbeitgebers, obwohl dies theoretisch und praktisch möglich wäre. Das Gehalt ist angemessen, hat jedoch noch Luft nach oben, wenn man bedenkt, dass man mit einer scharfen Waffe Dienst tut und jederzeit etwas passieren könnte. Es gibt Versprechungen für Weiterbildungen, aber größtenteils ist das alles eher Wunschdenken als Realität. Man tut gut daran, sich selbst weiterzubilden.
Image
Das Image unter den Mitarbeitern ist sehr schlecht; Kritik wird untereinander sehr oft geäußert. Selbst die Schichtleiter beteiligen sich daran und schüren es noch weiter mit unnötigen Gerüchten und Erzählungen. Dies zeigt wiederum, wie unprofessionell die obere Ebene ist. Die Führungsebene sieht man nur sehr selten auf den Posten. Von außen sieht es besser aus, da man für die US-Army arbeitet und dementsprechend eine große Kompetenz vermutet wird, was jedoch nicht der Fall ist.
Karriere/Weiterbildung
Der Persönlichkeitsentwicklung kann man definitiv Positives abgewinnen; wer es hier schafft zu bestehen, der kann auch in vielen anderen Firmen locker mithalten. Weiterbildung wird, wie schon erwähnt, eher selten oder gar nicht angeboten. Einen beruflichen Aufstieg kann man finden, indem man dies als Sprungbrett für die nächste, hoffentlich bessere Firma nutzt.