Software Development - aber bitte nicht so!
Gut am Arbeitgeber finde ich
An den Feiern durfte ich feststellen, dass die meisten der Leute, an deren Maßnahmen ich tagsüber angeeckt bin, eigentlich mega cool drauf sind. Ich denke, hier gibt es viel Potential, das Schiff künftig in die richtige Richtung zu steuern.
Verbesserungsvorschläge
Ich weiß nicht, ob eine Angst vor Kontrollverlust oder ein grundsätzlich mangelhaftes Maß an Vertrauen zu dieser Situation geführt hat. Ich hoffe aber stark, dass sich hier in der nächsten Zeit etwas tut, und die oberen Reihen sich dafür bereit machen, Verantwortung und Kontrolle nach unten hin abzugeben, und ihre Aufgaben geprägt durch Führung und Unterstützung und weniger durch Kontrolle wahrnehmen.
Ich habe Verständnis dafür, dass Führungsaufgaben in einem schnell wachsenden Unternehmen eine sehr große Herausforderung ist, und möchte hiermit appellieren, die Veränderungen als Chance wahrzunehmen.
Arbeitsatmosphäre
Der agile Zyklus wirkt aufgrund der auf Zeitschätzungen basierenden Aufgaben-Pensums sehr stressig. Aufgaben werden häufig qualitativ schlecht umgesetzt, was mit dem Vorwand des "wirtschaftlichen Denkens" entschuldigt wird, ohne auf die langfristigen Implikationen zu achten. Die Anzahl der Bugs, die in jedem Sprint auftreten, sprechen für sich.
Benötigt man bei einer Aufgabe fachliche Unterstützung, ist es schwer, qualifizierte Hilfe zu erhalten. Im besten Fall löst ein langjähriger Entwickler die Aufgabe für einen, ohne dass man selber dabei wirklich etwas lernt. Im schlechtesten Fall wird man darauf hingewiesen, dass man sich mal früher darum hätte kümmern können.
Benötigt man für eine Aufgabe doch länger, fällt häufig der Begriff "Fail Fast", ein Unternehmenswert, für den ich in meiner Zeit immer weniger Verständnis hatte, da in der Realität der Name häufig Programm war: "Hör auf, so lange zu brauchen. Baue lieber schnell etwas funktionales aber schlechtes, als etwas mehr Zeit in etwas qualitativ Hochwertiges zu investieren".
Letztendlich konnte ich mich nicht mehr mit den Werten des Unternehmens identifizieren.
Kommunikation
Innerhalb des Teams sehr gut.
Allerdings fällt sehr schnell auf, dass die Kommunikation zwischen Entwicklerteam und anderen Stakeholdern mangelhaft ist. Versucht man ein Features zu bauen, gibt es schnell verschiedene Leute, die dieses unterschiedlich umgesetzt haben wollen. Es gibt zwar die Position des Product Owners, allerdings bildet dieser keine wirkliche Schnittstelle zwischen Entwickler und Stakeholdern, sondern erfüllt maximal eine beratende Funktion bezüglich fachlicher Details während des Backlog Refinements und Sprint Plannings. Auch die Unternehmensführung versucht häufig, die Rolle des PO zu übernehmen, was einerseits häufig dazu führt, dass man bereits gebaute Funktionalität wegwirft, da es doch ganz anders umgesetzt werden soll, andererseits natürlich die komplette Position des PO untergräbt.
Es werden selten Akzeptanzkriterien definiert und wenn sie definiert werden, gibt es häufig mindestens einen Stakeholder, der damit nicht einverstanden ist. Nachdem man das Feature bereits implementiert hat.
Das führt zusätzlich dazu, dass es nahezu unmöglich ist, einen zufriedenstellenden Sprint durchzuführen.
Kollegenzusammenhalt
Innerhalb des Teams wirklich absolut großartig, hier gibt es nichts auszusetzen.
Work-Life-Balance
Im Großen und Ganzen in Ordnung.
Vorgesetztenverhalten
Innerhalb des Teams sehr gut.
Schaut man im Organigramm nach oben, sieht man sich allerdings schnell mit Problemen konfrontiert.
Die größte Belastung stellt das hohe Maß an Micro-Management dar, welches von der Geschäftsführung und der Direction durchgeführt wird. Hier besteht ein hohes Interesse daran, in welcher Aufgabe der Mitarbeiter einzelne Stunden verbringt und wie viele Stunden er im Vergleich zu dem benötigt, was für diese Aufgabe vorgesehen war. Wir reden hier von Aufgaben, die üblicherweise im Bereich 1 - 4 Stunden Zeit beanspruchen (sollen). Das führt zu einem sehr hohen Maß an Stress, da man selbst kleinere Übertretungen dieser Schätzungen selbst gegenüber der Geschäftsführung rechtfertigen muss.
Diesen sehr auf Kontrolle basierenden Führungsstil merkt man auch dadurch, dass für den Development-Bereich plötzlich KPIs eingeführt wurden, wodurch noch einmal zusätzlich Druck entstanden ist. Derartige Maßnahmen haben nichts mit Softwareentwicklung im 21. Jahrhundert zu tun.
Interessante Aufgaben
Als "normaler" Entwickler ist man zu wenig im Bereich Konzeption, Design- und Architekturarbeit unterwegs und wird zu viel als "reiner Programmierer" genutzt. Dennoch gibt es auch hier hin und wieder interessante und anspruchsvolle Aufgaben. Sich in diesen auszuleben wird dann aber wieder mit dem Mantra des "wirtschaftlichen Denkens" und den Zeitschätzungen torpediert.
Technisch sind die Aufgaben meist weniger anspruchsvoll, fachlich hingegen umso mehr. Wer Spaß an Finanz-Thematiken hat, wird hier auf seine Kosten kommen.
Gleichberechtigung
Meiner Einschätzung nach sehr vorbildliches Verhalten. Auch wenn ich meine Einschätzung hier nur aus Sicht einer Gruppe, die in diesem Kontext als "höchst privilegiert" gilt, schildern kann.
Umgang mit älteren Kollegen
Es gibt wenige ältere Kollegen und kann ich nicht einschätzen, wie mit älteren Bewerber im Bewerbungsprozess umgegangen wird. Aber ich habe den Eindruck, dass innerhalb der Firma alle sehr fair behandelt werden.
Arbeitsbedingungen
Ich war selber nur sporadisch im Büro, da ich die meiste Zeit remote gearbeitet habe, an der Ausstattung selber kann ich wenig aussetzen. Die Schreibtische sind groß, die Monitore sind in Ordnung, es gibt Getränke und Kaffee. Um das Essen muss man sich aber selber kümmern.
Abzug gibt es hier bei Hardware. Die Laptops sind, kurz zusammengefasst, schlecht. Es war nicht möglich, einen 4K-Monitor zu betreiben, ohne dass es beim Bewegen der Fenster und anderen Interaktionen zu einem ernsthaften Lag gekommen ist. Andere Kollegen hatten Probleme, die Software überhaupt lokal zu betreiben, da hier Kapazitäten beim Arbeitsspeicher fehlte.
Lizenzen für benötigte Software sind annähernd unmöglich zu bekommen, sofern es nicht dem vorgegebenen Standard entspricht. So habe ich am Ende meine eigenen, privaten Lizenzen aus eigener Tasche bezahlt, da der Prozess diesbezüglich unerträglich wurde.
Im Jahre 2022 sollte es möglich sein, sich als Entwickler die Hardware und Software selber auszusuchen. Finanziell sollte das für Qplix absolut kein Problem darstellen.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Es gibt die Möglichkeit, Tickets für den Münchner ÖNV oder Zuschuss für ein Fahrrad als Benefit zu bekommen. Die Aktion mit dem Münchner Geschenkeregen ist auch eine wirklich tolle Sache. Durch die Parkplatzsituation in der Nussbaum- und den umliegenden Straßen wird man dazu ermutigt, besser nicht mit dem Auto zu kommen, auch wenn es nicht die Intention war. Das zähle ich als Plus für Umweltbewusstsein.
Gehalt/Sozialleistungen
Das Gehalt ist gut, alles in allem relativ durchschnittlich.
Karriere/Weiterbildung
Man bekommt ein vernünftiges Budget für Weiterbildungen zur Verfügung gestellt. Auf meinen offiziell eingereichten Antrag wurde allerdings nicht reagiert, man hat zwar per Hörensagen mitbekommen, dass es wohl in Ordnung ist, aber wie und wann man am Ende das Geld oder den Zugang für den Kurs bekommt, da kam leider nichts mehr.