Große Ambitionen, wenig Substanz
Arbeitsatmosphäre
Ausgesprochen nette und hilfsbereite Kolleg*innen, die auch in stressigen Phasen zueinander halten. Leider lässt sich dies von der Agenturführung (die übrigens zwei der 5-Sterne-Bewertungen hier verfasst hat) nicht sagen: Nach anfänglichem Wohlfühl-Umgang zeigte sich vor allem unter Druck, dass der Anspruch "anders als andere Agenturen" zu sein, nur Fassade ist. In Ruhezeiten herrschte stets eitel Sonnenschein, bei Komplikationen wurde es schnell laut, wenig fair und im Tonfall mehr als ein paar Nummern daneben.
Kommunikation
"Kommunikation" war leider Mangelware. Über laufende Projekte, benötigte Informationen und Co. musste man sich stets bei anderen Kolleg*innen informieren, abseits von Phrasen wie "Wir wollen in der 1. Liga mitspielen" gab es wenig Informationen zur Ausrichtung/Zukunft der Agentur. Auch über Entlassungen und andere gravierende Dinge wurde man idR erst offiziell informiert, wenn es bereits die komplette Belegschaft aus dem Buschfunk wusste. Die auf Angestelltenwunsch eingerichtete Jour Fixe ist zu einem Austausch über private Erlebnisse verkommen, wichtige Infos wurden immer in Kleingruppen a la "need-to-know-Prinzip" geteilt.
Kollegenzusammenhalt
Wie anfangs erwähnt, gehören die Kolleg*innen bei RDRGZ zu den besten, die ich je erlebt habe. Man hilft sich gegenseitig, Ellenbogen-Mentalität gibt es kein Stück weit. Definitiv der beste Aspekt meiner Zeit in der Agentur!
Work-Life-Balance
Dank Überstundenkonto und Option auf volles Home-Office (die mittlerweile jedoch eingeschränkt wurde) war die Balance gegeben, einzig bei Produktionen sind verständlicherweise Überstunden angefallen, die aber abgebummelt werden konnten. Jedoch trifft dies nicht auf alle Abteilungen zu, mitunter gehören signifikante Überstunden dort zum Arbeitsalltag.
Vorgesetztenverhalten
Die lockere Hand, mit der bei RDRGZ geführt wird, ist zweischneidig: Einerseits besteht eine Menge Raum für kreative Ideen, diese sind sogar explizit erwünscht. Es muss nicht alles streng nach Vorschrift verlaufen sofern das Ergebnis stimmt. Andererseits wird, sofern mal etwas nicht zufriedenstellend läuft, der hands-off-Ansatz über Bord geworfen und es wird abseits der fachlichen Ebene ausgeteilt.
Der traurige Höhepunkt war hier der wiederholte Versuch, mich zum Ignorieren einer ärztlichen Krankschreibung zu drängen, da "das jetzt unglaublich schlecht passt". Später will das aber natürlich alles ganz anders gemeint gewesen sein...
Interessante Aufgaben
In meinem Bereich gab es neben ein paar organisatorischen Fleißaufgaben wirklich von Beginn an spannende und abwechslungsreiche Aufgaben, die mich gefordert haben und denen ich gerne nachgekommen bin.
Gleichberechtigung
Auch wenn die Belegschaft knapp zur Hälfte aus Frauen besteht, ist die Agenturspitze nicht gleichberechtigt aufgestellt (dies wäre aufgrund des Start-up-Charakters und der geringen Größe allerdings auch eine unverhältnismäßige Forderung). Ich hatte das Gefühl, dass gerade junge Kolleginnen ein bisschen von oben herab behandelt wurden und ihre Ideen stärker rechtfertigen mussten als männliche Kollegen.
Umgang mit älteren Kollegen
Nicht bewertbar, die beiden Gründer waren mit einigem Abstand die ältesten Mitarbeitenden.
Arbeitsbedingungen
Neues MacBook wurde gestellt, die Arbeitsplätze im Büro (Hamburg) waren mit neuen Tischen und bequemen Stühlen ausgestattet. Wenn neue Ausrüstung wie z.B. Kameras etc. benötigt wurden, wurde dies stets zeitig angeschafft.
Leider war konzentriertes Arbeiten mit 4+ Menschen in einem Raum schwer möglich, da gefühlt stets mindestens eine Person in einem Videocall war und die Geräuschkulisse wie in jedem Großraumbüro an den Grenzen des Zumutbaren kratzte. Zum Glück war Home-Office, wie oben erwähnt, stets möglich.
Die einzige Toilette am Standort Hamburg war unglaublich hellhörig und wurde wie der Rest der Räumlichkeiten nur sporadisch gereinigt. Anders als am Standort Berlin existierte kein Putzplan/Reinigungskonzept.
Während der Energiekrise wurde kaum geheizt, die Kolleg*innen vor Ort saßen mit Decken und Jacken am Schreibtisch. Das Laden privater Geräte wie Handys war zu dieser Zeit untersagt/nicht gewünscht.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Der Papiermüll wurde gesondert entsorgt, ansonsten wanderte alles in den gleichen Mülleimer. Umwelt- oder Klimaschutz spielte keine Rolle, sofern es nicht von Kundenseite gewünscht wurde.
Gehalt/Sozialleistungen
Die Höhe der Gehälter bewegte sich auch für eine Agentur am unteren Rand des Spektrums, wurde jedoch stets pünktlich überwiesen. Während meiner Zeit wurde im Rahmen der steuerfreien Corona-Sonderzahlungen auch eine großzügige Summe zu Weihnachten ausgezahlt.
Ein Zuschuss zum Urban Sports Club wurde auf Wunsch gezahlt, zudem gab es eine monatliche Internet-Prämie, um gute Bedingungen fürs Home-Office zu schaffen.
Der damals noch auf der Homepage beworbene Zuschuss zum Monatsticket wurde keiner Person, die ich gefragt habe, ausgezahlt. Mittlerweile wurde der Punkt zu "zentrale Lage" abgeändert.
Gehaltsabrechnungen wurden erst nach mehrmaligem Nachfragen ausgestellt und entsprechend zurückdatiert.
Wenn privat Geld ausgelegt wurde, musste ebenfalls mehrfach daran erinnert werden, dies zu überweisen. Die gesetzlichen Vorgaben zu Spesen auf Dienstreisen wurden bei einem Projekt wissentlich ignoriert, während bei anderen Projekten der Geldbeutel lockerer saß.
Image
Außerhalb des engeren Agentur-Umfelds ist RDRGZ kaum jemandem ein Begriff, neben einem Großprojekt zur Gründungszeit und einem aktuellen Großkunden können kaum Projekte vorgewiesen werden, die mehr als Beifang sind. Hier ist eindeutig ein Unterschied zwischen Fremd- und Eigenwahrnehmung zu erkennen. Statt neue Projekte zu suchen, ruht man sich lieber auf den eigenen (vergilbten) Lorbeeren aus.
Karriere/Weiterbildung
Die Agentur war bis auf 1-2 Ausnahmen ausnahmslos mit Berufseinsteiger*innen bestückt und es war absehbar, dass große Karrieresprünge bei RDRGZ nicht möglich sind. Gepaart mit einer Hire-and-Fire-Mentalität zum Ende meiner Zeit hin ist das Klischee der Agentur-Drehtür vollends erfüllt.
Weiterbildung wurde meines Wissens nach lediglich einer Person ermöglicht, dies allerdings auch nur nach einigem Hin und Her.
Ebenfalls wäre ein Onboarding für neue Kolleg*innen dringend nötig, wobei dies kurz vor meinem Ausscheiden aus der Agentur wieder im Gespräch war und evtl. mittlerweile umgesetzt wurde.