"Viel Unglück im Glücksspiel" Dezernat II 24 RP Darmstadt "Rien ne va plus"?
Gut am Arbeitgeber finde ich
Die Sicherheit und Planbarkeit des öffentlichen Dienstes verbunden mit einer gewissen Sinnhaftigkeit und Gemeinwohlorientierung.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Die Kernprobleme im Dezernat waren zusammengefasst:
- Nahezu keine Einarbeitung (Man wurde einfach an seinen Arbeitsplatz gesetzt und weitestgehend "alleine" gelassen)
- Fehlende Zuständigkeiten
- Unklare Zuständigkeiten
- Keine und mangelhafte Kommunikation
- „Ungerechte“ Aufgabenverteilung
- Zu wenig qualifiziertes Personal, auch mit dem entsprechenden verwaltungsrechtlichen Background
- Zu schlechte Bezahlung gemessen an der Komplexität insb. der Sportwetten und hohen Arbeitsbelastung
(Stand: 31.12.2022).
Durch einige Umstrukturierungen (z. B. die Teilung des Dezernats in nunmehr zwei Dezernate) haben sich einige Probleme verbessert. Allerdings halte ich die Aufteilung bzw. "Zerspitterung" in zwei Dezernate für grundsätzlich unnötig. Man hätte die Aufgaben auch schlichtweg thematisch innerhalb des Dezernats besser aufteilen können. Druch die Zerspitterung profitieren leider nur die Angestellten im höheren Dienst (die nun zwei Dezernatsleitungen und Stellvertretungen haben). Die Beschäftigten auf Sachbearbeiterebene profitieren davon nur sehr eingeschränkt. Auch wird sich durch die Dezernatsteilung nur wenig an der immer noch zu hohen Arbeitsbelastung ändern.
Der neuen Dezernatsleitung muss man positiv zugestehen, dass sie ein paar gute Ideen und Ansätze hatte und natürlich die Fehler der Vergangenheit "geerbt" hatte.
Das Kernproblem war aber schlichtweg, dass das Dezernat für solche, teils hochkomplexen Aufgaben, nie fachlich, personell und technisch ausreichend ausgesattet war. Dieser Umsstand ist der Politik bzw. der Behördenleitung anzulasten.
Ich hatte das Gefühl, dass die Behördenleitung an der Arbeit im Glücksspieldezernat wenig Interesse zeigte. Ein Kollege drückte es mal so aus, dass wir im Prinzip mit 10 Personen einen Milliardenmarkt reguliert haben. Von diesen 10 Personen hatten 4 bis 5 gerade mal eine A9. Auch haben wir für das Land Hessen teilweise Einnahmen in Millionenhöhe generiert bzw. vorbereitet. Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit durch die Behördenleitung wäre also durchaus angebracht gewesen.
Insgesamt bleitb zu hoffen, dass sich die Arbeitssituation im Dezernat verbessern wird und dass man seine gesetzlichen Aufgaben (zukünftig) erfüllen kann, z. B. im Hinblick auf die Spielersperren.
Verbesserungsvorschläge
Vorschläge für das Glücksspieldezernat:
- Klare Zuständigkeiten schaffen
- Neue Zuständigkeiten und wichtige Entscheidungen über Rundmails an ALLE kommunizieren
- Feste Ansprechpersonen für neue Beschäftigte benennen („Pate“)
- Strukturierten Einarbeitungsplan erstellen
- Zwischenebene zwischen Sachbearbeitern und Dezernatsleitung einführen. Bietet auch die Chance, ein, zwei höherdotierte Stellen im Dezernat zu schaffen.
- Personal angemessener besolden, dann findet man auch besser Personal
- Internes Personal für 6 bis 12 Monate ins Dezernat „umsetzen“, um das Dezernat im Jahr 2023 zu unterstützen. Aus eigener Kraft wird es schwierig werden, auch die Aufgaben in 2023 zu bewältigen.
(Stand: 31.12.2022).
Vorschläge für das RP insgesamt:
- Endlich eine moderne Personalpolitik fahren und ein bisschen flexibler werden.
- Die Stellen besser bezahlen und wenn möglich, höher bewerten. Die Lebenshaltungskosten im Rhein-Main-Gebiet sind hoch und die Behördenkonkurrenz stark
- Angemessene Bezahlung (Stichwort: Verfassungswidrige Besoldung)
- Das Einstiegsamt von A9 auf A10 anheben. Das machen auch andere Bundesländer.
- Die Probezeit von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzen. Das machen auch andere Bundesländer.
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- Stellenausschreibungen länger laufen lassen, auch als "Dauerausschreibung".
- Den Aufstieg in den höheren Dienst (Master) für qualifizierte Beschäftigte anbieten
Arbeitsatmosphäre
Die Arbeitsatmosphäre war aufgrund einer großen Arbeitsbelastung tendenziell angespannt. Druck war insofern vorhanden als das die Konzessionsverfahren bis zum 31.12.2022 abgeschlossen sein mussten. Das RP Darmstadt war bis zu diesem Zeitpunkt bundesweit für die glücksspielrechtlichen Konzessionsverfahren im stationären und im Onlinebereich zuständig. Es gab es leider mehrere Kolleginnen, die aufgrund der hohen Arbeitsbelatung geweint hatten. Eine Kollegin ist in einer Besprechung leider in Tränen ausgesprochen und war danach für mehrere Monate krank. Es gab mehrere tausend unbearbeitete Anträge von Spielersperren, die aufgrund zu wenig Personal nicht bearbeitet werden konnten. Das war und ist im Hinblick auf den Spielerschutz hochproblematisch
Die Arbeitsatmosphäre innerhalb des Dezernats insgesamt war aber kollegial, gut und von Vertrauen geprägt. (Stand: 31.12.2022)
Ab dem 01.04.2023 kam eine neue Dezernatsleitung. Die beschriebene Arbeitsatmosphäre hat sich seitdem nicht wesentlich verändert. Durch den Wechsel der Dezernatsleitung konnte man aber eine gewisse Unsicherheit spüren. Einige Kolleginnen waren der neuen Dezernatsleitung nicht positiv gesonnen und durchaus skeptisch.
Kommunikation
Die Kommunikation der Dezernatsleitung habe ich als mangelhaft und oft unklar empfunden. Teilweise wurden widersprüchliche Aussagen getätigt und es wurde unzureichend kommuniziert. So wurde man über manche Sachen gar nicht informiert und man hat diese nur durch Kolleginnen und Kollegen erfahren. Beispielsweise wurde ich auch nicht darüber informiert, dass eine Kollegin, mit der ich zusammen gearbeitet habe, für mehrere Monate ausgefallen ist. Das hätte sich schon gehört!
Ab dem 01.04.2023 kam eine neue Dezernatsleitung. Die Kommunikation wurde in dem Sinne etwas besser, dass die neue Dezernatsleitung bemüht war, die bestehenden Strukturen zu verändern und natürlich einen eigenen Kommunikationsstil hatte. Die neue Dezernatsleitung wirkte auf mich etwas umgänglicher, hatte aber teilweise auch Probleme in der Kommunikation, da ihr noch das Fachwissen fehlte. Das kann man aber auch noch nicht sofort erwarten. Leider meldete sich die neue Dezernatsleitung dann für mehrere Monate krank, sodass man als Sachbearbeiter weitestgehend auf sich alleine gestellt war. Ob die neue Dezernatsleitung im Dezernat bleiben wird, ist abzuwarten.
Kollegenzusammenhalt
Trotz einer hohen Arbeitsbelastung war der Zusammenhalt innerhalb des Dezernats gut bis sehr gut. Natürlich gibt es immer kleinere Konflikte, aber wenn es "drauf an kam", konnte man immer auf die Hilfe von Kolleginnen und Kollegen vertrauen. Ich habe mich mit vielen Kollegen sehr gut verstanden.
Work-Life-Balance
Die Work-Life-Balance ist durchaus gut. In Vollzeit müssen Beamtinnen und Beamte 41 Stunden arbeiten und Angestellte 40 Stunden. Es besteht die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten. Durch die Gleitzeitregelung kann man sich die Arbeitszeit flexibel eintellen. Es besteht die Möglichkeit zum Mobilen Arbeiten ("Homeoffice"). Im Dezernat wurde dies auch sehr gut genutzt und großzügig gehandhabt. Überstunden fielen bei einigen Kolleginnen und Kollegen im hohen Maße an, bei mir im normalen Bereich. Eine diesbezügliche Anordnung erfolgte aber nicht.
Vorgesetztenverhalten
Diesbezüglich verweise ich auch auf den Punkt "Kommunikation". Tendenziell kam mir die Dezernatsleitung oft "launisch" und teilweise überfordert vor. Einmal wurde mir in der Glücksspielbesprechung das Wort "abgeschnitten". Ich hatte einige Male versucht, die Dezernatsleitung auf gewisse Probleme und auf ihre mangelhafte Kommunikation hinzuweisen. Auf der anderen Seite stand die Dezernatsleitung auch unter sehr hohem Druck und fühlte sich meiner Meinung nach, von der Behördenleitung alleine gelassen. So fehlte es auch an Personal um den Arbeitsaufwand bewältigen zu können. Positiv anzumerken ist, dass die Dezernatsleitung fachlich sehr gut war und sehr viel gearbeitet hat. (Stand: 31.12.2022).
Ab dem 01.04.23 kam eine neue Dezernatsleitung. Dieser fehlte es an dem nötigen Fachwissen, was man ihr erstmal nicht negativ auslegen kann. Allerdings war man als Sachbearbeiter fachlich oft auf sich alleine gestellt und hatte keine Vorgesetzten als Ansprechperson. Auch hätte ich mir von der neuen Dezernatsleitung etwas mehr "Präsenz" gewünscht. Diese ging schon nach ein paar Tagen ins "Homeoffice" und war teilweise schlecht erreichbar. Ich als neuer Sachbearbeiter hätte sowas nicht gemacht
Interessante Aufgaben
Die Aufgaben im Glücksspieldezernat waren fachlich sehr spannend und interesant. Das RP Darmstadt war bis zum 31.12.2022 bundesweit für die Sportwettkonzessionen nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 zuständig und für das Spielersperrsystem OASIS (Eintragung und Aufhebung von Spielersperren).
Hessenweit ist das Dezernat für die Erlaubniserteilung von Wettvermittlungsstellen nach dem Hessischen Glücksspielgesetz zuständig.
Gleichberechtigung
Männer und Frauen werden nach Tarifvertrag (TV-H) bzw. Besoldungsrecht gleich bezahlt. Eine Ungleichbehandlung war prinzipiell nicht festzustellen. Allerdings hatte die Dezernatsleitung schon ihre "Lieblinge" und man merkte eine gewisse "Bevorteilung".
Ab dem 01.04.2023 kam eine neue Dezernatsleitung.
Umgang mit älteren Kollegen
Im Umgang mit älteren Kolleginnen und Kollegen gab es keine Probleme.
Arbeitsbedingungen
Die Arbeitsbedingungen sind ok bis gut. Die Räumlichkeiten hängen von dem jeweiligen Gebäudekomplex ab. Die Büros sind grundsätzlich behördentypisch ausgestattet und verfügen größtenteils über zwei Bildschirme und einen höhenverstellbaren Schreibtisch. Teilweise sind die Fenster reparaturbedürftig. Allerdings gibt es im Glücksspieldezernat dreier und teilweise vierer Büros. Wenn drei Personen im Büro anwesend sind, ist die Lautstärke doch teilweise recht hoch, das die Konzentration darunter leiden kann. Positiv anzumerken ist, dass es eine Kantine gibt.
Gehalt/Sozialleistungen
Das Gehalt bestimmt sich nach Tarifvertrag (TV-H) bzw. Hessischen Besoldungsrecht. Die Sozialleistungen sind grundsätzlich gut, das Gehalt ist aber gerade in den unteren Besoldungsgruppen bis A10 zu niedrig (Stichwort: verfassungswidrige Besoldung). Mit der Wirtschaft kann man also definitiv nicht mithalten, wobei man sich dessen vorher bewusst sein sollte.
Fast schon "schäbig" finde ich es aber, wenn man nach zwei Jahren in eine höhere Erfahrungsstufe kommt und dann gerade mal ca.47 EUR mehr hat. Die Regelsätze für das Bürgergeld (Harz 4) steigen da prozentual höher (61 EUR). Hessen muss seine Beschäftigten endlich besser und angemessen bezahlen.
Im Glücksspieldezernat wurde auf eine Aufgabenverteilung anhand der Besoldung auch nicht geachtet. Ich musste die gleiche Arbeit mit meiner A9 Stufe 1 erledigen wie Kolleginnen und Kollegen mit einer A11 Endstufe. Teilweise mussten wir sogar höherwertigere Tätigkeiten mit der A9 erledigen als Kolleginnen mit einer A11. Wir reden hier von 800 bis 1.000 EUR weniger im Monat. Das ist auch nicht mehr durch das Laufbahnrecht zu rechtfertigen. Auf eine "gerechte" Aufgabenverteilung in diesem Sinne hatte die Dezernatsleitung nicht geachtet.
Image
Der Öffentliche Dienst verliert meiner Meinung nach tendenziell an Ansehen in der Bevölkerung, wobei das Image oftmals besser ist als der Ruf in der Bevölkerung. Allerdings können der Staat als auch das RP Darmstadt viele Aufgaben nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt erfüllen, die eigentlich angebracht wäre. Man muss darauf achten, dass die Menschen Vertrauen in den Staat haben und dieser seine Aufgaben angemessen erfüllen kann.
Karriere/Weiterbildung
Die Karriere hängt sehr stark von vielen Faktoren ab, z. B. der Behörde, den Vorgesetzten, dem Altersschnitt, den (leider) richtigen Kontakten ("Vetternwirtschaft") und einer großen Portion Glück. Durch das Laufbahnrecht sind die Aufstiegsschancen teilweise sehr begrenzt. Da wären eine Reform und mehr Flexibilität sehr angebracht.