Mitarbeiterschaft top, Unternehmensentwicklung flop
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Mir scheint es so, als würde alles dem kurzfristigen Erfolg untergeordnet werden. Alle Events und Dinge, die unsere Kultur ausgemacht haben, werden nicht mehr gelebt - u.a. ShipIt Days, Sommerfest / jährliches Summit, Freitagsworkshops. Es fühlt sich so an, als würde meine Arbeitskraft ausgepresst werden wie eine Zitrone.
Mir wurde durch das schlechte Management und die fehlende Zukunftsperspektive wirklich der Spaß an der Arbeit genommen. Ich bin früher wirklich gerne zur Arbeit gegangen, heute kann ich das Unternehmen nicht mehr als Arbeitgeber weiterempfehlen.
Durch die kurzfristigen Aufkäufe von zwei Unternehmen, die meinem Gefühl nach eine deutlich andere Unternehmenskultur hatten, hat sich die Kultur der Scandio stark verändert. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Transition aktiv gesteuert und die Kulturen / Werte aufeinander abgestimmt wurden. Das Wachstum war aus meiner Sicht für die bestehenden Strukturen viel zu schnell und wir sehen jetzt die Probleme, die daraus entstehen. Vor allem im Bereich Consulting gibt es weiterhin große Konflikte und die jeweiligen Gruppen anarcon / Scandio arbeiten weitestgehend komplett getrennt voneinander. Im Bereich Consulting hat man zudem den Eindruck, dass die Scandio von der anarcon übernommen wurde und nicht andersherum. Mittlerweile sind nahezu alle Führungspositionen mit ehemaligen anarcon Mitarbeitern besetzt worden. Der Verantwortliche, der mit der anarcon zur Scandio gewechselt ist spricht gerne von "seinen Leuten".
Zum Abschluss zitiere ich eine andere Rezenzion, weil ich es nicht besser hätte formulieren können und es die gesamte Veränderung gut zusammenfasst: "Scandio hat jahrelang "Selbstorganisation" gelebt und hat dies überall propagiert - und ja, es hat manchmal nicht wirklich funktioniert und fühlte sich an manchen Stellen etwas chaotisch an. Neuerdings zeigt das neue Management in seiner Präsentation "das ist die Scandio-Hierarchie"-Folien - als hätten wir nie selbstorganisiert gearbeitet, als hätte sich nichts geändert. Selbstorganisation bedeutet jetzt: Du kannst die Aufgaben, die dir dein Chef gibt, selbstorganisiert erledigen."
Verbesserungsvorschläge
Eine Unternehmensführung installieren, welche die richtigen Skills und Werte für die aktuelle Situation mitbringt.
Arbeitsatmosphäre
Leider hat sich die Arbeitsatmosphäre stetig und zunehmend verschlechtert. Meiner Wahrnehmung nach herrscht eine ängstliche, resignierende Stimmung vor. Ich kenne kaum eine/n Kolleg:in, die/der wirklich noch gerne im Unternehmen arbeitet. Die Unzufriedenheit in der gesamten Firma ist groß, was vor allem aus der diesjährigen Great Place to Work Umfrage deutlich ersichtlich ist.
Nur wenige Kolleg:innen sind regelmäßig im Büro anwesend, die meisten arbeiten nahezu vollständig aus dem Homeoffice. Eine wirkliche (Büro)Gemeinschaft wird durch das Unternehmen und die Führungskräfte meiner Meinung nach nicht gefördert. Zumindest wurden in meiner bisherigen Zeit im Unternehmen keinen wirksamen Maßnahmen ergriffen, um wieder mehr Leute ins Büro zu holen oder die Gemeinschaft nachhaltig zu stärken.
Kommunikation
Die Kommunikation ist in meiner Wahrnehmung in den letzten Monaten immer intransparenter geworden. Die Probleme in der Auftragslage viel zu lange verschwiegen. Viele Dinge erfährt man über den Flurfunk, negative Entwicklungen werden meinem Eindruck nach aktiv beschönigt.
Kollegenzusammenhalt
Der Zusammenhalt unter den Kolleg:innen war und ist für mich der größte USP der Scandio. Ohne die tollen Menschen, die hier arbeiten, wäre ich sicherlich schon lange nicht mehr hier.
Ich habe bisher noch nie ein solches Engagement für die Weiterentwicklung des Unternehmens, eine so große Bereitschaft zur Unterstützung und Weitergabe von Wissen und eine so wertschätzende Gemeinschaft erlebt. Wir haben hier wirklich eine tolle Gruppe mit sehr guten Fähigkeiten. Es ist sehr schade (auch wenn ich es verstehen kann), dass sich immer mehr Kolleg:innen durch die negative Entwicklung eine neue Herausforderung suchen. Leider wurde uns meinem Empfinden nach mehr und mehr die Möglichkeit genommen, aktiv am Unternehmen mitarbeiten zu können und die Kultur der Scandio aufrecht zu erhalten.
Work-Life-Balance
Die Work Life Balance ist weiterhin gut und war bis jetzt durchgehend ein Faktor, der sich als Benefit hervorheben lässt. Es wird ermöglicht, wichtige private Termine auch in der Arbeitszeit wahrnehmen zu können und kurzfristige Urlaube (nach Rücksprache mit dem Projektteam) sind jederzeit möglich. Überstunden sind ein seltener Fall und basieren auf Freiwilligkeit.
Vorgesetztenverhalten
Meines Erachtens sind die Führungskräfte für die derzeitige Situation nicht ausreichend ausgebildet und wirken auf mich in Gänze überfordert. Es werden in sehr kurzen Abständen immer neue Ansätze präsentiert, um eine Zukunftsstrategie zu formulieren bzw. das Unternehmen auf die Zukunft auszurichten (erst Restrukturierung der ganzen Firma, dann OKRs, jetzt Vision 2029). Auf mich wirkt es so, als wäre kein wirklicher Plan und keine belastbare Vision / Mission vorhanden. Zumindest habe ich sowas in der ganzen Zeit im Unternehmen noch nicht zu sehen bekommen. Viele Führungskräfte haben das Unternehmen in den letzten Monaten verlassen. Ein authentische, mitnehmende, motivierende Kommunikation nehme ich nicht wahr.
Zu Anfang meiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass transparent und ehrlich mit mir als Mitarbeiter umgegangen wird. Dieser Eindruck hat sich stark verändert. Ich habe mittlerweile an vielen Stellen den Eindruck, dass aktive Intransparenz gelebt wird und Vorgänge bewusst verschleiert werden sollen. Die Kommunikation der Führungskräfte ist immer mehr schwammig geworden, vor allem bei den Entlassungen war die Kommunikation unterirdisch.
Interessante Aufgaben
Die Projektlage ist nun seit über einem Jahr relativ mau, die Auslastung in Projekten ist maximal durchschnittlich. Es besteht weiterhin eine große Abhängigkeit von einem einzelnen Kunden. Projektwechsel sind nur schwer möglich, häufig wird man über Jahre hinweg auf demselben Projekt eingesetzt. Eine wirkliche Weiterentwicklungsmöglichkeit wird meiner Meinung nach nicht geboten.
Gleichberechtigung
Leider sind Frauen in den Führungspositionen im Moment in der Minderheit. Ansonsten sehe ich keine Einschränkungen bei der Gleichberechtigung, vor allem der Geschlechter.
Umgang mit älteren Kollegen
Langjährige Kolleg:innen mit entsprechender Erfahrung werden meiner Meinung nach nicht entsprechend ihres Verdienstes für das Unternehmen behandelt. Jubiläen wurden bis vor 2 Monaten auch für 15 oder 20 Jahre Zugehörigkeit kaum bis gar nicht gewürdigt.
Für 20 Jahre Zugehörigkeit lediglich (beschämende) zwei Tage Sonderurlaub. Aus anderen Unternehmen bin ich eine ganz andere Würdigung der Leistung und Zugehörigkeit gewohnt.
Arbeitsbedingungen
In Ordnung, aber nicht wirklich was besonders positives, dass sich hervorheben lässt.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Es wird kein besonderer Fokus auf das Umwelt- oder Sozialbewusstsein gelegt. Einzig der 1%-Pledge ist ein Benefit, der angeboten wird. Aktiv beworben wird dieser Benefit intern jedoch schon länger nicht mehr. Führungskräfte oder die Geschäftsführung motivieren meinem Eindruck nach die Mitarbeitenden auch nicht aktiv dazu, die zur Verfügung stehende Zeit dafür zu nutzen und somit zu zeigen, dass sie auch wirklich hinter der Initiative stehen. Somit ist es meiner Meinung nach eher ein Werbemittel, um neue Mitarbeitende anzulocken.
Gehalt/Sozialleistungen
Meiner Meinung nach ist das Gehalt im Branchenvergleich maximal durchschnittlich, vor allem im Bereich Softwareentwicklung entsprechend der Erfahrungsstufe eher unterdurchschnittlich.
Es gibt bisher kein transparentes Gehaltsmodell mit Gehaltsstufen o.ä.
Image
Das Image des Unternehmens hat sich seit meinem Einstieg in meinen Augen sehr stark verschlechtert. Das bisherige Image, dass in den früheren Rezensionen beschrieben wird, entspricht seit dem Aufkauf durch einen Private Equity Investor leider nicht mehr der Realität. Der Wandel von einem organisch gewachsenen, inhabergeführten Unternehmen hin zu einem Unternehmen mit Investoreneinfluss ist für mich vor allem daran spürbar, dass ein starker Fokus auf Zahlen gelegt wird und nicht mehr wirklich der Mensch dahinter eine Rolle spielt. Es wirkt auf mich so, als würde nur noch die kurzfristige Entwicklung von Kennzahlen eine Rolle spielen und eine langfristige Betrachtung der Entwicklung nicht vorhanden sein. Ich fühle mich als Ware, die kurzfristig verkauft wird und deren Wert allein am Umsatz, der generiert wird, bemessen wird. Zu Beginn meiner Zeit bin ich jeden Tag sehr gerne in die Arbeit gegangen, diese Motivation ist in den letzten Monaten leider komplett verloren gegangen.
Durch die Entlassung von 19 Mitarbeitenden in den vergangenen Monaten hat das Image zusätzlich stark gelitten. Die Scandio fühlt sich für mich nicht mehr wie ein sicherer Arbeitgeber an.
Karriere/Weiterbildung
Die Karrieremöglichkeiten sind meiner Ansicht nach sehr beschränkt. Es existiert lediglich der Karrierepfad in die Head of Rolle. Ein fachlicher Pfad sollte mit der Solution Owner Rolle geschaffen werden, allerdings wird diese Rolle nach meinem Empfinden seit Monaten ohne Definition und wirklichen Support durch das Management links liegen gelassen. Eine wirkliche Entwicklungschance, die einen langfristig an das Unternehmen binden könnte, existiert meiner Meinung nach nicht.
Auf der Webseite, in Stellenausschreibungen und im Bewerbungsgespräch werden die Weiterbildungsmöglichkeiten als einer der wichtigsten Benefits beworben. Die Realität hat mir persönlich leider ein anderes Bild gezeigt. Abgesehen von kleineren Zertifizierungen werden nahezu keine (externen) Weiterbildungen ermöglicht. Seitdem sich der Fokus stark auf die Auslastung verlagert hat, wird eine Weiterentwicklung und Weiterbildung durch die Führungskräfte noch weniger gefördert. Vor allem als Mitarbeiter, der aktiv im Projekt eingesetzt war, hatte ich das Gefühl, gegenüber Kolleg:innen, die temporär kein Projekt hatten, benachteiligt zu sein.