Rette sich, wer kann und andere Chancen hat - ein skrupelloses Unternehmen aus einem anderen Jahrhundert
Gut am Arbeitgeber finde ich
Die beiden Personen, die Vollzeit als Betriebsräte arbeiten, sind sehr hilfreich und können einem helfen das Erlebte einzuordnen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Alles erwähnte und noch einiges mehr, was hier einen Platz findet.
Verbesserungsvorschläge
1. Lebt die Werte, die unten im Flur stehen oder ersetzt sie durch traditionellere Werte, die besser zum Unternehmen passen. Es ist unehrlich, dass ihr die Werte von Delta Galil übernommen habt, aber sie absolut nicht umsetzt. Wenn ihr Werte wählt, die die traditionelle Struktur des aktuellen Unternehmens wiederspiegeln, dann spart ihr Bewerberinnen und euch selbst Lebenszeit und zieht Bewerber an, die Lust auf diese Werte haben.
2. Entscheidet euch, ob ihr ein internationales oder lokales Unternehmen sein wollt. Wenn ihr international sein wollte, dann handelt auch danach. Schult ältere Kolleginnen und besonders Head-ofs in Toleranz, Inklusion etc. Wenn ihr keine Lust auf diese zeitgemässen Werte habt, dann stellt bitte auch keine Menschen aus anderen Regionen oder anderen Ländern an.
3. Gewaltfreie konstruktive Kommunikation wäre hilfreich, um ein netteres Arbeitsklima herzustellen und Wertschätzung zu vermitteln. Die Feedbackkultur ist eine Katastrophe und wirklich peinlich für ein Unternehmen in 21. Jahrhundert.
Arbeitsatmosphäre
Die anfängliche oberflächliche Freundlichkeit wird relativ schnell von passiv-aggressiven Kommentaren und fehlender Firmenkultur überschattet (Bsp: "Deine Vorgängerin wusste von selbst, wie das funktioniert.", "Bitte das nächste Mal keine Bewerber aus Region XY", "Du könntest aber auch ein paar Kilo mehr auf den Rippen haben"...). Der in Unternehmen übliche Flurfunk schlägt hier in Lästerei und Mobbing um. Vorgesetzte beteiligen sich daran und basieren ihr Feedback auf Infos von anderen Kolleginnen, anstatt direkt mit einem zu reden. Abwertungen gegenüber anderen Lebensweisen und jüngeren Kolleginnen wird schulterzuckend hingenommen.
Kommunikation
Toxisch. Außer Flurfunk und Lästereien wird nicht viel wertvolles kommuniziert. In Teammeetings geht es nur um Themen, die noch bearbeitet werden müssen. Über das Miteinander oder Firmenkultur wurde kein einziges Mal geredet. Personen in Führungspositionen praktizieren eine merkwürdige, nicht konstruktive Feedbackkultur, in der sie versuchen die Person, die Probleme anspricht, als das Problem darzustellen. Angst und Kleinmachen scheint hier ein bewusste Management-Strategie zu sein.
Kollegenzusammenhalt
Die Hilfsbereitschaft sich gegenseitig bei Aufgaben zu unterstützen war positiv. Ansonsten wurde schnell klar, dass hier lieber hinter dem Rücken als miteinander geredet wird. Alle Kolleginnen waren aus der Region und haben null Interesse oder Verständnis für andere Lebensweisen. Bereits, wenn man aus einer anderen Region aus Deutschland kommt, schien es ein Kulturschock für sie zu sein.
Work-Life-Balance
An sich sind die Arbeitszeiten völlig okay. Wenn man sich an die Kernarbeitszeiten hält, kommt man gut zurecht. Was die Work-Life-Balance negativ beeinflusst, besonders wenn man nicht aus der Region kommt, ist der fehlende Wille, Home-Office einzuführen. Ich habe noch nie ein Unternehmen erlebt, das einem so wenig entgegenkommt und unsinnige willkürliche Regeln einführt. Generell gilt im Unternehmen ein Tag pro Woche Homeoffice. Für einige Mitarbeiterinnen gibt es allerdings Ausnahmen. Sie können beispielsweise jeden Nachmittag Homeoffice machen. In meinem Team durften man erst nach der Probezeit den einen Tag Homeoffice nehmen. Eine neue Kollegin aus einem anderen Team konnte schon in der Probezeit einen Tag von Zuhause arbeiten.
Weiterhin beeinflusst die toxische Arbeits- und Kommunikation die Work-Life-Balance negativ.
Vorgesetztenverhalten
Meine direkte Chefin hatte leider nur Verständnis für ihre Generation. Demenstprechend war auch ihr Management. Kein Homeoffice in der Probezeit, kein Interesse eine tolerante Teamatmosphäre herzustellen, keine Empathie. Nach drei Monaten hat sie mir einen Vorwurf gemacht, dass mein Partner nicht mit umgezogen ist. Dass ihr Unwille flexiblere Arbeitsumstände herzustellen ein Problem sein könnte, wurde nicht eingesehen.
Wenn man ein Problem anspricht, ist man bei Schiesser das Problem. Menschen, die ein derartiges Management betreiben, haben kein Rückgrat und profitieren (finanziell) davon. Laut meiner älteren Kolleginnen ist es für Schiesser eine Errungenschaft eine Vorgesetzte zu haben, die nicht schreit und cholerisch ist.
Allgemein zeigen alle Vorgesetzten immer auf die nächst höheren Vorgesetzten oder auf den CEO, um sich aus der Verantwortung zu ziehen.
Interessante Aufgaben
Die Aufgaben sind so organisiert, dass man immer die gleichen Aufgaben übernimmt. Es wurde zwar angedeutet, dass irgendwann die Aufgaben flexibler und breiter gefächert aufgeteilt werden könnten, aber ob das wirklich umgsetzt werden sollte, ist nicht klar.
Gleichberechtigung
Die meisten Kolleginnen in meiner Abteilung waren Frauen. Auch die Führungspositionen waren alle weiblich. Allerdings, soweit ich das mitbekommen habe, alles Frauen ohne Kinder. Dadurch entstand der Eindruck, dass man nur ohne Kinder aufsteigen kann. Es macht auch keinen Unterschied, ob Frauen in der Führungsetage sind, wenn sie die gleichen patriarchalen Verhaltensweisen pflegen wie ihre männlichen Kollegen.
Besonders ältere Kolleginnen, die ihr Leben lang nur in diesem Unternehmen arbeiten, schienen sexistische Ansichten sehr verinnterlicht zu haben.
Der CEO begründet (laut Kolleginnen) den einen Tag Homeoffice damit, dass Frauen zuhause mehr Hausarbeit machen würden als alles andere...
Sogar unter den Mitarbeiterinnen, die neben Ihrer Stelle als Betriebräte agieren, gibt es ganz merkwürdige Ansichten und unprofessionelle Tipps aus einem anderen Jahrhundert. So wurde meine Kritik an Bodyshaming in meiner Abteilung von einer Teilzeit-Betriebrätin mit Bodyshaming über die jeweiligen Kollegin gelöst, d.h. sie hat mir erzählt wie sich der Körper der Kollegin verändert hat. Da bleibt man wirklich nur sprachlos zurück.
Umgang mit älteren Kollegen
Da der Altersschnitt bei Schiesser sehr hoch ist, muss man hier eher fragen, ob der Umgang mit jüngeren Kolleginnen in Ordnung ist. Die Antwort ist Nein. In meinem Team wurde permanent darüber geredert wie schlimm junge Menschen und junge Frauen heutzutage seien. Auch die Teamleiterin hat sich daran beteiligt. Nach drei Monaten habe ich deutlich gemacht, dass ich diese Kommentare belastend finde. Es gab kein Verständnis dafür. Von HR wurde mir mitgeteilt, ich sei ein sensibler Mensch und Menschen würden nunmal reden. In anderen Unternehmen würde man das Mobbing oder Diskriminierung nennen und könnte sich an einen Diskriminierungsbeauftragten wenden. Bei Schiesser nennt man das normale Unterhaltung.
Arbeitsbedingungen
Neben zwei Meetingräumen, die man nutzen kann, wenn sie frei sind, gibt es keine Möglichkeiten sich zurückzuziehen. In meinem Team waren sechs Personen plus Teamleiterin in einem Raum. Wenn man dann mit einer Kollegin, die bei jeder Mail stöhnt und gestresst ist, zusammensitzt, kann das auf Dauer schon unangenehm sein. Aber auch hier gilt, wer etwas anspricht, ist das Problem.
Der Kaffeeautomat und Wasserspender werden angepriesen, als wäre es die krasseste Innovation dieses Jahrhunderts. Dass es im 21. Jahrhundert eigentlich normal ist, dass (auch kleine) Unternehmen ihren Mitarbeitenden Kaffee zur Verfügung stellen, scheint hier nicht angekommen zu sein.
Gehalt/Sozialleistungen
Für die Region und im Vergleich zu anderen Unternehmen sehr gering. Das Gefälle zwischen Junior und mittleren Positionen zu Teamleitern und Vice-President scheinen sehr hoch zu sein.
Image
Ich hätte nie gedacht, dass hinter den Produkten ein Unternehmen steht, dass seine Mitarbeitenden so wenig Wert schätzt und so altmodisch und schlecht organisiert ist. Mich wundert es nicht mehr, dass es eine Insolvenz gab.
Intern wird nur schlecht über die Firma geredert. Alle scheinen unzufrieden sein.
Karriere/Weiterbildung
Menschen, die neugierig sind und sich gerne weiterbilden, werden hier als Belastung gesehen. Im Schiesser Campus gibt es so gut wie nichts. Lediglich einen Sportkurs, der von einer Kollegin organisiert wird. Das scheint auch das Konzept zu sein, dass Mitarbeitende Kurse anbieten. An sich ist das nicht schlecht, aber auch ein bissch einfach für ein Unternehmen, allen Input nur der Belegschaft zu überlassen.