talk2move als Fundraiser
Gut am Arbeitgeber finde ich
Sehr geil für die persönliche Weiterentwicklung für jeden mit Verstand und Reflexion. Man lernt neue Leute kennen und sieht Menschen mit anderen Augen, sich selbst eingenommen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Die Arbeit ist seeehr zahlenorientiert. Der eigentliche Zweck, Bewusstsein für die Orgas und die verbundenen Probleme zu schaffen, steht hinten an. Passanten werden immer mehr zur potentiellen "Beute". Und wer nicht genug Antilopen erlegt, der fliegt. Einkommensgeringe Schüler und Studenten mit eingeschlossen. Sie werden liebevoll als "Us" bezeichnet und gelten als leichte Ziele während die gewinnbringenden Erwachsenen und Opas "Üs/Doppel Üs" mehr Provision und Punkte bringen. Aber weil es ja einem guten Zweck dient, kann man das Menschliche für das Finanzielle hinten anstellen. ^^
Abgesehen davon ist der Laden sehr linksorientiert. Für Konservative gewöhnungsbedürftig und unter Umständen ein weiterer Stressfaktor.
Wenn du gewisse Qualitäten nicht mitbringst wird es eine harte Zeit werden. Wenn ihr euch in folgenden Eigenschaften nicht wiederfindet, würde ich es mir 3x überlegen:
-dickes Fell
-kein Problem mit Ablehnung/Kritik/Pöbelei
-hohes Selbstbewusstsein
-HOHE soziale Batterie (ihr seid 24/7 in Menschenmengen)
-Lernbereitschaft/Bodenständigkeit
-Interesse am Menschen und den Orgas
-Bereitschaft zur Aufdringlichkeit und emotionalen Manipulation
-gute Kommunikationsfähigkeiten
-keine Gewissensbisse dabei, den Menschen zum Zahlen du drängen
-Charisma, Charme, Aura, wie man "das gewisse etwas" auch immer beschreiben will. Ihr müsst halt einfach anziehend wirken
Ich glaube wäre ich noch länger geblieben, hätte mich das als sensible Person zeitnah in den Burnout getrieben.
Verbesserungsvorschläge
Mit der momentanen Philosophie ist es schwierig, neue Fundraiser im Unternehmen zu halten. Es herrscht wirklich immenser Druck. In meinem Team sind nach 3 Tagen 2/3 (inklusive mir) abgereist, die Dritte um ein Haar auch.
Arbeitsatmosphäre
Wahrscheinlich teamabhängig, aber solange die Leistung stimmt bleibt's bestimmt entspannt.
Kommunikation
Der Teamleiter übernimmt die Planung und teilt (im Idealfall) im Voraus mit, wie die gemeinsame Zeit strukturiert wird.
Feedback und Schulungen gibt es täglich. Dir wird das wichtige Wissen vermittelt und du wirst gegebenenfalls korrigiert und geformt.
Kollegenzusammenhalt
Man ist in einem Boot und pusht sich im Idealfall gegenseitig, so war es bei mir im Team jedenfalls. Um Fundraiser zu sein braucht es ein hohes Maß an Authentizität und die Leute hier habe ich bereits nach 3 Tagen ins Herz geschlossen.
Work-Life-Balance
"Neufundis" bzw. neue Gesichter werden gedrillt um sie so schnell wie möglich auf ein Level zu heben, auf dem sie dem Teamschnitt nicht zur Last fallen. Pausen offiziell 2h, in der Realität oft weniger. Und wenns nach dem Teamleiter geht am besten da nochmal weiter den Leitfaden lernen
Danach gibt es Abends noch Programm. Teambuilding, Einzelgespräche, Unternehmungen, Zeit für sich gibt es praktisch nicht. Arbeitstag selten unter 10h mit Schulungen und allem drum und dran.
Für die Zeit ist die Arbeit der Fokus, entlastender ist es nur für die erfahrenen Fundraiser. Der Rest muss mit dem Druck und der extremen Arbeitslast irgendwie klarkommen.
Vorgesetztenverhalten
Immer vom Teamleiter/Coach abhängig. Bei mir im Team hatte ich Glück, habe aber von einigen unschönen Erfahrungen berichtet bekommen.
Interessante Aufgaben
Passanten ansprechen und vom Spenden zu überzeugen ist eine Kunst für sich. Entweder man kann es, oder man kann es nicht. Und nur weil man es kann heißt das noch lange nicht, dass man es gut kann. Die Erfahrung ist aber sehr prägend. Die tägliche Ablehnung und Pöbelei legt einiges über unsere Gesellschaft offen und schult dich in deiner Kommunikationsfähigkeit und im Verstand.
Jedes Gespräch, jede Reaktion ist einzigartig und wird dir ein neues Bild vom Menschen erschaffen.
Gleichberechtigung
Sehr progressiver Laden. Wenn man nicht harmoniert liegt es nicht an Geschlecht oder Herkunft.
Umgang mit älteren Kollegen
Gibt's hier praktisch nicht, talk2move setzt auf junge Energie und Dynamik. Ich war mit 24 der Älteste und wurde stets mit Respekt und Anstand behandelt.
Arbeitsbedingungen
Du wirst mit einer Jacke, einem Ausweis, deinem iPad und einem nacktem Stand in die Wildbahn geschickt. Wir hatten keine Überdachung und bis zum dritten Tag nicht mal Infomaterial. Alles was man kann ist auf gute Wetterberichte hoffen, gearbeitet wird aber auch bei schlechten.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Viele stehen selbst im Widerspruch mit den Werten, die sie den Passanten über die Spendenaktion vermitteln wollen. Sicherlich besser als bei anderen Unternehmen, aber trotzdem nichts, was man hervorheben muss.
Während man zur finanziellen Unterstützung auffordert beteiligt man sich im Zweifelsfall selbst nicht, aber im Leitfaden kann man es ja trotzdem behaupten.
Gehalt/Sozialleistungen
Absolut leistungsbezogen. Je mehr Leute du schreibst desto mehr holst du raus.
Wenn nicht bleibt es beim Mindestlohn, aber lange machst du das dann eh nicht bis du rausgeworfen wirst. Wer sich hier etabliert und geeignet dafür ist verdient sich eine goldene Nase. Dafür muss aber ein hoher Leistungsstandard gegeben sein.
Image
Von den meisten Passanten wirst du mit Abscheu und rümpfender Nase begrüßt.
Karriere/Weiterbildung
Die Grundlagen sind gegeben um sich zu verbessern. Soweit ich sehe kann man sich auch definitiv zu höheren Positionen hocharbeiten. Coach, Teamleiter oder sowas.