i-sec: Ein Lehrstück in Unternehmensironie - Mit einem Hauch Management der 90er Jahre
Gut am Arbeitgeber finde ich
In den letzten zehn Jahren hat die i-sec eine bemerkenswerte Entwicklung erlebt. Die Möglichkeit für Mitarbeiter, sich in interessante Aufgaben zu vertiefen, die Ermutigung zur eigenständigen Entscheidungsfindung und die Unterstützung seitens des Managements haben zu einer hohen Motivation geführt. Kurze Entscheidungswege und ein starkes Vertrauen in die Führung haben eine flexible, mitarbeiterorientierte und kundenfokussierte Organisation sowie ein ausgezeichnetes Arbeitsklima geschaffen. Die Mitarbeiter haben von den spezifischen Vorteilen eines IT-Dienstleisters profitiert, wie z. B. Homeoffice, Firmenwagen, flexible Arbeitszeiten und interessante Veranstaltungen.
In Anbetracht der jüngsten Veränderungen im Unternehmen in den letzten drei Jahren - scheinen die zuvor genannten positiven Aspekte langsam der Vergangenheit anzugehören (z.B gibt es so gut wie keine Firmenwagen mehr für neue Mitarbeiter). Das Unternehmen strebt nun eine Assimilation in Konzernstrukturen an, wobei der Schwerpunkt auf Kosteneinsparungen liegt, anstatt auf Kundenorientierung, Qualität, Mitarbeiter und Geschäftsentwicklung.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Man wirft alles, was man braucht, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen - Marketing, Personal, IT - in zentrale Dienstleistungszentren (Shared Services), die am Ende nicht mehr liefern als ein leeres Versprechen. Und dann stellt man ein Sales Management ein, das alles zu können scheint, nur nicht verkaufen. Jede Kritik an der Vertriebsleitung wehrt das Management elegant ab und verweist auf die schlechte Marktsituation und die widerspenstigen i-sec Mitarbeiter. Wir haben seit langem in allen Bereichen zu wenig Aufträge und gute Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die von sich aus kündigen - und wenn der Vertrieb versagt, sollen es die operativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbaden. Gerade Beraterinnen und Berater sind für ihre magischen Verkaufskünste bekannt, mit denen sie mühelos neue Kunden generieren, um die Vertriebsprobleme zu lösen.
Das Unternehmen benötigt dringend einen erfahrenen Geschäftsführer aus der IT-Branche, der bereits Erfahrung in der Führung eines echten mittelständischen Unternehmens hat. Dieser sollte in Vollzeit ausschließlich für dieses Unternehmen verantwortlich sein. Darüber hinaus sollte er die Freiheit haben, die Integration in den Konzern nur dort voranzutreiben, wo es wirklich Sinn macht.
Verbesserungsvorschläge
Was müssen wir also verbessern? Vor allem den Vertrieb! Hier brauchen wir jemanden, der die operativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begeistern kann. Er muss das Vertrauen der Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zurückgewinnen und sie bei allen Vertriebsaktivitäten unterstützen, statt ihnen ständig Steine in den Weg zu legen. Vor allem aber brauchen wir eine Vertriebsleitung, die tatsächlich mehr Zeit mit unseren Kunden verbringt als mit ihren direkten Vorgesetzten... gefühlt um ihre eigene Position zu sichern.
Arbeitsatmosphäre
Die Arbeitsatmosphäre ist leider von Misstrauen gegenüber dem Management geprägt. Dies verwundert nicht, da sich oft von der Geschäftsleitung getroffene Aussagen im Nachhinein als falsch oder anderes gemeint herausstellen. Zudem zögert das Management nicht, den Mitarbeitern Unwahrheiten zu erzählen, wenn es dem eigenen Nutzen dient. Wenn man das Management darauf anspricht, erhält man entweder die Standardaussage "Davon wissen wir nichts" oder "Das habt ihr falsch verstanden, das war anders gemeint".
Kommunikation
Die Teamkommunikation erfolgt direkt und auf Augenhöhe, aber auf Managementebene wird es richtig skurril. Das ganze Jahr über hören wir, wie schlecht die Zahlen sind, nur um uns am Ende des Jahres im Abschlussmeeting eine blühende Landschaft zu malen, wissend, dass wir wahrscheinlich nicht einmal die schwarze Null erreichen werden. Das Beste daran ist jedoch, dass einzelne Mitarbeiter, die den Mut aufbringen, in einem offenen Rahmen das Verhalten zu kritisieren, entweder zurechtgewiesen oder ignoriert werden. Einfach großartig!
Kollegenzusammenhalt
Innerhalb der Teams funktioniert der Zusammenhalt ganz gut, aber aufgrund der hohen Mitarbeiterfluktuation wird es immer schwieriger. Sobald man sich an jemanden gewöhnt hat, legt dieser nur wenige Monate später seine Kündigung auf den Tisch. So lässt sich nur schwer ein Wir-Gefühl erzeugen.
Work-Life-Balance
Je nachdem, wen man fragt, ist die Arbeitsbelastung unterschiedlich. Die Herausforderung ist nicht nur die Erledigung der eigenen Aufgaben, sondern auch die Übernahme von Vertriebsaktivitäten und natürlich die Erledigung der Aufgaben der Kolleginnen und Kollegen, die das Unternehmen verlassen haben, weil entweder gar keine Neubesetzung oder eine Neubesetzung mit fachfremden Kolleginnen und Kollegen (Fachfremd - wegen der geringeren Lohnkosten) erfolgt ist, die den Aufgaben einfach nicht gewachsen sind.
Zudem schwebt ständig die Gefahr finanzieller Verluste über uns, was den allgemeinen Stresspegel erhöht. Der Druck von oben nach unten ist besonders spürbar und es fehlt an klaren Perspektiven und klarer Kommunikation über Unternehmensziele und -strategien. Dies trägt dazu bei, dass sich die Mitarbeitenden unsicher fühlen und dadurch nicht nur demotiviert sind, sondern auch keine Entscheidungen mehr treffen.
Vorgesetztenverhalten
Ach ja, Fachwissen im Management? Überschätzt! Unsere Vertriebsleitung setzt noch einen drauf und verfolgt die innovative Strategie, den Vertrieb quasi aus dem Vokabular zu streichen. Segmentmanager die lieber unter dem Radar bleiben geben den Ton an, solange sie nicht anecken und lassen die Mitarbeiter die Fehlentscheidungen des Managements ausbaden. Natürlich gibt es auch Lichtblicke im Management, aber sie sind die Ausnahme und können allein auch nicht das ganze Unternehmen verändern.
Interessante Aufgaben
Durch den Mangel an Aufträgen erhält man auch Aufgaben, die unter dem fachlichen Niveau des Mitarbeiters liegen. Anstatt gezielt Kunden zu akquirieren, kommen die Standardaussagen vom Management, dass man auch über den Tellerrand schauen müsse usw. Wenn spezialisierte Fachkräfte vorhanden sind, sollten entsprechende Projekte für diese Kollegen akquiriert werden. Vor allem, wenn diese Themen bei allen anderen Dienstleistern sehr erfolgreich sind.
Arbeitsbedingungen
Nun, im letzten Jahr (2023) haben sich die Arbeitsbedingungen in Bezug auf Büros und Ausstattung wie von Zauberhand verbessert. Plötzlich gibt es höhenverstellbare Schreibtische und Bürostühle ohne Löcher in den Polstern - ein wahres Wunder! Doch für die Kolleginnen und Kollegen im Home-Office bleibt die luxuriöse Büroausstattung offenbar ein Mythos, obwohl sie ihnen laut Betriebsvereinbarung zusteht...
Die Hardware ist so im Durchschnitt, mit schicken Lenovo Laptops und so, aber die zentrale IT konfiguriert sie so "schlecht", dass die versprochene Performance der Lenovogeräte eher eine Legende ist. Vielleicht hat das etwas mit dem Thema Zentrales Shared Service Center zu tun Minimaler Service für höchste Ansprüche. Die großzügig überlassenen iPhones sind natürlich eher Nostalgieobjekte aus der Vergangenheit als moderne Kommunikationsgeräte – im Schnitt gemütliche 6-4 Jahre alt.
Gehalt/Sozialleistungen
Beim Gehalt bewegen wir uns unter dem Branchenschnitt, was an sich nicht dramatisch wäre, wenn alle anderen Aspekte stimmen würden und zumindest der Versuch unternommen würde, sich dem Branchenschnitt anzunähern. Leider bleibt dieser Ansatz bisher aus. Was die Sozialleistungen angeht, präsentieren sich diese als die typischen Leistungen eines Großkonzerns, die sicherlich recht ordentlich sind.
Image
In der Bevölkerung genießt TÜV Rheinland einen hervorragenden Ruf. Bei Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern sieht das anders aus. Jüngstes Beispiel ist das Rainbowwashing. Die Cologne Pride ruft, und wir holen alle Regenbogenfahnen raus - Wir schwimmen auf der Welle der Ethik, solange die Rendite stimmt – denn am Ende zählt der Gewinn. Unser Einsatz für Vielfalt und Inklusion erstreckt sich bis zur Teilnahme am Cologne Pride, bevor wir uns dann entscheiden, im Nahen Osten, wo die Farbpalette traditionellen Sand- und Beigetönen gehalten ist, Geschäfte zu machen. Nur einen Wimpernschlag nach unserem fulminanten CSD-Auftritt setzt unser Unternehmen auf Wachstum - und zwar in Saudi-Arabien. Tja, das versteht man wohl unter Rainbow-Washing.
Karriere/Weiterbildung
Hier stellt sich die Frage, ob man überhaupt noch Karriere machen will, denn das würde bedeuten, noch enger mit unseren Managern zusammenarbeiten zu müssen. Der eine oder andere hat die Gunst der Stunde bereits genutzt und sich eine komfortable Position im Konzern gesichert oder ist gar zu einem anderen IT-Dienstleister gewechselt.