Schade um die Zeit
Verbesserungsvorschläge
Wo soll ich da anfangen?
Arbeitsatmosphäre
Ich hatte das Glück, bei einem sehr lieben Kollegen im Büro zu sitzen. Er war sehr nett und hilfsbereit, wir hatten immer Spaß und interessante Gespräche im Büro.
Kommunikation
In der zweiten Woche nach der Schulung durfte ich mir bereits den Satz "wir müssen endlich ins Tun Kommen" anhören. wieder zwei Wochen später wurde bereits ein Gespräch mit dem Verkaufsleiter und Verkaufsdirektor angesetzt, um "über meine aktuelle Situation" zu sprechen.
Auch darüber hinaus gibt es mit den Vorgesetzten keinerlei Kommunikation außer " Wie viele Termine hast du, wie viele Verträge hast du, wieviel Umsatz hast du?"
Kollegenzusammenhalt
Das wirklich einzig gute bei uns waren die Kollegen, die alle sehr nett und hilfsbereit waren. Man konnte sich jederzeit mit Fragen an sie wenden und auch darüber hinaus war der Zusammenhalt unter den Kollegen als wirklich gut zu bezeichnen.
Work-Life-Balance
In meinem letzten Gespräch mit meinem Vorgesetzten musste ich mir den Spruch anhören "Als Vertriebler ist man eigentlich immer bis 20 Uhr im Einsatz"
Ich kann mir gut vorstellen, dass altgediente Kollegen durchaus ein Work-Life-Balance haben. Als Neuling hat man aber sehr viel Work und kaum ein Life, zumal man auch bei weiten nicht genug verdient, um ein artgerechtes Life zu haben.
Vorgesetztenverhalten
Schade um den einen Stern, den ich mindestens vergeben muss.
Es wurde schon beim Vorstellungsgespräch gelogen, bis sich die Balken biegen. was wurde da nicht einem alles vorgeschwärmt und schön geredet. Bereits wenige Wochen später konnte und wollte sich keiner mehr dran erinnern.
Mein Verkaufsleiter hatte weder Anstand, noch ein Gewissen. Für ihn zählte nur Verträge, sonst gar nichts. Hast du Verträge gemacht, warst du sein Freund, hast du keine gemacht, wurdest du niedergemacht. Ich habe es selbst bei einem Teamgespräch erlebt, wie er seinem besten Vertriebler der letzten Jahre einen heftigen Spruch drückte, als dieser davon sprach, dass die letzten Wochen das Geschäft schlecht gelaufen ist.
Als ich ihm von einem Kunden erzählt habe, der durch die Flut sehr schwer getroffen war und sich einfach keinen Bausparvertrag leisten konnte, sagte er mir mit einem hämischen Grinsen "und da fängt das Verkaufen erst an".
Dass dieser Mensch morgens noch in den Spiegel gucken kann, ist für mich ein Wunder.
Interessante Aufgaben
Ich kann mir interessantere Aufgaben vorstellen, als jeden Tag 3-4 Termine bei Kunden zu machen, die meist über 65 Jahre alt sind und zu versuchen, Ihnen Bausparverträge anzudrehen. Zumal die meisten schon mindestens einen, oft sogar mehrere Verträge schon hatten. Macht ja nichts, ein guter Verkäufer schafft es eben, einen dritten oder vierten Vertrag an den Mann zu bringen...
Gleichberechtigung
Solange man mindestens 8-10 Verträge im Monat schreibt, ist man sowas von gleichberechtigt
Umgang mit älteren Kollegen
Dafür war ich zu kurz da, um das beurteilen zu können. Allerdings hatte ich nicht das Gefühl, dass das Alter der Kollegen beim Umgang eine Rolle spielte.
Arbeitsbedingungen
Auch hier ist ein Stern schon einer zu viel. Man bekommt einen gebrauchten, 6 Jahre alten Laptop, einen Kopfhörer und am wichtigsten natürlich ein U-Pad zur Verfügung gestellt. Drucker? Kaufen oder von der Firma mieten. Bildschirme? Kaufen oder mieten. Werbegeschenke? von der Firma kaufen. Visitenkarten? ab der zweiten Bestellung kaufen. Kundenmappen? Kaufen. Selbst das verdammte Kleingedruckte, was man bei jedem Vertrag dem Kunden geben muss, muss man kaufen. Marketing? Muss man selbst bezahlen. Leads? muss man der Firma abkaufen. Einen gottverdammten Sitzplatz im Büro? Muss man Miete für bezahlen...
Das alles wird damit begründet, dass man ja schließlich selbstständig ist. Aber wenn es darum geht, jede Woche dreimal Bericht zu erstatten, was man wo wann weshalb gemacht hat, wird man wie ein Angestellter mit einem sechsstelligen Gehalt behandelt, der sein üppiges Gehalt zu rechtfertigen hat.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Umwelt kann ich nichts zu sagen, aber ein Sozialbewusstsein ist zumindest bei den Führungskräften nicht vorhanden.
Gehalt/Sozialleistungen
Man bekommt einen sogenannten Investitionszuschuss, von dem niemand leben kann. Darüber hinaus bekommt man einen Vorschuss auf zukünftige Umsätze, womit man die neuen dann auch schon fest im Griff hat. Denn bereits nach dem ersten Monat, wo man nur Schulungen hat, schuldet man der Firma eine vierstellige Summe.
Image
Die häufigste Reaktion auf meine neue Stelle war "um Gottes Willen, was tust du dir da an?"
Karriere/Weiterbildung
Das System gehört eigentlich verboten, denn es ist nichts weiter als ausbeuterische Scheinselbstständigkeit. Bei kleinen Firmen hat man ähnliche Modelle als Schnellballsystem bezeichnet und es verboten. Bei den großen bezeichnet man es als Strukturvertrieb und lässt sie gewähren.
Lustigerweise wurde uns bereits in der ersten Woche der Schulung gesagt, wir sollten in absehbarer Zeit unsere Lebenspartner bei uns einstellen, damit wir nicht in Verdacht geraten, scheinselbstständig zu sein. Ein Wink mit dem dem berühmten Zaunpfahl? Kann jeder selbst darüber urteilen.
Um konkreter zu werden, man unterschreibt einen Auschließlichkeitsvertrag. Das bedeutet, man darf nichts anderes mehr neben der Tätigkeit bei Wüstenrot machen. Man hat knallharte Vorgaben, alles wird rund um die Uhr getriggert, aber die Kosten und das Risiko der Selbstständigkeit trägt man ganz allein.