Fehlende Transparenz und Stillstand
Arbeitsatmosphäre
Die Arbeitsatmosphäre fand ich in meinem Bereich nicht besonders gut, da Anerkennung und Lob vom Vorgesetzten selten kamen. Darüber hinaus trägt das Unternehmen nicht dazu bei, ein von Vertrauen geprägtes Betriebsklima zu schaffen. Besonders problematisch ist, dass die Firma, wie praktisch jedes Start-up, stark von Investorengeldern abhängig ist, aber den Mitarbeitern in kritischen Phasen nahezu keine Informationen zur finanziellen Lage bereitstellt. Transparenz über die wirtschaftliche Situation und ausbleibende Umsätze wäre essenziell, um Vertrauen und Planungssicherheit zu schaffen. In der letzten Zeit ist die Atmosphäre aufgrund der allgemeinen Unzufriedenheit zunehmend schlechter geworden.
Kommunikation
Obwohl „Communikation is key“ das Unternehmensmotto ist, wird dieses in der Praxis selten gelebt. Es gibt verschiedene Teams in den Arbeitsbereichen, doch Informationen werden oft nicht vollständig oder überhaupt nicht weitergegeben. Besonders die Kommunikation zwischen IT und Sales empfand ich seit Jahren problematisch: Die IT gibt durch Druck unrealistische Zeitpläne heraus, auf die sich das Sales-Team verlässt, was dann zu falschen Erwartungen bei potenziellen Kunden und den Investoren führt. Erfolge, die ohnehin selten sind, werden künstlich groß gefeiert, beispielsweise in All-Company-Meetings und mit einer Trophäe als bester Mitarbeiter gewürdigt. Diese Anerkennung wird von vielen Mitarbeitern inzwischen mit fehlender Ernsthaftigkeit entgegengenommen.
Kollegenzusammenhalt
Der Kollegenzusammenhalt war in den ersten Jahren wirklich stark, und das Team arbeitete motiviert auf die Vision des Unternehmens hin. Es gab viele Events, auf die sich die Kollegen wirklich gefreut haben, und zahlreiche Freundschaften. Doch durch verschiedene Vorfälle ist dieser Zusammenhalt nahezu verschwunden. Qualitativ hochwertige und sympathische Mitarbeiter verließen das Unternehmen und wurden durch Kollegen ersetzt, die sich meiner Ansicht nach weniger mit der Unternehmensidee identifizieren und eher eigennützig handeln. Diese Entwicklung hat zu einer sinkenden Motivation geführt, was sich für mich auch in der Leistung der Kollegen im Homeoffice zeigt.
Work-Life-Balance
Die Work-Life-Balance ist grundsätzlich in Ordnung, und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, wird als Vorteil angeboten – besonders angesichts als Ausgleich zu den eher geringen Gehältern. Viele Mitarbeiter arbeiten remote und kommen gelegentlich zu Team-Events nach Jena. Die Arbeitszeitgestaltung ist flexibel, allerdings führen die herausfordernden Zeiten dazu, dass viele Kollegen Überstunden anhäufen. Dennoch wird ihnen die Freiheit gelassen, ihre Zeit nach eigenen Vorstellungen einzuteilen.
Vorgesetztenverhalten
Das Verhalten meines direkten Vorgesetzten war ein wesentlicher Grund, warum viele Kollegen das Unternehmen verließen. Er zeichnete sich durch einen narzisstischen Führungsstil aus und setzte stets seinen Willen durch, oft zum Nachteil des gesamten Unternehmens. Trotz offensichtlicher Probleme bezüglich der Funktionalität des Produkts wurden wir angewiesen, es zu präsentieren, was das Unternehmensimage weiter beschädigte und man sich bei vielen potenziellen Kunden schon einen schlechten Ruf erarbeitet hat. Entscheidungen waren oft nicht nachvollziehbar, wie zum Beispiel die Einstellung von Sales-Mitarbeitern ohne Affinität zum Fußball oder ohne Deutschkenntnisse, die daraufhin das Produkt im Ausland vermarkten sollten obwohl das Produkt für den anvisierten Markt überhaupt nicht die Bedingungen erfüllte.
Interessante Aufgaben
Rückblickend gab es viele Aufgaben, die unnötig erschienen und es auch waren. Obwohl dies wiederholt angesprochen wurde, änderte sich wenig. Dennoch wurde Raum für Eigeninitiative gegeben, um Projekte zu entwickeln, die dem Unternehmen helfen und es voranbringen könnten. Das ist ein positiver Aspekt eines Start-ups, da Strukturen erst geschaffen werden müssen und man dadurch einen großen Einflussbereich genießt.
Gleichberechtigung
In dem Unternehmen arbeiten schon immer relativ gesehen wenige Frauen. Ich denke das lässt sich vor allem auf den großen IT-Bereich und den Schwerpunkt Fußball zurückzuführen. Auf Gleichberechtigung wird aber geachtet, somit gibt es zwischen den Geschlechtern keine Unterschiede.
Umgang mit älteren Kollegen
Am Anfang bestand das Team nahezu nur aus jungen Absolventen. Nach und nach wurden ältere Kollegen mit scheinbar mehr Erfahrung und Know-How eingestellt, hierbei mit unterschiedlichem Erfolg. Arbeitsverhältnisse wurden teilweise aufgrund privater Probleme oder anderen Erwartungshaltungen schnell beendet, oder Kollegen schienen eher an ihrem eigenen Vorteil interessiert zu sein, ohne mit Leidenschaft das Unternehmen wirklich weiterzubringen zu wollen. Langjährige Mitarbeiter werden nicht immer entsprechend gewürdigt. Je nachdem, wie das Arbeitsverhältnis endete, gab es für einige nicht einmal ein Dankeschön für ihre jahrelangen Leistungen. Mit jeder Kündigung verlor die Firma weiter sein Start-up Spirit und die generelle Identifikation.
Arbeitsbedingungen
Die physischen Arbeitsbedingungen waren insgesamt wirklich gut. Nach dem Umzug in ein neues, zentral in Jena gelegenes Büro hatten wir moderne Arbeitsplätze, an denen jeder Tisch mit einem Monitor ausgestattet war. Es gab viel Dekoration, die für eine angenehme Atmosphäre sorgte, sowie einen Freizeitraum und eine Küche, in der man sich selbst versorgen konnte.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Zu diesem Punkt kann ich wenig sagen, da das Thema im Unternehmen kaum präsent ist. Ein Teil der Produkte wird, wie in vielen Unternehmen, in Asien kostengünstig produziert, was sich auch in der Qualität widerspiegelt. Abgesehen davon scheint Umwelt- und Sozialbewusstsein keinen großen Einfluss im Unternehmen zu haben.
Gehalt/Sozialleistungen
Nach der ersten Finanzierungsrunde waren die Gehälter zu den Gegebenheiten akzeptabel. Allerdings herrschte Unverständnis unter den Kollegen, da sich die Geschäftsführer, insbesondere im Vergleich zu den Mitarbeitern, zu hohe Gehälter auszahlen ließen – selbst in Phasen, in denen das Unternehmen finanziell stark unter Druck stand. Auch Mitarbeiter, die über lange Zeit sehr gute Arbeit leisten, wurden nicht entsprechend besser entlohnt. Es gab von den Geschäftsführern nie die Initiative, auf die Mitarbeiter zuzugehen und ihnen eine Gehaltsanpassung zu erfüllen. Da ich um die schwierige finanzielle Lage wusste, forderte ich auch kein höheres Gehalt ein aber weiß auch, dass man auf Nachfrage eh immer vertröstet wurde. Positiv ist, dass die Gehälter immer pünktlich gezahlt wurden, und es gab ein Weihnachtsgeld, auch wenn die Auszahlung schon zweimal verschoben wurde – aber letztendlich immer nach der nächsten Finanzierungsrunde erfolgte.
Image
Das Image des Unternehmens ist ein großes Problem. Auf Social-Media-Kanälen wie Instagram oder LinkedIn wird so getan, als wäre das Produkt schon lange marktreif und man hätte zahlreiche Kunden gewonnen. In Wahrheit dreht sich das Unternehmen seit zwei Jahren im Kreis. Es werden praktisch immer die gleichen Posts veröffentlicht, die die Vorzüge des Produkts hervorheben und auf Demos mit Vereinen verweisen. Allerdings verliefen viele dieser Demos nicht zufriedenstellend, und das Interesse von Vereinen ist gering. Diese Probleme werden auch den Investoren verschwiegen. Intern hat sich das Image seit letztem Sommer stark verschlechtert. Damals war die Stimmung noch gut, doch seither haben viele Mitarbeiter begonnen, schlecht über das Unternehmen zu reden, was zu einer hohen Fluktuation führte. Viele aktuelle Mitarbeiter denken zudem über eine Kündigung nach, aber aus Bequemlichkeit bleiben sie. Das externe Image des Unternehmens steht in starkem Widerspruch zur internen Realität.
Karriere/Weiterbildung
Karrierechancen gibt es in diesem Unternehmen kaum. Das wäre anders, wenn Fortschritte erzielt würden, doch das Unternehmen tritt seit Langem auf der Stelle. Entsprechend gibt es keine Entwicklungsmöglichkeiten, weder in Form von Gehaltserhöhungen noch durch veränderte oder anspruchsvollere Aufgaben. Auch Weiterbildungsangebote existieren nicht, was die Motivation der Mitarbeiter, sich weiterzuentwickeln oder in der Karriere aufzusteigen, stark beeinträchtigt.