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2025

Tolle Kollegen, aber leider keine Karrieremöglichkeiten

3,3
Nicht empfohlen
Ex-Angestellte/r oder Arbeiter/inHat bis 2023 im Bereich IT bei R+V Lebensversicherung in Wiesbaden gearbeitet.

Gut am Arbeitgeber finde ich

- meine Ex-Kollegen
- das Essen in der Kantine
- das Homeoffice-Modell (1-2 Tage vor Ort, 3-4 Tage zu Hause)
- die 38-h-Woche
- Gleitzeit
- Sozialleistungen (bAV, vermögenswirksame Leistungen, Deutschlandticket)
- Teamevents (Hausfest, Gruppenevent, Abteilungsklausur, Bereichstagung)

Schlecht am Arbeitgeber finde ich

- Karriereoptionen (Startgehalt, Aufstiegsmöglichkeiten)
- Kommunikation von Unternehmens-/Vorgesetztenseite
- hierarchisches/autoritäres Denken auf Vorgesetztenseite
- Einarbeitung (keine Ansprechperson, kaum Aufgaben, minimale Vorbereitung auf Vorgesetztenseite; man wird allein gelassen)

Verbesserungsvorschläge

- persönliche Einarbeitungs- und Entwicklungspläne für jeden Mitarbeiter auf Initiative des Arbeitgebers
- Ansprechen der Karriereentwicklung durch Vorgesetzte in Meilenstein- und Jahresgesprächen
- Anerkennung der Vorbereitung auf DAV-Prüfungen als Arbeitszeit (pauschal mind. 2 Tage pro Prüfung)
- Erhöhung des Startgehalts auf branchenübliche 60 K für Masterabsolventen ohne Berufserfahrung (bei Berufserfahrung/Promotion analog auch höher)
- Abschaffen des Assessment Centers für die Beförderung zum Senior Aktuar (alle Fähigkeiten für diese Stelle sollten in der DAV-Ausbildung abgedeckt sein)
- Gehaltserhöhungen stärker von Beförderungen entkoppeln (d. h. häufiger das Gehalt erhöhen, ohne zu befördern)
- im Bewerbungsgespräch offen und realistisch über Karriereoptionen im Aktuariat reden, um Erwartungsmanagement zu betreiben

Arbeitsatmosphäre

Alle Aussagen, die ich hier treffe, beziehen sich auf das Aktuariat Personen, bei einem so großen Unternehmen wie der R+V kann das in anderen Bereichen natürlich komplett anders aussehen. So, wie ich das einschätze, wird die Arbeitsatmosphäre von den meisten meiner Ex-Kollegen als relativ entspannt, stressarm und mitarbeiterfreundlich empfunden. Viele gehen gerne zur Arbeit, freuen sich (an den 1-2 Tagen pro Woche, an denen sie vor Ort sind) auf die häufigen, mittlerweile kostenlosen Kaffeerunden mit den Bekannten, genießen das Kantinenessen und die Möglichkeit, sich ihre 38-h-Gleitzeit-Woche so auf die einzelnen Tage (abseits von festgelegten Terminen) zu verteilen, wie es am besten zu ihrem Privatleben passt. Der Umgang ist nett bis herzlich, man duzt sich durchgängig, es gibt keinen Dresscode und manche sind seit Jahren oder Jahrzehnten sogar befreundet. Leider gilt das aufgrund von Fehlplanungen im Management und ineffizienten Prozessen nicht für alle Sachgebiete. Bestimmte Sachgebiete sind chronisch personell unterbesetzt, weshalb diese Kollegen auf einem riesigen Überstundenberg sitzen, der sich nicht abbauen lässt, und im Prinzip verbrannt werden, daher nur 3 Sterne.

Kommunikation

Hier besteht definitiv Optimierungsbedarf. Es gibt viele Meetings, in denen überhaupt keine relevante Kommunikation stattfindet ("Zu Thema X gibt es nichts zu sagen, das wird dann eigentlich erst in Meeting Y geklärt") oder die vermittelten Informationen absehbar nur für einen winzigen Bruchteil der Anwesenden interessant sind und der Rest getrost nebenbei Mails checken kann. Zudem sind die Redeanteile oft sehr ungleich verteilt, in der Regel sendet ausschließlich der Gruppen- oder Abteilungsleiter, Austausch- und Diskussionsformate finden zu selten statt. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass viele Kollegen sich nur sehr widerwillig an solchen Formaten beteiligen, weshalb alles so bleibt, wie es ist. Regelmäßiges Feedback nach festen Regeln findet nicht statt, schon gar nicht in Richtung Führungskräfte. Wirklich relevante Informationen (z. B. zu einem Projekt, an dem man plötzlich teilnehmen soll) werden von der Führungsebene gerne so lange wie möglich geheim gehalten, was bedeutet, dass man als Mitarbeiter häufig vor vollendete Tatsachen gestellt wird, anstatt dass man frühzeitig eingebunden wird.

Kollegenzusammenhalt

Wie unter Arbeitsatmosphäre erwähnt, ziemlich gut, die Kollegen sind tatsächlich der Punkt, der mir insgesamt bei der R+V am besten gefallen hat. Trotzdem geht die Solidarität nicht so weit, dass Kollegen, die bei der Arbeitslast aufgrund des Sachgebiets das kürzere Streichholz gezogen haben, dauerhaft unterstützt werden. Auch kann man nicht erwarten, dass Kollegen einander gegenüber dem Vorgesetzten bei Konflikten verteidigen. Zudem gibt es bei der Aufteilung von Aufgaben durchaus eine Silo-Mentalität, d. h. Aufgaben werden gerne mit dem Verweis auf die nähere Zuständigkeit einer anderen Gruppe/Abteilung abgewiesen.

Work-Life-Balance

38-h-Woche, Gleitzeit, 3-4 Tage Homeoffice pro Woche, 30 Tage Urlaub - hier ist die R+V wirklich vorne mit dabei als Arbeitgeber. Abzüge gibt es wegen der massiv überlasteten Kollegen in einigen Sachgebieten und der jährlich auftretenden Überstunden rund um bestimmte Fristen. Dass die Überstunden dort von Jahr zu Jahr gleich bleiben oder sogar zunehmen, lässt sich nur mit schlechter Planung erklären und der mangelnden Bereitschaft, bestehende Prozesse zu hinterfragen sowie zu verbessern.

Vorgesetztenverhalten

Ein großes Manko im Aktuariat, da hier leider zu oft nach dem Peter-Prinzip befördert wird, d. h. man wird wegen Fähigkeiten (in diesem Fall aktuarielle Fachkenntnisse) befördert, die für die höhere Position nicht mehr entscheidend sind. Das Ergebnis sind Gruppen- und Abteilungsleiter, die sich gerne in Fachdiskussionen und Detailplanungen einmischen, in denen sie tendenziell eher stören, und denen dann keine Zeit mehr bleibt, um sich um die Weiterentwicklung und Förderung ihrer Mitarbeiter zu kümmern, geschweige denn um ihr Wohlbefinden. In der Regel bekommen sie erst dann mit, was ihre Mitarbeiter wollen und brauchen, wenn es mal knallt, vorher ist der Fokus auf abzuarbeitende Aufgaben und Fristen zu stark. Die Führungskräfte tun das alles nicht in böser Absicht, aber Personalverantwortung ist für sie in ihrer Tätigkeit eher lästiges Beiwerk, effektives Führen und Kommunizieren sowie Konfliktmanagement haben sie in der Regel nicht gelernt. Trotz aktueller Bemühungen der Unternehmensspitze um einen Kulturwandel ist das Auftreten der Führungskräfte in Vier-Augen-Gesprächen außerdem immer noch autoritär geprägt, hier findet oft eine Einschüchterung des Mitarbeiters statt.

Interessante Aufgaben

Geschmackssache. Obwohl Aktuariat Versicherungsmathematik bedeutet, werden mathematische Kenntnisse im Arbeitsalltag kaum benötigt. Im Wesentlichen werden Excel-Dateien erstellt, befüllt, aktualisiert, ausgewertet und interpretiert, dazwischen noch einige Rechnungen in Prophet abgeschickt und deren Ergebnisse in weitere Excel-Dateien eingelesen. Wird wirklich einmal in Prophet (oder SAS oder Excel-VBA etc.) programmiert, kann die Arbeit aber durchaus kreativ sein, dies kommt allerdings verhältnismäßig selten vor. Wer also Excel liebt, kommt voll auf seine Kosten, da ich selbst dem Programm eher neutral gegenüberstehe, sind es 3 von 5 Punkten.

Gleichberechtigung

Hier gibt es einen Abzug wegen der DAV-Ausbildung, die für eine Beförderung zum Senior Aktuar (Fachkarriere) mehr oder weniger offen vorausgesetzt wird und auch bei den Führungskräften im Aktuariat Standard ist. Diese Ausbildung setzt intensives Selbststudium außerhalb der Arbeitszeit voraus, da die angebotenen Seminare nicht geeignet sind, umfänglich auf die Prüfungen vorzubereiten. Das Ganze ist schlimm genug, dass DAV-Auszubildende ihren gesetzlichen Urlaub aufbrauchen müssen, nur um für die Prüfungen lernen zu können. Dementsprechend ist die DAV-Ausbildung und die damit einhergehende Karriere für Eltern junger Kinder nicht durchführbar, wenn sie in Vollzeit arbeiten, was sie in der Regel tun müssen, da die Gehälter nicht so hoch sind, dass man auch in Teilzeit gut über die Runden kommt. Dies spiegelt sich insbesondere in meiner ehemaligen Gruppe wider: Die erfahrenen Kollegen ohne Kinder konnten ihre DAV-Ausbildung abschließen und sind Senior Aktuare, die erfahrenen Kollegen mit Kindern sind auch nach 10 Jahren Tätigkeit im Aktuariat immer noch normale Aktuare, wie zum Zeitpunkt ihrer Einstellung.

Umgang mit älteren Kollegen

Ältere Kollegen haben es im Aktuariat sehr angenehm. Das liegt daran, dass diese älteren Kollegen für ihr erhebliches Fachwissen geschätzt werden und dementsprechend stark in ihre jeweiligen Gruppen integriert sind. Gepaart mit dem in vielen Sachgebieten überschaubaren Stress kann man sich im Aktuariat gut auf die Rente einstimmen.

Arbeitsbedingungen

Mehr und häufigere Technikprobleme, als ich bei einem so großen Unternehmen vermutet hätte (Anmeldeprobleme am PC, flackernde Bildschirme, Verbindungsprobleme mit virtuellen Rechnern, Überlastung von Excel-Sheets weil nur 32-Bit etc.), und eine gesperrte Chatfunktion auf MS Teams sind spürbare Probleme im Arbeitsalltag, ebenso die Lautstärke im Büro vor Ort, da es Teil des Bürokonzepts ist, so viele Türen wie möglich offen zu halten. Insgesamt ist das Equipment fürs Büro/Homeoffice aber akzeptabel und die einzelnen Büros auch nur von jeweils 2 Personen besetzt, ein echtes Großraumbüro ist also nicht zu befürchten. Durch die Homeoffice-Regelung selbst sowie die Gleitzeit kann das Aktuariat außerdem punkten. Kaffeetrinker profitieren vom Gratiskaffee.

Umwelt-/Sozialbewusstsein

Die Arbeit im Aktuariat ist (fast) komplett papierlos, das Deutschlandticket wird durch Rabatt unterstützt und Fahrräder können geliehen werden. Einen Punkt Abzug gibt es, weil die Dienstfahrzeugflotte noch nicht komplett auf E-Autos umgestellt wurde.

Gehalt/Sozialleistungen

Die Sozialleistungen (betriebliche Altersvorsorge mit hohem Arbeitgeberanteil, vermögenswirksame Leistungen in voller Höher, Deutschlandticketrabatt, Fitnessstudiorabatt etc.) sind top, absolute Zufriedenheit. Das Gehalt im Aktuariat ist verglichen mit anderen Versicherungen leicht unterdurchschnittlich (durchschnittlich 60 K für Neueinsteiger Aktuariat nach Master ohne Berufserfahrung, bei R+V niedriger), verglichen mit Unternehmensberatungen/IT-Firmen, in denen Mathematiker/Physiker/Informatiker auch gerne gesehen werden, noch etwas schlechter. Das Hauptproblem ist jedoch, dass das Gehalt zu langsam ansteigt, außertarifliche, d. h. individuelle Gehaltserhöhungen sind, ob mit oder ohne einhergehende Beförderung, eine Ausnahme und finden, falls überhaupt, nur im Abstand vieler Berufsjahre statt. Fazit: Ist man mit dem Startgehalt so zufrieden, dass es auch die nächsten 5-10 Jahre nicht mehr sein muss, kann man problemlos im Aktuariat anfangen. Macht man die DAV-Ausbildung, kann man auch nach 3 Jahren ein höheres Gehalt erwarten, allerdings nur beim Wechsel zu einer anderen Versicherung. Möchte man eine kontinuierliche Gehaltssteigerung, ist das Aktuariat keine gute Adresse.

Image

Als Dienstleister: nicht besser oder schlechter als andere Versicherungen - also irgendwie okay, aber definitiv angestaubt und spießig. Als Arbeitgeber: intern und im Raum Rhein-Main ziemlich gut, auch an den örtlichen Universitäten. Für Mathematiker in Mainz/Frankfurt/Darmstadt ist das Aktuariat der R+V gedanklich sehr präsent und oft einer der ersten Kandidaten für den Berufseinstieg.

Karriere/Weiterbildung

Wie unter Gehalt angesprochen, sind die Karriereoptionen bei der R+V schlecht. Offiziell gibt es einige Förder- und Nachwuchsprogramme, um ehrgeizigen Kollegen den Aufstieg in der Führungs- und Fachkarriere zu ermöglichen, de facto werden einem im Aktuariat aber sehr viele Steine in den Weg gelegt. Es findet keine systematische Potentialanalyse der Mitarbeitenden statt, es gibt in der Regel keinen persönlichen Entwicklungsplan und Vorgesetzte reagieren überrascht bis schockiert, wenn man äußert, Karriere machen zu wollen. Dieselben Vorgesetzten sind nicht in der Lage, spezifische Kriterien für eine Gehaltserhöhung oder Beförderung zu definieren, und können oder wollen ihren Mitarbeitern auch keine realistischen Zeitspannen zwischen verschiedenen Beförderungs-/Gehaltsschritten nennen. Die DAV-Ausbildung gilt semi-offiziell als notwendiges, aber nicht hinreichendes Kriterium für sowohl Fach- als auch Führungskarriere im Aktuariat, d. h. nach mind. 3 Jahren Ausbildung erhöht sich das eigene Gehalt um keinen einzigen Cent, aber das Aktuariat bekommt einen deutlich höher qualifizierten Mitarbeiter. Und sollte doch eine Beförderung anstehen, wartet immer das Assessment Center.

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